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in mir und möchte ihm da freien Lauf lassen.
In meinem Projekt „Jedermann Reloaded“ su-
che ich jedes Mal aufs Neue dieses wilde Tier
in mir. Diese Performance hat es bis in den
Stephansdom und ins Burgtheater geschafft.
Ich interpretiere das alte Stück „Jedermann“
ganz auf meine Art und Weise. Mir liegt da
etwas besonders am Herzen und das will ich
dann verkörpern. Wenn man also seine eigene
Begeisterung rauslässt, dann zieht es andere in
den Bann. Und ich kann über mich sagen: Ich
will Geschichten erzählen, die was mit mir zu
tun haben, und damit die Zuhörer und Zuse-
her in den Bann ziehen.
Und wenn Sie selbst im
Publikum sitzen, wann zieht
Sie jemand in den Bann?
Hochmair_Mich ziehen Menschen in ihren
Bann, die eine Sache lieben, die sich für etwas
begeistern, die voll hinter einer Sache stehen.
Meine Aufmerksamkeit bekommen sie dann,
wenn sie mir etwas zeigen, das ich nicht kenne
und das mich ... irritiert.
Irritiert?
Hochmair_Ja, Irritation ist, glaube ich, ein
wichtiges Stichwort. Das versuche ich auch
permanent. Wenn ich „Jedermann“ mit mei-
ner Rockband inszeniere und alleine alle Rol-
len spiele, das ist sicher für viele erstmal nur
irritierend. Und dann kann man in diese Irri-
tation hinein die Geschichte vom Jedermann
ganz neu erzählen. Langweilend finde ich hin-
gegen, wenn Auftritte zu vorhersehbar sind.
Wenn alles richtig gemacht wird und den
Erwartungen entspricht. Das wilde Tier pfeift
doch auf die Erwartungen der Zoobesucher,
und darum schauen wir es vielleicht gerne an.
Was raten Sie einem Start-up-Gründer,
der auf der Bühne seine Idee
präsentieren soll, wenn er Sie
als Bühnenprofi fragt?
Hochmair_Dass er seine persönliche Ver-
bindung zu der Idee ganz pur und ehrlich
erzählen soll. Ich glaube, nur das ist wirklich
interessant. Nur darüber kann man Leute „be-
geistern“.
Was war in Ihrer bisherigen
Karriere das Extremste, wozu
Sie sich überwinden mussten?
Hochmair_Am Theater Pause zu machen,
um zum Film zu gehen. Das war eine radika-
le, bewusste Entscheidung, die hart war, aber
wichtig! Sonst wäre das alles wahrscheinlich
nicht passiert. Ich war am Burgtheater er-
folgreich und es gab eigentlich keinen Grund
wegzugehen. Aber dann hätte sich meine Welt
nicht erweitert. Dann gäbe es jetzt zum Bei-
spiel keine „Vorstadtweiber“ und keinen „Je-
dermann Reloaded“.
Die Angst vorm Scheitern.
Kennen Sie die?
Hochmair_Ja, sicher. Die ist ja der Grund-
motor.
Die Angst ist der Grundmotor.
Ehrlich jetzt?
Hochmair_Ja klar, ich denke immer, dass
alles schieflaufen könnte. Aber nicht negativ.
Wenn eine Aufführung im Stephansdom an-
gesetzt wird, denk ich mir, die wird eh nicht
klappen. Und bin dann richtig überrascht,
dass sie klappt. Wenn ich zum Casting gehe,
erwarte ich mir nicht, dass ich die Rolle be-
komme. Im Gegenteil … und freu mich,
wenn’s dann klappt. Das ist vielleicht die Er-
fahrung der letzten 25 Jahre. Man muss schon
viel Kraft investieren und etwas wollen, aber
Verbissenheit bringt einen nicht weiter.
Und was machen Sie mit der
Angst vor einem großen Auftritt?
Hochmair_Ein Bühnenauftritt ist wie spon-
tan kochen. Du weißt, da kommen um 20
Uhr die Gäste und du musst aus dem, was da
ist, etwas machen. Da ist man nicht entspannt.
Man ist wach und will, dass alle gutes Essen
bekommen. Also klar ist da Stress und Angst
dabei. Das braucht man, damit man die nöti-
ge Spannung bekommt. Ich erinnere mich an
die Jedermann-Aufführung in Salzburg. Ich
sitze auf der Bühne und warte, was passiert.
Da sind 3.000 Leute. Ich weiß nur, dass ich
diesen alten Text kann, weil ich ihn fünf Jahre
lang mit meiner Band performed habe, aber
wo’s hingehen soll an diesem Abend ... das
weiß ich nicht. Und genau dann muss man
sich fallenlassen.
#Hubert Wolf
„Amüsier dich,
dann wird’s gut!“
Nein, wir haben nicht das Gefühl, wir befin-
den uns in einem Möbelhaus, als er herein-
spaziert. Aber ja, man kennt ihn dennoch
vor allem aus der Werbung (Papa Putz). Bis
man ihn auf der Bühne erlebt hat – bei sei-
nen Kabaretts oder bei den Sommerfestspie-
len Tillysburg („Da Jesus und seine Hawara“
und „Olympia“). Dann wird schnell klar: Der
Mann kann mehr als für Möbel begeistern. Er
kann im Hier und Jetzt begeistern. Mit Büh-
nenpräsenz, die man gern kopieren möchte.
Für die meisten Menschen ist
die Bühne nicht unbedingt ein
Wohlfühlort. Warum ist es für Sie
ein Platz, wo Sie gerne sind?
Wolf_Den Wohlfühlplatz muss man sich er-
arbeiten. Es geht um die Vorbereitung. Was
immer man sagt auf der Bühne, man muss
es zuvor klar denken, den Gedanken für sich
selbst scharf formulieren. Nur wenn man
selbst verinnerlicht hat, was man sagen will,
kann es auch im Publikum ankommen. Sonst
sind es einfach geschriebene Sätze, die man
laut sagt.
Ein lachendes Publikum, das ist wie
tosender Applaus. Wie funktioniert die
Sache mit dem Humor auf der Bühne?
Wolf_Um Humor zu transportieren, um das
Publikum zum Lachen zu bringen, ist eines
ganz wichtig: Timing. Es geht oft um Millise-
kunden. Ist man ein bisschen zu früh oder zu
spät mit der Pointe, ist sie weg. Wenn man’s
hingegen genau trifft, dann macht’s bumm
und es explodiert.
Und wie erwischt man genau
den einen Moment?
Wolf_Das braucht Erfahrung, Gefühl und
immer wieder Ausprobieren. Aber vor allem
ist es die Spannung des Unerwarteten.
Wie gelingt es Ihnen, sich aufs
Publikum einzulassen?
Wolf_Es geht darum, eine Verbindung aufzu-
bauen. Im Prinzip ist es nichts anderes als ein
gutes Gespräch. Man hört dem Publikum zu.
Und spürt es genau, jede Reaktion. Man spürt
die Aufmerksamkeit, die Konzentration, man
weiß ganz genau, ob man auf Zug ist oder
nicht. Und genau das macht’s aus – es würde
keinen Spaß machen, mit der Wand zu reden.
Was macht eine gute
Bühnenpräsenz aus?
Wolf_Für mich ist Präsenz die Kunst, im
Jetzt zu sein. Jetzt da zu sein. Wenn ich jetzt
andere Gedanken habe, die mich ablenken,
oder Ängste, dann führt mich das weg von
mir und auch von dem Moment. Umso mehr
ich den Moment zulassen kann, desto präsen-
ter bin ich. Nur wenn der Vortragende auf der