72

Der kanadische Dollar-Kurs mache In-
vestitionen aktuell recht attraktiv. Das 
im September 2017 in Kraft getretene 
Freihandelsabkommen Ceta beschert 
den heimischen Firmen die Zollfreiheit 
für industrielle Produkte und fast alle 
Nahrungsmittel sowie einen verein-
fachten Marktzugang. „Einen Partner in 
Übersee zu haben, dessen Markt sich 
praktisch zollfrei für einen erschließt und 
der gleichzeitig mit den USA und Mexiko 
verbunden ist – das ist eine Konstellation, 
die nur ganz wenige bis gar keine Märkte 
vorweisen können“, sagt Lassnig. Kana-
da und die EU haben sich dazu verpflich-
tet, den jeweiligen Markt für den anderen 
so gut es geht zu öffnen.

Besondere Chancen sieht Lassning für 
Firmen in den Bereichen Klima- und 
Umweltschutz, erneuerbare Energien 
und öffentlicher Verkehr. Die Regierung 
investiert massiv in die Infrastruktur. 
Die Kanadier würden den Klimawandel 
relativ stark spüren und bei diesen The-
men europäischer als ihre südlichen 
Nachbarn denken. 123 österreichische 
Unternehmen haben bereits eine Nie-
derlassung in Kanada, vierzehn davon 
einen Produktionsbetrieb. Im Jahr 2016 
exportierte Österreich Waren im Wert von 
knapp einer Milliarde Euro nach Kanada. 
In den vergangenen zwei Jahren inves-
tierten einige heimische Firmen in Kana-
da stark – darunter auch Starlim-Sterner. 
Der laut eigenen Angaben weltweit größ-
te Verarbeiter von Flüssigsilikon vergrö-
ßert sein Produktionswerk elf Jahre nach 
der Eröffnung bis zum Herbst 2018 um 
das Zweieinhalbfache.

Einwanderer aus über 200 Ländern

Das Unternehmen mit Sitz in Marchtrenk 
erwirtschaftet mit weltweit fünf Produk-
tionsstandorten 167 Millionen Euro. Die 

KANADA

Automobilindustrie ist der größte Abneh-
mer, in Kanada wird zu rund 60 Prozent 

für den Life Science-Bereich produziert. 

„Wir beliefern große Medizintechnikun-

ternehmen. Unsere Auftragsbücher sind 
voll“, sagt Marketing- und Vertriebsleiter 
Karl Großalber. Einer der Hauptgründe 
für Kanada als Produktionsstandort war 
das gut ausgebildete Personal – und 
Starlim-Sterner sei diesbezüglich auch 
nicht enttäuscht worden. Einzig die in 
Österreich durch die Lehre breit ausge-
bildeten Facharbeiter vermisse man. 

Kanada ist mit Einwanderern aus über 
200 Ländern eines der offensten und 
kulturell vielfältigsten Länder. Im Unter-
schied zu den Mitteleuropäern seien die 
Kanadier laut Lassnig geduldiger und 
freundlicher. Auch Großalber erlebt die 
Kanadier als sehr weltoffen, man müsse 
aber gewisse Kulturunterschiede akzep-
tieren, die man den Leuten im Unter-
schied zum asiatischen Raum etwa nicht 
gleich ansieht: „Die Kultur ist mehr ame-
rikanisch als europäisch.“ Ausländische 
Investoren müssten laut Lassnig mit kei-
nen Problemen rechnen: Es gebe keine 
langen Behördenwege. Die Kanadier sei-
en offen für Geschäfte, würden schnelle, 
klare Entscheidungen treffen. „Da muss 
man nicht monatelang Klinken putzen.“ 
Mit Englisch und Französisch gibt es 
zwei Amtssprachen: „Mit Englisch allei-
ne kann man den Markt nicht erobern.“ 
Großalber nennt als anfängliche Heraus-
forderung das Erstellen von detaillierte-
ren Aufzeichnungen: „Man muss alles 
bis ins Kleinste dokumentieren, Selbst-
verständlichkeiten gibt es dort nicht. Das 
mussten wir erst lernen.“ Schlussendlich 
hat Starlim-Sterner aber davon profitiert, 
weil die genauen Aufzeichnungen für das 
Werk in Österreich übernommen werden 
konnten und man sich damit jetzt etwa 
bei Mitarbeitereinschulungen leichter tue.

Als amerikanisch mit einem Hauch europäischer Lebensart bezeichnet Christian 

Lassnig, Wirtschaftsdelegierter in Toronto, den kanadischen Unternehmergeist und 
ruft Firmen dazu auf, sich das zweitgrößte Land der Erde genau jetzt anzuschauen. 
Die kanadische Wirtschaft wächst wieder – mit 2,6 Prozent sogar überdurchnittlich.

„In Kanada muss man

 

alles bis ins Kl

einste 

dokumentieren,

 

Selbstverständ-

lichkeiten gibt es

 

dort nicht.“

Karl Großalber

Marketing- und V

ertriebsleiter,

 

Starlim-Sterner