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Mit unseren sehr stabilen  

politischen Verhältnissen in  

Europa sind wir es gar nicht  

mehr gewohnt, welche  

Auswirkungen politische  

Rahmenbedingungen  

haben können. 

 

Axel Kühner 

Vorstandsvorsitzender,  

Greiner AG

Zerwürfnis zwischen den USA und Me-

xiko haben nur wir, die Mexikaner emp-

finden das nicht so.“ Greiner beobachte 

die Situation im Tochterwerk der Grei-

ner Packaging genau, aber aktuell gebe 

es keine Handlungsnotwendigkeit.

Von den kleineren Ländern in Latein-

amerika nennt die Außenwirtschaft 

Austria Peru und Uruguay als interes-

sante Länder für österreichische Firmen. 

Letzteres sei „klein, aber fein und eine 

der stabilsten Volkswirtschaften“ in La-

teinamerika. Weiters hätten auch viele 

von den kleineren Ländern in Zentral-

amerika wie Panama, Costa Rica sowie 

Honduras gute Wachstumsraten. Als 

die zwei Problemländer gelten aktuell 

Argentinien mit seiner hohen Inflation 

und Venezuela mit der politischen Krise, 

die sich weiter zuzuspitzen droht. Dazu 

Kühner: „Mit unseren sehr stabilen po-

Chile 

„Musterschüler Südamerikas“

Vierzehn Stunden dauert der Flug von Madrid nach Santiago, der 

Hauptstadt Chiles. Direktflüge aus Österreich in das langgezogene 

Land an der südwestlichen Küste des südamerikanischen 

Kontinents gibt es nicht. Die lange Anreisezeit ist laut Drazen Maloca, 

Wirtschaftsdelegierter in Santiago, aber der einzige Nachteil Chiles als 

Exportland: „Es gibt eine

 stabile Demokratie

, die Regierung hat sich 

Wachstum

 auf die Fahnen geschrieben und das funktioniert auch.“

Im vergangenen Jahr gab es Wachs-

tumsraten von vier Prozent. Wenn 

der Kupferpreis – Chile ist der größte 

Kupferexporteur der Welt – hoch bleibt, 

werde es auch in den nächsten Jahren 

so weitergehen. Der Wirtschaftsdele-

gierte bezeichnet Chile als den „Muster-

schüler Südamerikas“. Das Land entwi-

ckelte sich in den vergangenen Jahren 

sehr gut. Es ist nun das Land mit dem 

höchsten BIP pro Kopf in Südamerika 

und spielt in den verschiedenen Ran-

kings in derselben Liga wie einige ost-

europäische Nachbarn Österreichs. Ein 

großer Vorteil für österreichische Fir-

men ist auch das Bestehen einer gro-

ßen deutschen Community. Diese hat 

sich um 1900 gebildet, als die chileni-

sche Regierung deutschen Auswande-

rern viel Land angeboten hat. Über 50 

österreichische Firmen haben eine 

Niederlassung in Chile. Alle, die noch 

nicht dort sind, aber an einen Einstieg 

in den lateinamerikanischen Markt 

denken, sollten sich Chile genauer an-

schauen: „Das Land ist ein geeignetes 

Sprungbrett für heimische Firmen nach 

Südamerika, weil es dem westeuropäi-

schen Geschäftsmodell am ähnlichsten 

ist. Es ist ein entwickeltes Land, das 

entwickelte Produkte benötigt, und eine 

der liberalsten Volkswirtschaften der 

Welt.“ Als Beispiel für die Offenheit der 

Chilenen nennt Maloca eine Einladung, 

die das Infrastrukturministerium an ös-

terreichische Firmen ausgesprochen 

hat, um dem Minister darzustellen, was 

sie zum Ausbau der Infrastruktur bei-

tragen können. „Überall anders muss 

man um solche Termine betteln.“ Ein 

Problem im Zusammenhang mit der 

guten wirtschaftlichen Entwicklung sei 

aber, dass die staatliche Verwaltung 

damit nicht Schritt gehalten habe und 

langsam sei. Die Chilenen seien auch 

sehr in die Bürokratie verliebt. 

Wenn Leute das erste Mal nach San-

tiago kommen, würden sie meist gar 

nicht glauben, in Südamerika zu sein, 

sondern eher in Südeuropa: „Die Inf-

rastruktur ist modern ausgebaut. Die 

Regierung nimmt die Weiterentwick-

lung ernst und redet erst über Projek-

te, wenn die Finanzierung steht.“ Das 

Land ist stark zentralisiert, von den 18 

Millionen Einwohnern leben bis zu sie-

ben Millionen im Zentralraum – dazu 

gehört auch Maloca mit seiner Frau 

und den zwei kleinen Kindern. „Wir füh-

len uns hier sehr wohl“, erzählt Maloca, 

dass er ohne Angst um seine Sicher-

heit leben kann. Straßenkriminalität 

sei in anderen Ländern oft eine Folge 

der Armut: „In Chile hat man es in den 

vergangenen Jahren geschafft, eine 

Mittelschicht aufzubauen. Wenn man 

sich ausbildet und arbeitet, hat man 

einen gewissen Lebensstandard.“ Von 

der Mittel- in die Oberschicht zu kom-

men, sei aber schwierig. Das Land wer-

de von einer Elite von rund 20 Familien 

wirtschaftlich und politisch regiert, diese 

besitze 70 Prozent der Industrien. Das 

chilenische Volk beschreibt Maloca als 

das Volk, welches die lateinamerikani-

schen Stereotypen wahrscheinlich am 

wenigsten erfüllt. „Die Chilenen sind 

nicht die typischen Latinos, sondern 

viel ernster, disziplinierter und auch ein 

bisschen distanzierter“, sagt Maloca 

und fügt mit einem Schmunzeln hin-

zu: „Aber am Ende des Tages sind sie 

trotzdem noch immer sehr beziehungs-

orientierte Südamerikaner und machen 

Geschäftsabschlüsse gerne bei einem 

Glaserl Wein und einem guten Stück 

Fleisch.“

Wussten Sie eigentlich, dass

 

Chile neben Argentinien über

 

die 

größten Lithiumr

eserven 

der Welt verfügt?

Die Chilenen machen 

Geschäftsabschlüsse gerne  

bei einem Glaserl Wein und 

einem guten Stück Fleisch.

Drazen Maloca

Wirtschaftsdelegierter  

in Santiago