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Man muss sich überlegen, welche Ziel-
gruppe man auf welchen Kanälen mit
welchen Inhalten erreicht.
Welche Fehler werden dabei häufig
gemacht?
Lanzerstorfer
_Ein häufiger Fehler ist
eine nicht klar eingegrenzte Zielgruppe.
Man kann auf Facebook nicht bestehen-
de sowie potentielle Mitarbeiter, Kun-
den und Partner gleichzeitig bedienen.
Für jede Gruppe sind andere Inhalte
interessant, zu viel unpassender Content
führt schnell dazu, dass sie alle Posts
ignorieren. Bei Pulpmedia arbeiten wir
mit dem Persona-Konzept, bei dem für
bestimmte Zielgruppen fiktive Perso-
nen ermittelt werden: So hat man etwa
als junge Kundin die 18-jährige Sabine
und als älteren Kunden den 62-jährigen
Manfred. Sabine ist im Unterschied zu
Manfred eher nicht mehr auf Facebook
aktiv, man erreicht sie besser auf Insta-
gram. Manfred will per Sie angespro-
chen werden, während Sabine das un-
sympathisch finden würde. Ein weiterer
Fehler: Irgendeinen Inhalt auszuspielen,
nur damit man etwas gepostet hat. Und:
Nicht jeder Mikrotrend ist ein Best
Practice. Ein Beispiel dafür ist das Ge-
winnspiel, bei dem die Person gewinnt,
die den Beitrag zuletzt kommentiert hat.
Das hat anfangs funktioniert, aber bald
niemanden mehr interessiert. Man muss
für seine Community das richtige Ge-
spür entwickeln – es gibt kein Schema F,
das man abarbeiten kann.
Social Media sollte laut Miller einen Mix
aus populären und seriösen Inhalten
vermitteln, es braucht Authentizität so-
wie Emotionen. Dieser Spagat ist nicht
so einfach zu schaffen, wir alle kennen
die Shitstorms …
Lanzerstorfer
_Wenn man seine Ziel-
gruppe gut kennt, dann ergibt es sich
von selbst, wie man auftreten soll und
wie weit man bei möglichen Aufregerthe-
men gehen kann. Ein gutes Beispiel für
ein provokantes Posting lieferte eine ka-
nadische Burgerkette, die nur Burger mit
Fleisch anbietet und einen neuen mit
Nur die wenigsten Unternehmen
können berechtigterweise sagen,
dass Social-Media-Marketing für sie
gar keine Bedeutung hat.
Paul Lanzerstorfer
Geschäftsführer, Onlinemarketing-
Agentur Pulpmedia
Die Linzer Onlinemarketing-
Agentur Pulpmedia informiert im
Rahmen ihrer Veranstaltungsreihe
„Pulp.Rocks“ über aktuelle Ent-
wicklungen im Onlinemarketing-
Bereich. Beim Event im Jänner re-
ferierten eine Reihe von Experten
zum Thema „Social-Media-Mar-
keting“ – darunter die bekannte
Reisebloggerin und Instagramerin
(@ladyvenom) Marion Vicenta Payr
sowie die Digitalstrategin Laura
Miller. Die 29-jährige Amerikanerin
Miller war im Weißen Haus unter
Ex-US-Präsident Barack Obama
für die Planung und Umsetzung
der Social-Media-Strategie
verantwortlich. Bei der nächsten
Veranstaltung am 21. März steht
Recruitment Marketing mit Top-
Speakerin Claude Silver auf dem
Programm. Silver ist Chief Heart
Officer der New Yorker Digital-
agentur VaynerMedia, die promi-
nente Kunden wie Spotify, Pepsico
oder Mondelez berät.
Veranstaltungsreihe
„Pulp.Rocks“
„Vegetarian rehabilitation“ angepriesen
hat. Dem Unternehmen war bewusst,
dass man niemanden bekehren kann und
sich Vegetarier aufregen werden. Aber
den Kunden hat es gefallen, es war eine
kalkulierte Diskussion.
Entscheidend für einen erfolgreichen
Social-Media-Auftritt ist laut Miller auch
die Zweiweg-Kommunikation. Wie kann
man die Interaktion mit seinen Follow-
ern fördern?
Lanzerstorfer
_So wie im Offlineleben
auch – wenn ich mich in eine Ecke stelle
und wegdrehe, werde ich keine Kommu-
nikation starten können. US-Präsident
Trump jagt viele Tweets raus, aber er
antwortet anderen selten bis gar nie und
bringt sich nicht in die Diskussion ein.
Unternehmen können sich einen großen
Vorteil verschaffen, wenn sie aktiv an der
Kommunikationen teilnehmen – be-
sonders, wenn diese nicht direkt an sie
gerichtet ist. Die Leute sind bei Proble-
men meist nicht höflich, aber wenn eine
Marke mit einer Hilfestellung souverän
reagiert, steht sie am Ende sogar besser
da als zuvor. Es gibt aber folgende Regel
in der Community: Never feed the troll.
Wenn Personen nur um des Schimpfens
willen schreiben, braucht man darauf
nicht zu reagieren.
Mit welchen Kennzahlen (KPI = Key
Performance Indicator) sollte man
seinen Erfolg messen?
Lanzerstorfer
_Es gehört bei jeder Digi-
talstrategie auch festgelegt, wie man die
Zielerreichung messen kann. Dazu gibt
es weiche und harte KPI. Während zu
letzteren etwa Verkäufe oder eingetroffe-
ne Bewerbungen zählen – also Zahlen, an
denen es nichts zu rütteln gibt – gehört
zu den weichen KPI etwa die wenig aus-
sagekräftige Fanzahl. Diese schaut zwar
gut aus, sagt aber wenig aus. Fans und
Reichweite haben nichts miteinander zu
tun. Zwischen harten und weichen KPI
gibt es etwa mit Reichweite oder Enga-
gement noch eine Stufe mit Zahlen, die
zwar aussagekräftig sind, aber nicht so
harte Ziele wie etwa Verkäufe verfolgen._