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galt und die Erstgeborenen die Thron-
folger, Hoferben oder Praxisnachfolger
waren.“
Auch wenn diese traditionelle Erbfol-
ge überholt scheint, hat Martin Hert-
korn in seinen 20 Jahren als Leiter des
Inqua-Instituts für Coaching die Beob-
achtung gemacht, dass drei Viertel der
Führungskräfte Erstgeborene sind. „Das
sagt aber noch lange nicht, dass sie die
besseren Chefs sind. Ein Letztgeborener
kann genauso gut und in manchen As-
pekten sogar eine bessere Führungskraft
sein, auch wenn ihm vielleicht nicht die
Chance geboten wird.“
Als Jüngste an der Spitze
Eine solche Chance wurde Ulrike Rab-
mer-Koller geboten – und die jüngs-
te von drei Geschwistern hat sie beim
Schopf gepackt: 1992 ins elterliche
Unternehmen eingestiegen, hat sie sich
von der kaufmännischen Leitung zur
alleinigen Geschäftsführerin und Eigen-
tümerin der Rabmer Gruppe mit Sitz
in Altenberg bei Linz hochgearbeitet.
„Meine Eltern haben uns drei Kindern
unternehmerische Selbstständigkeit vor-
gelebt und uns das Unternehmer-Gen
mitgegeben“, erinnert sich die Vizeprä-
sidentin der Wirtschaftskammer. „Es ist
für mich der schönste Beruf, den es gibt.“
Dass es so gekommen ist, war nicht
von Anfang an in Stein gemeißelt: „Als
klassisches Bauunternehmen war ich
als jüngste Tochter nicht unbedingt
als Nachfolgerin angedacht“, erzählt
Rabmer-Koller. „Das war insofern ein
Vorteil, dass für mich keine klassische
Karriere vorgegeben war.“ Auch in an-
deren Bereichen profitiert sie von ihren
Geschwistern: „Ich bin immer mit den
Großen mitgegangen. Wenn man oft mit
fünf Jahre älteren Kindern und Jugend-
lichen zusammen ist, lernt man schnell,
sich rechtzeitig auf die Füße zu stellen.“
Auch das diplomatische Zusammenspiel
habe sie dank ihrer Geschwister bald
geübt: „Mit zwei Geschwistern habe
ich immer schauen müssen, wie man
gemeinsam agieren kann. Manchmal
braucht es eben andere Wege, um das
Ziel zu erreichen.“
Diese frühen Lektionen prägen bis heu-
te ihren Führungsstil: Als sie in das Fa-
milienunternehmen einsteigt, treibt sie
die Internationalisierung voran, baut
neue Bereiche auf und entwickelt diese
weiter. „Wenn die Firma so geblieben
wäre, wie sie damals gegründet wurde,
dann gäbe es das Unternehmen heu-
te nicht mehr.“ Gemeinsam mit ihrem
fünf Jahre älteren Bruder übernimmt
sie 2002 die Geschäftsführung, doch
als dieser 2005 aus dem Unternehmen
aussteigt und 2011 seine Anteile ver-
kaufen möchte, wird das Unternehmen
in beiderseitigem Einverständnis geteilt.
„Für mich war es wichtig, eine Lösung
zu finden, die für das Unternehmen
Ich hätte einen anderen
Führungsstil, wenn ich ein
Einzelkind wäre.
Maximilian Priglinger
Geschäftsführer,
Biohort und Ascendor
Mittlerer von drei Geschwistern