7
Heute bewirbt sich
der Arbeitgeber beim
Arbeitnehmer – die
totale Umkehr dessen,
wie es bisher war.
Gerhard Preslmayer
Geschäftsführer,
SPS Marketing
unternehmerischen Spirit mittragen.
Und dabei entscheiden letztlich die Soft
Facts, ob sich jemand hingezogen und
dazugehörig fühlt.
Welchen Beitrag kann Employer
Branding hier leisten?
PRESLMAYER
_ Es geht nicht darum,
die von der Qualifikation her richtigen,
sondern die zur Unternehmenskultur
passenden Mitarbeiter zu finden. Kern-
aufgabe eines jeden Unternehmens ist
es, Mitarbeiter zu halten und eine ent-
sprechende Beziehung aufzubauen. Es
ist sowohl monetär als auch zeitlich we-
sentlich aufwändiger, neue Mitarbeiter
zu rekrutieren und ins Unternehmen
einzuführen, bis sie den gewünschten
Output bringen.
Woran erkennt man, ob ein Mitar-
beiter zum Unternehmen passt?
PRESLMAYER
_Eine gute Arbeitge-
bermarke hat Ecken und Kanten: Wie
ticken wir, wie ist unsere Haltung, wo-
für steht das Unternehmen. Da wissen
Bewerber und Mitarbeiter, woran sie
sind. Vielleicht verlassen auch einzelne
Mitarbeiter das Unternehmen, weil sie
sagen, das ist nicht mehr meine berufli-
che Heimat. Dafür schafft man Anzie-
hungskraft für andere, die besser zum
Unternehmen passen. Ein gut geführter
und gelebter Employer-Branding-Pro-
zess ist eine der wichtigsten Investitio-
nen in eine gesicherte Firmenzukunft.
Wie findet ein Unternehmen
zu seiner individuellen
Arbeitgebermarke?
PRESLMAYER
_Man muss mit den
Menschen reden, die schon im Unter-
nehmen arbeiten. Das ist nicht mit ei-
nem zweistündigen Meeting der Abtei-
lungsleiter erledigt, sondern es braucht
intensive Gespräche mit unterschied-
lichen Gruppen und Einzelpersonen
von der Produktion bis zur Geschäfts-
führung. Es geht darum, das emotio-
nale Potential zu finden, wo die meis-
ten Mitarbeiter sagen: Genau das ist es,
was mich antreibt! Ein gutes Employer
Branding sollte mit ein oder zwei Sätzen
auskommen, die aber so überspitzt sind,
dass sie das Unternehmen gut charak-
terisieren.
Das klingt nach einem
langwierigen Prozess.
Woran hakt es in der Praxis?
PRESLMAYER
_Am Mut, sich zu et-
was zu bekennen. In der Erarbeitung
und der Definition des Arbeitgeberver-
sprechens ist man noch sehr euphorisch,
aber wenn es darum geht, das nach
innen zu kommunizieren, kommen
Zweifel auf. Trauen wir uns, das so zu
behaupten? Wenn es Ecken und Kan-
ten hat, wird es den einen oder anderen
an- und aufregen. Da muss man in ei-
nen Dialog treten und argumentieren
können. Und im nächsten Schritt muss
es für jeden greifbar und klar sein, was
das für ihn konkret bedeutet. Man soll
nicht einfach nur etwas hinschreiben
und darauf hoffen, dass nichts passiert,
sondern im Gegenteil: Employer Bran-
ding kann und soll die gesamte Organi-
sation verändern.
In welchen Bereichen?
PRESLMAYER
_Viele denken bei Em-
ployer Branding nur an den Recrui-
ting-Prozess, dabei ist das nur einer von
vielen Outputs einer guten Arbeitgeber-
marke. Sie berührt sowohl interne als
auch externe Prozesse: Wie kommuni-
ziere ich mit den Mitarbeitern und nach
außen, wie sieht der Bewerbungsprozess
und das Onboarding aus, wie agiert
und reagiert die Führung? Wenn der
Vorstandsvorsitzende, der Eigentümer
oder der Gründer dieses Thema nicht
transportieren kann, geht der Schuss
nach hinten los. Wie Menschen ein Un-
ternehmen führen und mit den Mitar-
beitern umgehen, ist ein entscheidender
Faktor, ob man dort arbeiten will oder
nicht.
Was kann ein Unternehmen
tun, das keine knackige
Geschichte anzubieten hat?
PRESLMAYER
_Jedes Unternehmen
hat eine spannende Geschichte, und
die gilt es zu finden und zu beschrei-
ben. Es geht darum, sich bewusst zu
machen, was das Unternehmen aus-
macht. Es muss nicht immer diese coole
Start-up-Atmosphäre sein. Manche seh-
nen sich zum Beispiel nach Verlässlich-
keit, Stabilität und Sicherheit, wie sie
ein gewachsenes Familienunternehmen
vermittelt.
Die Unternehmen sollen sich
also möglichst authentisch
präsentieren?
PRESLMAYER
_Man wird relativ
schnell entlarvt, wenn man etwas ver-
spricht, was im Unternehmen gar nicht
vorhanden ist. Mitarbeiter sind nicht
blöd. Die leben von der Emotion, die
sie tagtäglich spüren. Die Arbeitgeber-
marke muss eine Bedeutung haben für
die kleinste Position im Unternehmen,
für die Putzfrau, für den Portier, für
den Außendienstmitarbeiter. Das Ver-
sprechen der Marke muss glaubwürdig
sein und gelebt werden. Dann werden
Mitarbeiter zu Fürsprechern, die das
Unternehmen in ihrem Umfeld positiv
darstellen._