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im Industrie-4.0-Standard experimen-
tell produzieren werden. Oder auch der
Softwarepark Hagenberg, der zu einem
Zentrum für IT-Sicherheit ausgebaut
wird. Hier konnten wir mit Gerhard
Eschelbeck, dem langjährigen IT-Sicher-
heitschef von Google, einen der renom-
miertesten Experten in diesem Fachbe-
reich als „Visionärsprofessor“ gewinnen,
der mit seinen Kontakten internationale
Gastprofessoren und Experten nach
Hagenberg holen wird. Oberösterreich
ist das Industrie- und Wirtschaftsbun-
desland Nummer eins. Ein Viertel aller
Exporte Österreichs kommt aus unse-
rem Bundesland. Oberösterreich ist der
Motor dieser Republik.
Depiereux
_
Was sind die großen
Herausforderungen für die CEOs?
Achleitner
_Man muss als Firmenchef
verstehen, dass bisherige Geschäftsmo-
delle nicht so bleiben werden. Das ist die
Grunderkenntnis. Dass diese Awareness
noch nicht ganz da ist, merke ich immer
wieder, bis hin zum Großunternehmer.
Zu glauben, jetzt waren wir die letzten
hundert Jahre erfolgreich und das bleibt
auch so, ist das größte Risiko. Das heißt:
wachsam und flexibel bleiben.
Depiereux
_
Gibt es da ein
Beispiel aus deinem Alltag?
Achleitner
_Erst kürzlich hat mir ein
Maultrommelhersteller aus Molln erzählt,
dass ihm die Digitalisierung sein Geschäft
gerettet hat. Er exportiert mittlerweile
in 40 Länder weltweit – von Australien
bis zu den indigenen Völkern in Ameri-
ka. Dieses Beispiel zeigt vor allem auch,
dass Tradition und Digitalisierung kein
Widerspruch sind, sondern synergetisch
wirken können. Und das finde ich so
spannend an der ganzen Sache, nämlich
dass Dinge entstehen, die man vielleicht
nie für möglich gehalten hätte – das finde
ich geil.
Depiereux
_
Was kann die Politik
machen, um den Wandel positiv
zu begleiten?
Achleitner
_Viele Gesetze und Verord-
nungen passen mit der digitalen Ge-
schäftswelt überhaupt nicht zusammen.
Es wird eine Challenge werden. Das Ar-
beitszeitgesetz ist nicht mehr zeitgemäß.
Die ganze Besteuerung passt in keins-
ter Weise. Wir gehen in Österreich jetzt
wahrscheinlich einen Alleingang bei der
Digitalsteuer, weil es bei den EU-27 mit
Einstimmigkeitsprinzip scheinbar nicht
durchsetzbar ist. Wir müssen digitale
Umsätze letztlich auch besteuern, damit
wir die digitalen Netze finanzieren kön-
nen.
Depiereux
_
Welche Rolle
spielt die Bildung?
Achleitner
_Wir können nicht glauben,
mit Bildungskonzepten aus dem vorigen
Jahrhundert die heutigen Bildungserfor-
dernisse bedienen zu können. Der Kern
ist, dass so wie jeder Mensch schon früh
lesen, schreiben und rechnen lernt, jeder
Mensch auch Basiskenntnisse im digitalen
Bereich braucht, die es ihm ermöglichen,
sich in der digitalen Welt zurechtzufin-
den. Ich war kürzlich in einem oberös-
terreichischen Unternehmen mit 1.000
Mitarbeitern, das ab 2019 all seinen Be-
schäftigten zumindest einen halben Tag
pro Jahr ein digitales Basistraining bietet –
und das machen dann alle, auch die Rei-
nigungkräfte. Das ist der Weg, der uns in
die Zukunft führt.
Depiereux
_
Sind gesetzliche
Regelungen wie etwa
Datenschutzgesetze ein
Standortnachteil gegenüber
den USA oder China?
Achleitner
_Grundsätzlich hat die Eu-
ropäische Union mit der Datenschutz-
grundverordnung (DSGVO) einen ge-
meinsamen, wichtigen und prinzipiell
richtigen Schritt gesetzt. Das einzige
Problem dabei ist, dass nicht zwischen
Facebook & Co. und dem kleinen Schrei-
ner mit fünf Mitarbeitern im Nachbarort
unterschieden wird. Es dürfen nicht die,
die lokal ihr Business machen, benach-
teiligt sein gegenüber jenen, die inter-
national im Handel die Digitalisierung
nutzen können. Gerhard Eschelbeck
geht aufgrund seiner Erfahrungen als
IT-Sicherheitschef bei Google davon aus,
dass Maßstäbe, wie die DSGVO sie vor-
schreibt, 100-prozentig auch in Amerika
kommen werden – weil Datensicherheit
letztlich die Grundlage für digitale Ge-
schäftsmodelle ist. Schade ist hingegen,
dass es bei der Digitalsteuer voraussicht-
lich zu keiner EU-weiten Lösung kom-
men wird.
Depiereux
_
Was tut Oberösterreich
als Region, um die jungen Menschen