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Bedeutung. Für große Unternehmen sei
es am österreichischen Markt trotzdem
besonders wichtig, darauf zu achten, dass
die Produkte jeweils ihren eigenen Cha-
rakter haben. Alles andere wäre sonst
nicht nur schlecht für das Geschäft, son-
dern auch langweilig. Setnes: „In den
Brauereien werden nicht nur verschie-
denste Biere produziert, es gibt auch viele
unterschiedliche Meinungen. Besonders
die Braumeister haben oft ganz eigene
Ideen und Herangehensweisen, wie das
beste Bier entsteht.“ Diskussionen mit
ihnen seien nicht immer leicht und wür-
den sehr schnell sehr leidenschaftlich wer-
den. Das stört den Vorstandsvorsitzenden
aber nicht – im Gegenteil. „Ich lerne im-
mer neue Sachen dazu, vom Einsatz der
Rohstoffe über Brauverfahren bis hin zur
Kapazitätsauslastung“, sagt Setnes. „Zum
Glück kommt mir da mein technischer
Hintergrund zugute. Weil ich einige
Jahre selbst Brauereien gemanagt habe,
verstehe ich ein bisschen, worüber die
Braumeister reden.“ Wie viele Freiheiten
die Braumeister im Unternehmen haben,
zeigt sich jeden Herbst, wenn die Bock-
biere auf den Markt kommen. „Das ist
für mich die spannendste Zeit des Jah-
res, keine Saison ist wie die andere“, sagt
Setnes. Denn jedes Bockbier ist wie eine
persönliche Signatur des Braumeisters,
die Rezepte bleiben streng geheim. Sogar
für den Vorstandsvorsitzenden der Brau
Union Österreich – da gibt es keine Aus-
nahmen.
Viele neue Produkte 2019
Das alkoholfreie Heineken ist mitt-
lerweile ausgetrunken, Setnes holt das
nächste Getränk aus dem Kühlschrank –
einen Apple Cider Rosé. Seine Farbe hat
das Getränk von einer Apfelsorte mit ro-
tem Fruchtfleisch, das fruchtige Getränk
soll besonders Frauen ansprechen. „2018
gab es viele Wechsel, ein neues Daten-
banksystem wurde eingeführt, das hat
viele Ressourcen gekostet“, erklärt der
Vorstandsvorsitzende. 2019 liegt der Fo-
kus wieder auf neuen Produkten. Zudem
bekommen einige bestehende ein neu-
es Gesicht. So wartet zum Beispiel auf
die Flaschen- und Dosenetiketten von
„Edelweiss“, dem „Weizenbier der Alpen“
ein neuer, markanter Look. „Die Schrit-
te sind sehr gewagt, wir sind gespannt,
wie die Konsumenten darauf reagieren“,
sagt Setnes. Auch für die Marke Gösser
ändert sich einiges. „Der Auftritt von
Gösser ist sehr lange konstant geblieben,
jetzt setzen wir neue Schritte“, sagt Set-
nes. Im Gegensatz zum Rebranding von
„Edelweiss“ geht man dabei zurück zum
Ursprünglichen. Ebenfalls eine Premiere
2019: Weizenbier der Marke Gösser.
Bis so ein neues Getränk im Handel er-
hältlich ist, durchläuft es ein intensives
Testprogramm und wird von zahlreichen
Experten verkostet. Obwohl die Markt-
forschung bedeutsam ist, sei es trotzdem
wichtig, manchmal einfach etwas auszu-
probieren. „Probieren ist besser als Stu-
dieren – dieser Spruch trifft auch im Ge-
schäftsleben hin und wieder zu“, erklärt
der Vorstandsvorsitzende. Das gilt nicht
nur bei den Getränken sondern auch für
andere Produkte. Seit Dezember werden
gemeinsam mit dem Wiener Start-up
gezapft.at kleine Zapfanlagen mit acht
Liter Fassungsvermögen angeboten, die
Kunden nach ihrer Feier einfach wieder
abholen lassen können. Auch für Gastro-
nomen könnten die Anlagen interessant
sein – nämlich für Spezialitätenbiere, die
weniger stark getrunken werden. „Wenn
man da Marktforschung betreibt, werden
einige Ergebnisse darauf hindeuten, dass
acht Liter zu klein sind, andere wieder,
dass acht Liter genau perfekt sind. Man
weiß es eben nicht genau. Unser Zugang
war: Wir probieren es aus und sehen, ob
es funktioniert“, sagt Setnes. Derzeit
deutet es darauf hin – in den ersten Wo-
chen wurden Tausende dieser Zapfan-
lagen ausgeliefert. Auch am Bartisch in
Setnes Büro steht so ein Prototyp – aller-
dings „nur zur Show“.
Ein Getränk, das Gräben
überwinden lässt
Kürzlich schockte eine Nachricht aus
den USA Bierliebhaber weltweit. Durch
den Klimawandel könnten sich die
Bierkosten langfristig massiv erhöhen,
berichtete ein Forschungsteam der Uni-
versity of California. Der Grund: Hop-
fen, Weizen und Gerste leiden an der
zunehmenden Hitze. Tatsächlich fiel der
Ernteertrag auch in Österreich im ver-
gangenen Jahr laut Agrarmarkt Austria
um zehn Prozent geringer als sonst aus.
Die Strategie der Brau Union Österreich
sind widerstandsfähigere Pflanzensorten.
„Gemeinsam mit anderen Brauereien sit-
zen wir in einem Gerstensortenkomitee,
wo bestimmt wird, wie viel von welcher
Sorte die Bauern anpflanzen sollen“, sagt
Setnes, „so können wir mitsteuern, dass
sich die Ernte auch bei höheren Tem-
peraturen gut entwickelt.“ Jedes Jahr
wird evaluiert, welchen Ertrag eine Sor-
te liefert. Seit einiger Zeit wird – auch
wegen der heißen Sommer – verstärkt