138
ÖSTERREICHISCHE BOTSCHAFTER
hörten damals zu einer gutbürgerlich
hauswirtschaftlichen Ausbildung junger
Damen. Ein Braukessel als Mitgift run-
dete eine gute Partie ab“, erzählt Christa
Kummer, die sich als erste österreichi-
sche Bierbotschafterin besonders dafür
interessiert hat, welche Rolle Frauen
früher beim Bierbrauen gespielt haben.
„Die Brauhäuser gehörten den Frau-
en und das selbstgebraute Bier wur-
de unter den Damen natürlich auch
verkostet – in den eigenen vier Wänden
oder in Lokalen, die nur für Frauen zu-
gelassen waren. Fröhliche ‚Bierkränz-
chen‘ also, die erst später von den eher
langweiligen Kaffeekränzchen abgelöst
wurden.“ Die Äbtissin Hildegard von Bin-
gen (1098–1179) war sogar die Erste, die
sich wissenschaftlich mit der Wirkung
des Hopfens im Bier auf den menschli-
chen Organismus beschäftigte.
Heute kursiert die Meinung, dass
Bierbrauen und –trinken vorwiegend
Männersache sei. Ein Vorurteil, mit
dem Kummer auch nach ihrer Zeit als
Bierbotschafterin aufräumen will. „Es
REDAKTION_MICHAELA ALBRRECHT
FOTOGRAFIE_WOLFGANG VOGLHUBER
ILLUSTRATION_ALEXANDRA AUBÖCK, THINKSTOCK
„Ich fühle mich geehrt, die vielen Aspekte
der österreichischen Bierkultur entde-
cken und weitergeben zu können“, sagt
Helmut Mödlhammer, als er auf der Wie-
ner Wiesn vor rund 150 Gästen zum Bier-
botschafter 2017 ernannt wird. Der be-
kennende Bierliebhaber übernimmt damit
das Zepter von Hydrogeologin und Klima-
tologin Christa Kummer sowie Genetiker
Markus Hengstschläger, die das „Amt“ im
Vorjahr innehatten. Damals wurden zum
ersten Mal Bierbotschafter ernannt – eine
Tradition, die nun jährlich fortgesetzt wer-
den soll. „Ich bin stolz, die erste offizielle
Bierbotschafterin in Österreich gewesen
zu sein, freue mich aber auch, diese Auf-
gabe an jemanden mit viel Sinn und Lei-
denschaft für das Thema Bier weiterzuge-
ben“, sagt Kummer bei der Übergabe des
Titels an ihren Nachfolger.
Doch woraus besteht diese Aufgabe eigent-
lich genau? „Unsere Bierbotschafter brin-
gen mit ihrem Wissen und ihrer Faszinati-
on für Bier ein gutes Stück Bierkultur unter
die Leute“, sagt Brau Union Österreich
Generaldirektor Markus Liebl. „Aus un-
Nein, nicht etwa Diplomaten. Mit einem Auftrag hat es aber schon etwas zu tun, erteilt von der Brau
Union Österreich. Und es ist auch eine Auszeichnung – von Persönlichkeiten, die sich besonders
für
die österreichische Bierkultur einsetzen: Helmut Mödlhammer, der bis 2017 Präsident des
österreichischen Gemeindebundes war, ist neuer Bierbotschafter und damit Nachfolger von Christa
Kummer und Markus Hengstschläger. Ein Einblick in die Aufgaben eines Botschafters, die Geschichte des
Bierbrauens und den heimischen Bierkonsum.
serem traditionellen Bierkulturbericht
wissen wir, dass hierzulande Bier im
Vergleich zu den meisten anderen Län-
der in Europa einen besonders hohen
Stellenwert hat. Das haben wir gerade
in den vergangenen Jahren bemerkt und
uns deshalb als Ziel gesetzt, Österreich
zum Land mit der besten Bierkultur Eu-
ropas zu machen.“ Künftig will dazu auch
Mödlhammer ein Stück beitragen.
Der ehemalige Gemeindebund-Präsident
schätze vor allem die außergewöhnli-
chen Biersorten und exklusiven Speziali-
täten, die immer mehr Anhänger finden
würden – „wie etwa die Bock-Biere, die im
Herbst und Winter frisch angestochen wer-
den, oder auch alte Sorten, die wieder neu
entdeckt werden. Spannend finde ich auch
die unterschiedlichen Braumethoden.“
Bierbrauen war
Frauensache
Apropos Braumethoden. Damit habe
man sich schon im frühen Mittelalter
auseinandergesetzt, und zwar vorwie-
gend die Frauen. „Braukenntnisse ge-