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Der hohe Industrialisierungsgrad berge 

ein großes Potential an Möglichkeiten 

spezifischer KI-Anwendungen. Vielerorts 

ist schon von einer „Reindustrialisierung“ 

Europas die Rede. Von den Chancen, die 

sich für Oberösterreich bieten, ist übri-

gens auch der KI-Spezialist Sepp Hoch-

reiter überzeugt. Gewonnen ist das Spiel 

allerdings noch lange nicht. „Dort, wo wir 

gut sind“, so der Leiter des Instituts für 

Machine Learning an der Johannes Kep-

ler Universität Linz, im Anlagenbau und 

im Maschinenbau, dort müsse jetzt die 

Künstliche Intelligenz implementiert wer-

den. Andernfalls würden wir den Wettlauf 

um die KI-Vorherrschaft wohl verlieren.

„Es gibt in Oberösterreichs Industrie zwar 

schon Teilbereiche, wo Künstliche Intelli-

genz eingesetzt wird, aber das volle Poten-

tial entfaltet sich jetzt erst Zug um Zug“, 

weiß Haindl-Grutsch. So würden vor al-

lem die Leitbetriebe und IT-spezifischen 

Branchen hier schon weiter sein, wäh-

rend andere erst überlegen, wo überhaupt 

der Sinn liegen könnte. Anwendungen 

im Bereich der Produkt- und Prozessop-

timierung sowie in der Robotik sind für 

den IV OÖ-Geschäftsführer derzeit am 

interessantesten, aber auch in Sparten 

wie Buchhaltung, Logistik oder Marke-

ting biete die neue Technologie ungeahn-

te Möglichkeiten. „Anknüpfungspunkte 

für KI-Technologien finden sich an jeder 

Stelle der Wertschöpfungskette“, meint 

Werner Girth dazu. Die KI sei quasi „das 

Endspiel der Digitalisierung“. Demnach 

würde alles Digitalisierte früher oder 

später „in die KI eingebettet und von 

ihr überlagert“ werden. Die derzeit an-

haltende „Experimentierphase“ werde 

aber wohl noch ein paar Jahre anhalten 

und auch von Enttäuschungen geprägt 

sein, so Girth: „Wir befinden uns in einer 

Phase, in der viele Pilotprojekte stattfin-

den. Die Versprechungen sind gewaltig 

und wir erwarten uns teilweise noch zu 

viel.“ Zu kämpfen habe der Fortschritt 

vor allem mit der Qualität der Daten, 

mit denen die KI gefüttert werden muss: 

„Da erleben wir Dinge, das kann man sich 

nicht vorstellen“, erzählt Girth, „und 

wenn die Daten nicht passen, dann liefert 

natürlich auch die KI keinen brauchba-

ren Output.“

Zahlen Roboter Steuern?

Eine klare Absage erteilt Haindl-Grutsch 

den immer wieder aufflammenden For-

tria. Lange Zeit sei Europa und insbe-

sondere auch Österreich in Sachen KI 

„wirklich weit vorne“ gewesen, verabsäumt 

habe man im Laufe der Zeit vor allem 

eines: genügend Leute auszubilden. So 

würden wir heute einfach nicht gegen 

die gebündelten Kompetenzen im Silicon 

Valley oder an chinesischen Universitäten 

ankommen. Zudem würden in den USA 

oder China deutlich höhere Summen in 

die KI-Entwicklung investiert. Richtig 

abgehoben sei das KI-Thema aber auch 

dort erst, seit es wirklich praxisrelevant 

geworden ist, so Girth. Kurz gesagt, so-

lange KI ein reines Forschungsthema war, 

hatten wir die Nase vorn. Was Österreich 

jetzt brauchen würde, erklärt Girth, sei-

en „vier bis fünf zusätzliche Professoren 

und ein Pool an gut ausgebildeten Nach-

wuchskräften sowie Unternehmer, die 

ein Interesse daran haben, entsprechende 

Entwicklungen voranzutreiben – wir soll-

ten da wirklich massiv Geld in die Hand 

nehmen“.

Jetzt handeln

„Eine Riesenchance“ sieht, Geschäftsfüh-

rer der IV OÖ, Joachim Haindl-Grutsch 

in der Ausgangssituation Oberösterreichs. 

 

 

Auf technologischer Ebene wird 

es keine Rückschritte geben – 

es liegt wirklich nur beim 

Menschen, das Ganze in eine 

positive Richtung zu leiten.

 

Werner Girth

Partner & KI-Experte,  

KPMG Austria