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dem anders. Die politische Diskussion ist
meistens emotionaler. Privat verändert
sich der Alltag dadurch, dass meine Frau
und ich nach Wien ziehen.
Gibt es einen Ratschlag, den Sie Ihrem
Nachfolger auf den Weg mitgeben
würden?
Strugl
_Wir haben den Übergabepro-
zess sehr intensiv angelegt. Das läuft
über Wochen schon sehr strukturiert,
von Ressortbereich zu Ressortbereich.
Die Dinge sind aufbereitet und doku-
mentiert und ich bespreche mit Markus
Achleitner auch alles, was zwischen den
Zeilen steht. Insofern glaube ich sagen zu
können, dass ich nicht nur ein geordne-
tes Ressort übergebe und ein exzellentes
Team hier im Büro, sondern dass wirk-
lich alles sehr gut vorbereitet ist, damit
Achleitner übernehmen kann. Dort, wo
es nötig ist und er mich fragt, gebe ich
gerne einen Rat. Das Einzige, was ich
öffentlich zu ihm sagen würde, ist, dass
er seinen eigenen Weg gehen soll. Denn
wenn man nur in den Fußstapfen des
Vorgängers geht, hinterlässt man kei-
ne eigenen Spuren. Er wird das anders
machen als ich, aber er wird es sehr gut
machen. Alles andere habe ich ihm unter
vier Augen gesagt.
Wenn Sie nicht zum Verbund wech-
seln würden, was hätten Sie dann
gemacht?
Strugl
_Der Wechsel zum Verbund hat
sich jetzt einfach ergeben – eine Chance,
die ich letztendlich nutzen wollte. Es war
immer Teil meiner Lebensplanung, nicht
als Politiker in Pension zu gehen, son-
dern nach der Politik etwas Anderes zu
machen und wieder in die Wirtschaft zu
gehen. Politik war für mich etwas wirk-
lich Großartiges, das ich mit jeder Faser
meines Herzens gerne gemacht habe,
aber es war immer so angelegt, dass ich es
auf Zeit machen will. Es hätte daher auch
ein anderes Unternehmen sein können.
Ich war schon einmal kurz davor, wollte
mich eigentlich damals beim Wechsel auf
Thomas Stelzer um die Nachfolge von
Leo Windtner als Energie AG-General-
direktor bewerben. Als Aufsichtsratsvor-
sitzender der Energie AG, als Energie-
referent in der Regierung, als Obmann
des Energieinstituts an der Uni war das
irgendwie schlüssig. Die Energiebranche
ist da sehr naheliegend. Stelzer hat mich
damals motiviert, in der Landesregierung
weiterzumachen – er meinte, er hätte ger-
ne noch einen Teil gemeinsam gemacht,
und das haben wir dann auch getan. Der
Wechsel zum Verbund hat sich jetzt ein-
fach ergeben.
Stelzers Segen haben Sie also?
Strugl
_Ja, er hat das unterstützt – obwohl
es ihm natürlich genauso recht gewesen
wäre, wenn ich weitergearbeitet hätte.
Glauben Sie, dass Sie künftig mehr
oder weniger Freizeit haben werden?
Strugl
_Also einen Drei-Milliarden-Be-
trieb führt man nicht als Teilzeitjob. Ich
gehe davon aus, dass ich auch dort voll
gefordert bin und meine ganze Kapazität
dort einbringen werde. Allerdings werde
ich weniger fremdbestimmt sein, was die
Termine betrifft – diesbezüglich werde
ich mehr Gestaltungsspielraum haben.
Aber ich werde nicht weniger leisten
müssen. Darüber hinaus ist mehr als die
Hälfte meines Gehaltes leistungsbezogen.
Ich gehe jedenfalls nicht zum Verbund,
um eine ruhige Kugel zu schieben, son-
dern weil es eine neue Herausforderung
ist und weil ich wieder Gas geben will._
Ende 2019 würde ich gerne von mir sagen können_ dass ich in meiner
neuen Aufgabe gut angekommen bin, dass nach einem Jahr dort im
Vorstand bereits meine Handschrift erkennbar ist und dass die Zahlen
stimmen, die wir dann vorlegen.
Ich wünsche mir, dass die Menschen über meine Zeit in der
Landesregierung sagen_dass sehr viel passiert ist und dass
Oberösterreich zurück auf den wirtschaftlichen Erfolgsweg gefunden hat.
Klassik oder Pop?_Beides, aber heute mehr Klassik als früher.
Wirtshaus oder Haubenlokal?_Da hat Oberösterreich in beiden
Kategorien ein hervorragendes Angebot.
Regionalliga oder Champions League?_Lieber Champions League,
die Regionalliga haben wir hinter uns.
Worüber können Sie lachen?_Über einen sehr trockenen Humor.
Manchmal auch über mich selbst.
Und wann vergeht Ihnen das Lachen komplett?_Wenn es in meinem
unmittelbaren persönlichen Umfeld jemandem schlecht geht.
Gibt es eine Innovation, die Sie besonders herbeisehnen?
Egal was._Den Quantencomputer.
von Michael Strugl