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#4 Kritik

 

 

Beim Thema „Asylwerber 

in der Lehre“ sollten sich 

oberösterreichische Poli-

tiker in Wien mehr Gehör 

verschaffen – da komme 

die wienlastige Politik der 

Bundesregierung hervor.

scheid warten. Darum der Entschluss: Eröffnen wir ihnen doch die 

Möglichkeit, zumindest in die Ausbildung zu gehen. Das halte ich 

für sehr klug. Dazu wurde aber auch gesagt, dass dies nur für Leute 

gilt, die aus einem Land kommen, bei dem die Wahrscheinlichkeit 

hoch ist, dass sie bleiben dürfen und demnach einen positiven Asyl-

bescheid bekommen. Das Asylrecht muss jedoch immer vorgehen. 

Wenn sie einen negativen Asylbescheid bekommen, müssen sie 

auch dementsprechend das Land verlassen. Die Bundesregierung 

hat hier für Klarheit gesorgt, was grundsätzlich wichtig ist. Was 

ich jedoch nicht für gescheit halte, ist, dass diejenigen abgelehnten 

Asylwerber, die bereits in einer Lehre sind, jetzt nicht bleiben dür-

fen und nicht die Chance haben, die Lehre fertig zu machen. Dafür 

habe ich eher wenig Verständnis.

#4

 Michael Strugl

Es gibt schon seit ewigen Zeiten Interessenskonflikte zwi-

schen den Gebietskörperschaften, insbesondere zwischen 

dem Bund und den Ländern als auch zwischen den Ländern 

und den Gemeinden. Das ist nicht neu. Das Beispiel der 

Asylwerber, die eine Lehre machen, ist aber ein denkbar 

schlechtes. Warum? Weil es eine Entwicklung ist, die völlig 

daneben läuft. Ich habe mich selbst dafür eingesetzt, dass 

Asylwerber früher in den Arbeitsmarkt integriert werden. Das 

Grundproblem bei dieser Frage sind die zu langen Verfah-

rensdauern. Jeder weiß, wenn man zwei oder drei Jahre nichts 

tun darf, ist es noch viel schwieriger, diese Leute in den 

Arbeitsmarkt zu integrieren. 

Daher der Gedanke: Lassen wir diese Leute doch früher 

arbeiten. Allerdings sind sie in einem Dilemma. Die Firmen 

sagen, wir haben dann jemanden, von dem wir nicht wissen, 

ob er einen Asylbescheid bekommt. Daher haben wir Bleibe-

prognosen und schauen, woher die entsprechenden Personen 

kommen. Ist die Wahrscheinlichkeit, dass jemand Asyl be-

kommt, hoch, bin ich dafür, dass er schon eine Lehre machen 

darf. Ich bin aber nicht dafür, dass Menschen, bei denen man 

schon mit relativ hoher Wahrscheinlichkeit annehmen kann, 

dass sie kein Asyl erhalten, eine Lehre anfangen dürfen. Weil 

sie dann das Problem haben: Wenn ein negativer Bescheid 

kommt, was machen sie dann? Das ist unbefriedigend, 

sowohl für den Asylwerber als auch für die Unternehmen. 

Man sollte dies viel besser im Vorfeld abklären. Insgesamt ist 

es eine sehr schwierige Frage. Es ist ein Spannungsverhältnis, 

das meines Erachtens nur mit schnelleren Verfahren lösbar ist 

und indem ich mir genau überlege, wen ich den Betrieben 

schicke.