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formen nicht mehr von seriösen Informa-
tionen oder, wie in diesem Fall, satirischen
Beiträgen unterscheiden, da sie oft den
gleichen Auftritt haben“, sagt Klenk. Vor
30 Jahren wären Nachrichten und Bot-
schaften noch durch TV-Ausstrahlungen
und wenige Tageszeitungen verbreitet wor-
den. „Und zwar aufbereitet von Journalis-
ten, die bestimmte Prinzipien einhalten
mussten und das auch heute noch müssen,
wenn sie seriös arbeiten wollen“, erklärt
Mandlbauer. Heute könne jeder Einzel-
ne auf alles reagieren, alles posten. Fake
News, Alternative Facts und gezielt ge-
streute Desinformationen inklusive. Eine
Herausforderung, die vielen spätestens
seit dem US-Präsidentschaftswahlkampf
von Donald Trump bewusst wurde. Die
größten Sorgenkinder der neuen Medien-
welt? Generation 50 plus, sind sich beide
Chefredakteure einig. Diese Altersgruppe
sei darauf konditioniert, dass alles, was
auf Bildschirmen zu sehen ist, verlässlich
ist und verifiziert wurde. Und Generation
Smartphone? „Ich trage an vielen Schulen
vor und glaube, dass Kinder und Jugend-
liche besser zwischen wahren und falschen
Nachrichten unterscheiden können. Sie
wurden im digitalen Zeitalter geboren“,
meint Klenk. Und Mandlbauer ergänzt:
„Um heute seriöse von unseriösen Nach-
richten unterscheiden zu können, muss
man das Handwerk des Journalisten ken-
nen und anwenden. Medienkompetenz
wird an vielen Schulen bereits erfolgreich
vermittelt, besitzen sollte sie wirklich je-
der.“ Checks, Re-checks und kritisches
Hinterfragen von Meldungen und Inhal-
ten auf sozialen Plattformen seien hier
nur ein, wenn auch der wesentlichste Teil
davon, um an vertrauenswürdige Infos zu
kommen.
Und dann konnte plötzlich
jeder alles schreiben.
Früher war doch immer schon alles bes-
ser. Ruhiger. Und einfach ehrlicher. Echt
jetzt? „Wie im Journalismus ist es auch
im Marketing: Wir müssen eine relevan-
te Botschaft finden, die wahr ist und Sinn
macht. Wenn Botschaften nicht wahr sind,
bekommt man in beiden Bereichen den
Zorn der Gesellschaft zu spüren“, sagt
Kriegner. Und Wahrheit sei Qualität und
koste Zeit, ist sich Klenk sicher: Daran
werde sich auch zukünftig nichts ändern.
„Ich habe 1991 meinen ersten Artikel ge-
schrieben. Wie arbeitsintensiv dieser Pro-
zess war, kann man sich heute gar nicht
mehr vorstellen“, sagt Klenk. „Journalis-
mus beinhaltete viele Kontrollschleifen.
Man hat den einzelnen Journalisten und
den Medien vertraut, weil sie Informati-
onen gesammelt, bewertet und analysiert
haben.“ Und ja, dieses Vertrauen in die
Medienlandschaft habe sich mit dem Be-
ginn von Social Media in den 2000er Jah-
ren geändert. Plötzlich konnte doch jeder
alles schreiben. Alles kommentieren. Und
das nicht nur wie früher durch einen Le-
serbrief. Der dann mit hoher Wahrschein-
lichkeit ja doch wieder nicht abgedruckt
wurde. Es wird nun Raum für die Veröf-
fentlichung der eigenen Meinung gegeben.
Viel Raum. Unendlich viel. Klingt doch
vernünftig, also wo liegt hier das Problem?
Klenk nennt dieses Phänomen den Bür-
gerjournalismus. Und Mandlbauer sagt:
„Klar kann es auch als Vorteil gesehen wer-
den, dass Leser und User nun auf Inhalte
und Informationen replizieren können.
Oder über Missstände berichten und sich
auf digitalen Stammtischen austauschen
können. Doch viele, die sich äußern,
bedenken nicht, dass ihre Äußerungen
meistens von Emotionalität getragen sind.
Nicht von Rationalität.“ Auch Klenk
meint: „Es gibt viele bekannte positive
Beispiele dieser neuen Wirkmacht. Leider
haben aber auch viele radikale Gruppie-
rungen und Bewegungen dieses Feld sehr
schnell entdeckt. Und erfolgreich genutzt.“
Das Echo in der
eigenen Kammer
Und dann befindet man sich auf einmal
mittendrin. In dieser Blase. Aus Inhalten
und Meinungen, die intern einen Wett-
kampf mit emotionalen Höchstleistungen
veranstalten. Und sich dabei pushen. Hö-
her, weiter, tiefer. Doch wie ist man nur
dorthin gekommen? Und: Wie findet man
wieder raus? „Filterblasen sind natürlich
eine Gefahr des Internets. Ein geschlosse-
nes Weltbild durch einseitiges Informieren
und Algorithmen abonniert zu haben und
darin zu leben, ist fatal“, meint Mandlbauer.
Die größte Gefahr von Echokammern
und Filterblasen gehe hier von Facebook
aus, denn wenn beispielsweise „lauter Ra-
dikale lauter radikale Seiten abonnieren,
kommen sie da nicht mehr raus“, sagt
Klenk. Und Informationen, die wirklich
für die Gesellschaft relevant seien, fin-
den in so mancher persönlichen Weltan-
schauung keinen Platz mehr. Doch wer
oder was bestimmt gesellschaftliche oder
gesellschaftspolitische Relevanz? „Sicher
nicht, wer im Netz besonders laut ist“,
sagt Klenk. Er wünsche sich von Journa-
listen wieder mehr Selbstbewusstsein. Es
sei der falsche Weg, sich ständig an der
Werbung soll
zukünftig mehr
als hilfreiche
Information
funktionieren.
Harald Kriegner
Geschäftsführer,
Lunik 2