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Nach einem detaillier-
ten Briefing sollte man
dem Influencer seine
künstlerische Freiheit
lassen.
Viktoria Egger
ist Eigentümerin der
Agentur August Digital.
Influencer Marketing
gab’s eigentlich immer
schon. Früher nannte
man es Empfehlungs-
marketing.
Ilja Jay Lawal
ist Blogger des Jahres 2017 und
führt die Agentur Follow in Wien.
„Kaffee?“ Ilja Jay Lawal lehnt dankend
ab. Er trinke keinen Kaffee. Und das ist
auch der Grund, warum er jene Anfra-
gen, bei denen es darum ging, dass er als
einer der erfolgreichsten Influencer des
Landes für Kaffeemarken wirbt, stets
ablehnte. „Ich habe während meiner
Laufbahn schon viele Kooperationen
umgesetzt. Aber auch viele abgelehnt“,
erzählt der Blogger des Jahres 2017.
Was ihm dabei geholfen hat: Er war nie
hauptberuflich darauf angewiesen, jede
Kooperation anzunehmen. Und konnte
daher
immer authentisch
bleiben. Ge-
nau darum gehe es nämlich: ehrlich zu
sein und nur für Produkte zu werben,
mit denen man sich tatsächlich iden-
tifiziert. Das sieht auch Viktoria Egger
so. Sie ist Inhaberin der Content- und
Influencer-Marketing-Agentur August
Digital und betreibt seit zehn Jahren
selbst einen Blog. „Anfangs habe ich
den Fehler gemacht, über Dinge zu sch-
reiben, die nicht zu mir passen. Heute
weiß ich: Wenn ich merke, ich hab kei-
ne Freude an dem Produkt, mach ich
das nicht.“ Schließlich habe man eine
gewisse Verantwortung seinen Follo-
wern gegenüber, erklärt Lawal, der auch
eine Influencer- und Werbeagentur
(Follow) in Wien betreibt und ein ei-
genes Modelabel (TrueYou) gegründet
hat. Und das, obwohl er erst Mitte 20
ist. Aber ja, klar, die Social-Media-Ex-
perten sind sowieso alle noch sehr jung.
Wer sonst kennt sich gut mit etwas so
Innovativem wie Influencer Marketing
aus? Könnte man meinen.
Digitale Mundpropaganda
Lawal findet hingegen überhaupt nicht,
dass Influencer Marketing ein neues
Phänomen sei. „Eigentlich gab’s das
immer schon. Früher nannte man es
einfach Empfehlungsmarketing.“ Und
das ist bekanntlich verdammt effektiv.
Weil es glaubwürdiger ist, wenn andere
positiv über jemandes Qualitäten reden
als man selbst. Weil wir Menschen mehr
vertrauen als Werbekampagnen, logisch.
#6
Wie
man die
erfolgreichen
Influencer
findet.
Der Unterschied zu heute: „Früher
gab’s nicht diese skalierbaren Model-
le. Man wusste nicht, wie viele Leute
ein Produkt kauften, weil es ihnen von
jemandem empfohlen wurde“, so der
Unternehmer und Blogger. Außerdem
können heute natürlich viel mehr Men-
schen erreicht werden, nicht nur die
Nachbarn. „Es geht um die Emotionen,
die von Mensch zu Mensch übertragen
werden“, weiß Egger. „Als Marke kann
ich Influencer Marketing dazu nutzen,
dass jemand, der meine Marke wirklich
mag, diese authentisch weiterempfiehlt
und andere mit dieser Begeisterung an-
steckt.“
Jedenfalls dann, wenn der Influencer
genau die Zielgruppe erreicht, die man
erreichen will. Und das herauszufinden,
sei harte Recherchearbeit im Vorfeld, so
Egger weiter. „Etwa 50 Prozent der Ar-
beit im Influencer Marketing sind Re-
cherche. Megarecherche.“ Denn sinn-
voll könne Influencer Marketing nur
dann sein, wenn man jene Influencer
auswählt, die gut über die Marke reden
können, die sich mit den Werten des
Unternehmens identifizieren können
und natürlich eine gute Reichweite ha-
ben.
Will man diese aufwändige Recherche
nicht selbst machen, übernimmt das
eine Agentur. Und präsentiert dem Un-
ternehmen schließlich ein paar mögli-
che Influencer, unter denen man jene
auswählt, die wirklich zu einem passen.
Wie man das herausfindet? „Am besten
beim persönlichen Kennenlernen“, sagt
Lawal. Stimmt die Chemie, geht’s an
die Arbeit. Denn die Zusammenarbeit
mit Influencern ist anders als oft ange-
nommen – ähnlich wie mit Werbeagen-
turen. „Im besten Fall setzt man sich
mit dem Influencer zusammen, gibt