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dabei, denn wir sind gerne in Österreich 
und mir hat meine Arbeit bei Feuerstein 
sehr viel Spaß und Freude gemacht. Aber 
meine Position in Vietnam ist ein weiterer 
Aufstieg in Bezug auf meine Verantwor-
tung und es hat auch zur Lebensplanung 
meiner Frau und mir gepasst.“ Das Um-
feld reagierte positiv – die Familie habe 
sich gleich bereit erklärt, sich um das neu 
gebaute Haus zu kümmern. 

Anfängliche 

Verständigungsschwierigkeiten
Ein Dreivierteljahr vor dem Jobwechsel 
ins Ausland gab es bei Delfort die ersten 
Gespräche mit Kinast. Dazu Rainer Dob-
ringer, Head of Corporate HR bei Delfort: 

„Da tauchen dann plötzlich viele Themen 

wie Versicherungen oder Steuern auf, 
und diese versuchen wir von Anfang an 
den Mitarbeitern abzunehmen, damit 

sich diese aufs Arbeiten konzentrieren 
können.“ Die Unternehmensgruppe hat 
mit weltweit sechs Papierfabriken, vier 
Druckereien und sechs Sales-Offices 
reichlich Erfahrung mit Expats. Aktuell 
arbeiten 20 Mitarbeiter der Gruppe au-
ßerhalb ihres Heimatlandes. Die Suche 
sei nicht leicht, „hat bisher aber immer 
gut funktioniert“, sagt Dobringer. Zur 
Vorbereitung werden interkulturelle Trai-
nings und als Entscheidungshilfe eine 
Orientierungsreise angeboten: „Bei ei-
nem Look-and-See-Trip können unsere 
Mitarbeiter ihren zukünftigen Arbeits-
platz und Wohnort kennenlernen.“ Für 
Kinast war dieser Trip sehr wichtig, „um 
einen gewissen Überblick zu bekommen, 
auf was man sich da einlässt“: „Ich habe 
beim Look-and-See-Trip einen guten 
Eindruck vom Umfeld vor Ort bekom-
men.“ 

Und eingelassen habe er sich auf alle 
Fälle auf eine „ganz andere Kultur“: Die 
Vietnamesen haben eine strenge hierar-
chische Kultur und das merkt man auch 
im privaten Leben. Im Berufsleben zeigt 
sich die Hierarchie etwa bei Firmenfeiern, 

wo sich der Portier oder Chauffeur mit 
den Abteilungsleitern nicht unterhalten 
würde. Dass das asiatische Land anders 
ist, erlebe man etwa auch im Straßen-
verkehr: Der Verkehr ist chaotisch, Ver-
kehrsregeln werden oft missachtet. Es 
gibt viele Mopeds, die kreuz und quer 
fahren und einem auch am Gehsteig ent-
gegenkommen. 

Hohe Loyalität gegenüber 

Arbeitgebern
Neben dem Verkehr ist für Kinast in Viet-
nam der extreme Unterschied zwischen 
Arm und Reich auffällig: „In der Stadt 
sieht man Blechhütten neben Palästen, 
uralte Mopeds neben Ferraris.“ Kinast 
lebt in Ho-Chi-Minh-City, der größten 
Stadt und gleichzeitig dem wirtschaftli-
chen Zentrum Vietnams: „Dort versucht 
man, eine westliche Metropole in einem 
asiatischen Land zu sein und dement-
sprechend ist alles verfügbar was wir 
brauchen.“ Trotz allem genießt Kinast 
nach ein paar Monaten in Asien wieder 
einen österreichischen Aufenthalt. 

Im beruflichen Arbeitsalltag musste 
Kinast sich erst einmal an das „vietna-
mesische Englisch“ gewöhnen: „Am 
Anfang versteht man wenig, aber man 
gewöhnt sich daran und bis zur Ebene 
der Schichtleiter können alle Mitarbeiter 
gut Englisch.“ Bei der Führung versuche 
man den österreichischen Teamspirit ins 
Unternehmen zu bekommen. Die Vietna-
mesen würden das durchaus begrüßen 
und daher sehr gerne in europäisch ge-
führten Unternehmen arbeiten. „Unsere 
Mitarbeiter zeigen große Begeisterung 
und sind motiviert, zu lernen", sagt Kinast. 
Das Team sei sehr jung und zeige hohes 
Engagement, sich weiterzuentwickeln. 

„Wir verspüren eine hohe Loyalität der Mit-

arbeiter gegenüber dem Unternehmen."   

Kontakt zum Unternehmen halten 

Als eine erste Bilanz nach rund einjähri-
gem Aufenthalt sagt Kinast: „Wenn man 

mehrere Kulturen kennenlernt, profitiert 
man extrem von deren Vielfalt." 

Als einen wichtigen Punkt für Expats be-
zeichnet Kinast die Aufgabe, den Kontakt 
zum Unternehmen zu halten. „Der per-
sönliche Kontakt zu meinen Kollegen 
im Headquarter beziehungsweise an 
den anderen Standorten ist unerlässlich, 
um immer up-to-date zu bleiben“, sagt 
Kinast und gibt das Interview deswegen 
auch am ersten Tag seines zweiwöchigen 
Heimaturlaubs am Firmensitz in Traun. 
Denn er nutzt den Heimaturlaub auch 
gleichzeitig für ein Meeting mit den Vor-
ständen. Von Seiten des Unternehmens 

werden die Manager aus allen Standor-
ten mehrmals im Jahr zu Meetings an 
den Firmensitz eingeladen. 

Planung der Rückkehr
Delfort plant die Rückkehr seiner Expats 
rund ein Jahr davor und klärt dabei die 
Möglichkeiten der künftigen Tätigkeit im 
Heimatland. Für Kinast war die Zukunft 
im Unternehmen nach seiner Rückkehr 

aus dem Ausland ein wesentliches Ent-
scheidungskriterium überhaupt nach Vi-
etnam zu gehen: „Ich habe das Vertrauen 
und weiß, dass sich bei uns im Unter-
nehmen ständig Möglichkeiten ergeben  

– das gibt mir die Sicherheit, mich richtig 

entschieden zu haben."

„Wenn man in einem 

internationalen Konzern 

Karriere machen will, dann 

ist ein Auslandsaufenthalt 

zu erwarten.“

Hannes Kinast

Expat in Vietnam