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 Michael Strugl

Ich verstehe, dass die Unternehmen hier unzufrieden sind, denn 

Oberösterreich ist das größte Lehrlingsland. Wir hatten immer die 

meisten Lehrlinge, daher ist die Betroffenheit am größten. Wir sind 

jenes Bundesland, welches die Fachkräfte am Produktionsstandort 

am meisten braucht. Wir haben am Arbeitsmarkt eine sehr zwie-

spältige Entwicklung. Auf der einen Seite haben wir immer mehr 

Menschen in Beschäftigung – im August mit 677.000 Menschen 

einen Rekordwert – und mit 33.000 Arbeitslosen eine sinkende 

Arbeitslosigkeit. Auf der anderen Seite gibt es aber auch 20.000 

offene Stellen und über 500 offene Lehrstellen. Damit sind wir 

beim Fachkräftemangel angelangt. Dieser ist einerseits demogra-

phisch getrieben. Wir haben genau in der Schnittstelle zwischen 

Weiterführung der Schule oder dem Beginn einer Lehre im Alter 

von 15 Jahren ein paar tausend Menschen weniger in der Grundge-

samtheit. Man kann an zwei Schrauben drehen: Entweder aus der 

bestehenden Erwerbsbevölkerung mehr Fachkräfte rekrutieren oder 

auf qualifizierte Zuwanderung setzen.

Es gibt fünf Gruppen, aus denen wir 

Fachkräfte rekrutieren können.

1. Junge Menschen

_Hier gibt es das große Problem, dass die duale 

Ausbildung mit den weiterführenden Schulen in Konkurrenz steht: 

Es ist recht einfach, in eine weiterführende Schule zu gehen, und 

das führt dazu, dass sich weniger Leute für eine duale Ausbildung 

entscheiden. Wir haben zwar steigende Lehrlingszahlen, diese 

bringen aber oft nicht die erforderliche Qualität mit. Die Selektion 

geht dahin, dass nur diejenigen, die sich in der Schule schwertun, 

eine Lehre beginnen. Das ist nicht das, was wir wollen, die Lehre 

ist eine erstklassige Ausbildung mit hervorragenden Karrieremög-

lichkeiten.

2. Frauen_

Jede Hebung der Frauenerwerbsquote ist in der Fach-

kräftedebatte hilfreich.

3. Migranten

_Diese sind gerade in der Lehre unterrepräsentiert.

4. Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen

_Diese stün-

den dem Arbeitsmarkt sehr wohl noch zur Verfügung.

5. Ältere Mitarbeiter

_Deren Potential wird unterschätzt. 

Die zweite Möglichkeit, um Fachkräfte zu rekrutieren, ist die qua-

lifizierte Zuwanderung. Das sage ich schon, seit ich in der Landes-

regierung bin, mittlerweile glaube ich, dass sich diese Ansicht auch 

durchgesetzt hat. Ob man immer die richtigen Instrumente dafür 

einsetzt, ist aber eine andere Frage.

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