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Warum Mode aus Stoffresten stylisch und nachhaltig ist und was
bei einem Experiment mit einem Colastrauch im Mühlviertel
alles herauskommen kann? Wir haben wieder
spannende
Gründerideen unter die Lupe genommen.
VON VEREDELTEN STOFFRESTEN
UND EINEM MÜHLVIERTLER COLA
GRÜNDERGEIST
START-UP PROJEKTE
Schuller, um etwaige Missverständnisse
aus dem Weg zu räumen, „der Name ist
wohl überlegt. Das „aut“ steht für den ös-
terreichischen Bezug und die Wortendung
„rei“ für Handgemachtes, wie es auch in
Fleischerei oder Tischlerei vorkommt.“
Denn das steht bei der Autfitterei im Mit-
telpunkt: bereits vorhandene Ressourcen
neu und innovativ zu nutzen. Dafür haben
sich die beiden Gründerinnen, Hannah
und ihre Zwillingsschwester Lucia, vor
zwei Jahren auf die Produktveredelung
spezialisiert und Unternehmen gesucht,
die mit nachhaltigen Rohstoffen arbei-
ten. Nach dem Motto „ethisch fair, um-
weltfreundlich und einzigartig“ soll der
Begriff Öko-Mode neu definiert werden:
Man möchte „öko“ sein, aber nicht „öko“
aussehen, gute Qualität zu leistbaren
Preisen bieten und stiltechnisch im Trend
der Zeit liegen, aber trotzdem einzigartig
sein. Wie kann das gelingen? „Im Prinzip
machen wir Resteverwertung nach dem
Zero-Waste-Prinzip. Denn der Ausschuss,
den die Unternehmen nicht mehr verkau-
fen, ist qualitativ ja nicht schlecht und wir
machen ein neues Produkt daraus. Den
Grundschnitt der Kleidungsstücke bezie-
hen wir von nachhaltig arbeitenden Unter-
nehmen, ich designe diese dann im Autfit-
terei-Stil, verändere, färbe und bedrucke
sie. Herauskommt ein fairer und nach-
haltiger Street-Style, bei dem die Produk-
tion nicht nur am Körper passt, sondern
auch in der Rohstoffverwendung“, erklärt
Schuller das Geschäftsprinzip.
Von der Fast- zur Slow-Fashion
Aus diesem Grund sei man in der Lage, die
mittlerweile etwa 60 Produkte vom T-Shirt
über den Pullover hin zu Turban-Stirnbän-
dern zu vergleichsweise niedrigen Preisen
anzubieten. Das sei den Gründerinnen ein
persönliches Anliegen: „Leistbar und fair
heißt für uns, dem Konsumenten nachvoll-
ziehbar erklären zu können, wie die 38,90
Euro für ein T-Shirt zustande kommen. Wir
wollen nicht, dass die Leute ohne Verstand
einkaufen, sondern auch über das Rundhe-
rum nachdenken.“ Zudem ist das Angebot
der Nachfrage angepasst und folgt somit
im kleinen Unternehmensrahmen einem
REDAKTION_SEBASTIAN LUGER, VALENTIN LISCHKA
FOTOGRAFIE_AUTFITTEREI, PEDACOLA: FLORA DELLER, WALTER DEDL
ILLUSTRATION_ALEXANDRA AUBÖCK
ökonomischen Grundsatz – der effektiven
Nachfrage des britischen Ökonomen John
Maynard Keynes –, bei der die Produktion
und somit das „Autfitterei“-Angebot durch
die auftretende aggregierte Nachfrage
bestimmt wird. „Dadurch haben wir kei-
ne Überproduktion“, so Schuller. Dass die
Herstellung – wenn auch an die Nachfra-
ge angepasst – durch die Qualität und die
Handveredelung teurer ist als konventio-
nelle Massenware, liegt auf der Hand. Hat
man dafür die passende Zielgruppe? „Ja,
auf jeden Fall. Wir wollten im ersten Jahr
unsere Zielgruppe der Generation Y und
Z davon überzeugen, von Fast- auf Slow-
Fashion umzusteigen und wir sahen, dass
das sehr gut ankommt. Der erste Proof of
Concept ist damit gelungen.“
Damit es nicht nur beim erfolgreichen An-
fang bleibt, verfolgt man ehrgeizige Ziele,
darunter auch welche, die im ersten Mo-
ment etwas widersprüchlich klingen. So
sind nicht nur ein eigener Pop-up-Store (ei-
ner, der nur für kurze Zeit an einem Stand-
ort verfügbar ist), der Verkauf auf nachhal-
tigen, österreichischen Online-Plattformen
und Kooperationen mit lokalen Geschäften
in Planung, sondern auch die Verlagerung
der Produktion nach Indien. Wie passt das
mit einer fairen und nachhaltigen Produk-
tion zusammen? „In Indien wird es eine zu-
sätzliche Produktionsstätte für die Erwei-
terung der Produktpalette geben. Das war
eine schwere ethische Entscheidung, weil
die Arbeit dort oft nicht nachhaltig ist.“ Ge-
nau das wolle man ändern, indem man die
Zuliefererketten so kurz wie möglich halte
und nur einen Standort sowie einen loka-
len, zertifizierten Partner habe. Man wolle
zudem darauf achten, nicht bei der Quali-
tät, den Produktionsbedingungen und den
Mitarbeiterverhältnissen zu sparen. Auch
beim Versand wolle man sich zurückhalten.
„Man muss hier sehr kritisch und ordent-
lich sein, sonst geht das für uns nicht. Wir
haben eine Produktionsstätte gefunden,
die nach unseren Vorstellungen arbeitet
und entwickelt. Wir wollen dadurch zur
Umverteilung von Wohlstand und Entwick-
lungschancen in benachteiligten Regionen
beitragen.“
„Wir wollen nicht,
dass die Leute ohne
Verstand einkauf
en,
sondern auch über
das Rundherum
nachdenken.“
Hannah und
Lucia Schuller
Geschäftsführ
erinnen,
Autfitterei
„Als meine Schwester Lucia und ich
nachforschten, wie die Kleidungsstü-
cke hergestellt werden, die wir beim
Shoppen günstig ergattert haben, ist
uns der Einkaufsspaß vergangen“, sagt
die Grazerin Hannah Schuller. Mit der
„Autfitterei“ wollen die Zwillingsschwes-
tern nun eine nachhaltige und trotzdem
stylische Mode-Alternative anbieten.
„Und nein, wir sind nicht Outfittery und ha-
ben auch nicht vor, das zu kopieren“, sagt