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Masse, an Klickzahlen und Likes zu ori-
entieren. „Wir sind Experten. Wir sind
politisch und gesellschaftlich verschieden
und haben durch unser Netzwerk, unsere
Erfahrung und Expertise Fühler und ein
Radar, das uns sagt, was für unsere Gesell-
schaft wichtig ist und was nicht“, meint
Klenk dazu. Und egal ob es sich hier um
Printprodukte oder digitale Berichterstat-
tung handle, „wenn man den journalisti-
schen Prinzipien treu bleibt, dann bleibt
man glaubwürdig“, sagt Mandlbauer. Er
sehe den großen Vorteil von Printpro-
könne Twitter ebenfalls gewinnbringend
sein. Aber eben nur manchmal. Sehr oft
werde mit rechthaberischen Leuten dis-
kutiert, die immer Streit provozieren oder
„jemandem einfach ins Haxl beißen wol-
len“. Hier ende die Sinnhaftigkeit dieser
Infrastruktur.
Gerüstet für die Zukunft?
Wie soll sie nun aussehen, die Kommu-
nikation der Zukunft? Kriegner meint
dazu: „Wir in der Kommunikations- und
Werbebranche werden uns auf sinnvolle
und brauchbare Informationen konzent-
rieren. Und diese Relevanz ist datengetrie-
ben. Was aber nicht heißen soll, dass diese
personalisierte Information zukünftig nur
mehr digital erfolgen wird.“ Print und das
haptische Erlebnis seien das Pendant zur
hektischen Digitalwelt. Und man brauche
beides. „Dass das Papier aussterben wird,
ist Quatsch“, meint auch Klenk. „Wir ha-
ben noch nie so viele Zeitungen verkauft
wie jetzt. Die Leute wollen in Ruhe lesen,
blättern, sich vertiefen. Versinken. Abste-
cken und Ausstecken.“ Und Mandlbauer
erklärt: „Wir haben seit zwei Jahren un-
seren Newsroom, wo wir an Messinstru-
menten so circa alles über unsere Leser
erfahren können: Was sie interessiert, die
Lesedauer von Artikeln und vieles mehr.
Digital richten wir uns sicher mehr da-
nach und versuchen, schnell und kurz
zu berichten.“ Im Printprodukt versuche
man aber bewusst, sich mit längeren Tex-
ten und Geschichten davon abzukoppeln.
„Wir verspüren ein Riesenecho darauf“,
freut sich Mandlbauer. „Zwei unabhängi-
ge Plattformen, die von uns bedient wer-
den, die sich aber noch mehr auseinander-
entwickeln werden.“ Und Klenk erklärt:
„Meine Vision ist, dass Abonnenten unsere
Zeitung oder anderer Qualitätsblätter eine
Art Clubmitgliedschaft erhalten für einen
Thinktank. Die Zeitung als Thinktank,
der verschiedene gut recherchierte, ana-
lysierte und kommentierte Themen auf
unterschiedliche Art und Weise an sein
Publikum vermittelt.“ Durch digitalen
und gedruckten Lesestoff, Expertenrun-
den, Workshops und natürlich Podcasts,
ein Medium, welches Klenk als „totales
Zukunftsmedium“ sehe. Und er ergänzt:
„Ich blicke optimistisch in die Zukunft. Es
gibt national und international ein großes
Bedürfnis nach Überprüfung, ob etwas
Fake oder Fakt ist. Klassischen Medien
wird wieder mehr vertraut.“ Vor 20 Jahren
hätten nur einige wenige Bio-Eier gekauft.
Und dann sei man plötzlich draufgekom-
men, dass Eier aus Legebatterien zwar sehr
billig sind, aber unter Produktionsbedin-
gungen hergestellt werden, die man nicht
vertreten kann. „Und schauen Sie heute
mal in die Supermarktregale!“ Ja, dann
schauen Sie mal. _
dukten im „Überraschungseffekt“: „Ich
lese auf einmal etwas, von dem ich vorher
noch nicht einmal wusste, dass es mich
interessieren könnte. Werde dadurch of-
fener und kann mich weiterentwickeln.“
Intelligent genutzt, so Klenk, können
aber natürlich auch soziale Plattformen
einen großen Mehrwert bringen. „Ich
liebe Twitter. Hier werden mir in meiner
Timeline jene Informationen von Tages-
zeitungen zugespielt, die mich wirklich in-
teressieren. Ich nutze es als Informations-
kanal.“ Als Diskussionskanal verwendet,
… HARALD KRIEGNER
Geschäftsführer von Lunik 2
01
Jeder Mensch sieht am Tag mehrere tausend Werbungen.
Viele Menschen sind überfordert und machen zu. Wie bekommt
man 2019 seine Werbebotschaft glaubwürdig an die Zielgruppe?
Keiner will in Wahrheit Werbung haben, sie ist fast immer und überall
störend. Mit lustigen und kreativen Sujets allein wird man es nicht mehr
schaffen. Man muss wirklich genau überlegen, ob die Botschaft für
die Zielgruppe relevant und vor allem wahr ist. Werbung soll zukünftig
mehr als hilfreiche Information funktionieren. Dazu muss man anfangs
ganz genau tüfteln und nach einer Botschaft suchen, die auch wirklich
das Potential hat. Und da wird aus meiner Sicht oft gekleckert. So eine
Suche kann auch bedeuten, dass herauskommt, dass das Produkt keine
Existenzberechtigung hat. Und es dann unehrlich schön zu reden, wäre
falsch und nicht erfolgversprechend.
02
In einem Zitat verabschieden Sie sich mit „Adieu Marke!“ von der
Marke. Warum? Wenn man etwas selbstkritisch ist und weiß, dass man
die Leute mit Werbung völlig überfordert, weil alle heute sehr unter Druck
stehen, dann stellt sich die Frage: Macht Werbung so noch Sinn? Oder
dient das nur noch der Gewissensberuhigung von Marken? Wir stellen
uns diesen Fragen auch tagtäglich und versuchen deswegen, Prozesse
und Strukturen zu entwickeln, die höchstmögliche Treffsicherheit
gewährleisten.
03
Big Data, Native Ads, Contentmarketing oder Smart Content?
Ihre Branche ist einem starken und schnellen Wandel unterworfen.
Wie soll das ideale Marketing der Zukunft aussehen? Die Aufgaben
der Werbeagenturen werden sich von der reinen Kreation von
Headlines zu der Überlegung, über welchen Kanal welche Information
wahrgenommen wird, verändern. Wenn ich heute mein Auto zu Schrott
fahre und am nächsten Tag ein Autoprospekt hereinbekomme, dann ist
das für mich eine hilfreiche Information. Und keine Werbung. Daten und
das Thema Digitalisierung sind demnach enorm wichtig für die Zukunft.
Wenn man weiß, welche Bedürfnisse Menschen zu welcher Zeit haben,
kann man konkreter Antworten und hilfreiche Informationen liefern. Mit
dem Onlineverhalten hinterlässt man Spuren. Interesse wurde bekundet.
Und hier wird es zukünftig noch weitere Möglichkeiten geben, wie man
Interessen voraussagen kann. Es wird sich weisen, wie liberal oder
restriktiv mit persönlichen Daten in ein paar Jahren dann umgegangen
werden darf.