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 JOSEF F. MACHER 

Primar und Geschäftsführer Klinik Diakonissen Linz

Rund drei Millionen Österreicher haben aktuell eine private 

Krankenversicherung abgeschlossen. Tendenz steigend. 

Josef F. Macher, Primar und langjähriger Geschäftsführer der 

Klinik Diakonissen Linz und Präsident des Verbandes der 

Privatkrankenanstalten Österreichs, über die Rolle von privaten 

Gesundheitseinrichtungen im österreichischen Sozialsystem.

Österreich gilt als stabiles, wohlhabendes Land mit einem guten 

Gesundheitssystem und ich finde es sehr gut, dass sich alle Parteien 

gegen eine Zweiklassenmedizin aussprechen: Jeder, der sich in 

Österreich in einer akuten Notlage befindet, wird bestmöglich versorgt 

und behandelt. Es fragt niemand, wie oder ob man versichert ist – das 

ist in anderen Ländern wie etwa in den USA nicht so. Da kann es 

sein, dass man mit einem Herzinfarkt liegen gelassen wird, weil man 

nicht versichert ist. Der Grund, warum sich immer mehr Österreicher 

privat zusatzversichern, liegt nicht an der Qualität der allgemeinen 

Gesundheitsversorgung. Wir haben heute andere Wohlstandsstrukturen 

als in der Nachkriegszeit, ein anderes Wunschverhalten und einen 

anderen Zugang zur Gesundheit. Durch Veränderungen der 

Krankheitswelt von Akutmedizin zu vielen chronischen Erkrankungen 

sind Vorsorge und Prävention wichtiger geworden. Viele Patienten 

möchten auch bei nichtakuten Operationen sofort einen Termin und 

sich den Arzt und den Physiotherapeuten dazu selber auswählen. In 

den privaten Gesundheitseinrichtungen geht es viel um die planbare 

Welt. In Österreich brauchen die privaten Gesundheitseinrichtungen 

die öffentlichen und umgekehrt. Wir sind ein Miteinander, wo jeder 

seine Spezialisierungen und seine Aufgabenbereiche hat. Die privaten 

Krankenanstalten entlasten das öffentliche System, weil die Leistungen 

von der Sozialversicherung niedriger als im öffentlichen System bewertet 

werden und bei den Privatkrankenanstalten keine Abgangsdeckung 

erfolgt. Zusätzlich schaffen wir etwa 20.000 Arbeitsplätze und generieren 

durch Zulieferbetriebe, Produkte, Lebensmittel, Medikamente eine 

entsprechende Wirtschaftsleistung.

der wir uns stellen müssen. Hier geht es 

darum, wie schnell Forschungsinnovatio-

nen an die breite Masse gebracht werden 

können. 

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Wie stehen Sie zum Ergebnis 

der aktuell geführten Debatte 

über die Mindestsicherung?

Gerstorfer

_Die Mindestsicherung ist 

das letzte soziale Netz. Es geht hier um 

Armutsbekämpfung. In der medialen De-

batte wird die Mindestsicherung jedoch 

auf die Frage reduziert: Wieviel Geld 

bekommt man fürs Nichtstun? Doch in 

Wahrheit sind nur vier von zehn Min-

destsicherungsempfänger überhaupt ar-

beitsfähig. Es geht also darum, wie man 

Menschen, die sich gerade in prekären 

Lebenssituationen befinden, unterstützen 

kann, damit sie nicht ständig im absolu-

ten Existenzminimum leben. Armutsbe-

kämpfung bedeutet die Abdeckung von 

Grundbedürfnissen und den Erhalt von 

Würde. Wir leben in einem der reichsten 

Länder mit einem hervorragendem So-

zialversicherungssystem und diskutieren 

über eine soziale Leistung, die weniger 

als ein Prozent des gesamten Sozialbud-

gets ausmacht. Das ist eine Debatte auf 

dem Rücken der Ärmsten in unserer Ge-

sellschaft.

Stelzer

_Ich bin froh, dass es eine öster-

reichweite Lösung ist, welche sich in vie-

len Punkten an die oberösterreichische 

Lösung angelehnt hat: Eine Sozialsiche-

rung darf nicht als Grundlage für eine 

gesamte Lebensgestaltung oder Existenz 

verstanden werden, sondern muss immer 

dazu da sein, eine Notlage zu überbrü-

cken. Darum ist auch wichtig, dass der 

Abstand groß genug zwischen Sozialleis-

tungen und Lohn oder Gehalt ist, das ich 

mir durch eigene Arbeit verdienen kann. 

Die Motivation soll wirklich groß genug 

sein, um möglichst schnell wieder in ei-

nen Arbeitsprozess zu kommen. Und hier 

muss man Überbrückungshilfe geben 

und gleichzeitig Arbeitsanreize schaffen. 

Wir haben aktuell 21.000 offene Arbeits-

stellen und etwa 41.000 Arbeitslose. Acht 

von zehn Unternehmen sagen, dass sie 

Fachkräfte benötigen. Wir müssen Ju-

gendlichen besser helfen, die richtigen 

Berufe zu ergreifen, und die Lehre wieder 

attraktiver machen. Ständige Schulungs- 

und Qualifizierungsmaßnahmen um in 

Beschäftigung zu bleiben oder wieder zu 

kommen, sind absolut notwendig, da an 

einem Standort wie Oberösterreich, wo 

Industrie und Digitalisierung so stark 

das Geschehen bestimmen, sich die Be-

rufsfelder sehr schnell ändern. Es braucht 

mehr Bewusstsein, dass auch Leute über 

55 in Firmen und Unternehmen beschäf-

tigt bleiben, weil sie ein hohes Maß an 

Erfahrung mitbringen und in Zeiten des 

Fachkräftemangels wichtige Stützen für 

ein Unternehmen sind._