13

„In der Herzchirurgie hat sich 

extrem viel getan. Wenn man 

zwanzig Jahre zurückblickt, 

dann war das eine komplette 

Revolution.“

ANDREAS ZIERER

HERZCHIRURG AM KLINIKUM WELS-

GRIESKIRCHEN UND PROFESSOR AN 

DER MEDIZINISCHEN FAKULTÄT LINZ

als 20 Minuten bis zu einer halben Stun-
de anhält, dann sollte man sich bereits 
bei einem Arzt melden. 

ZIERER_Es gibt verschiedene Möglich-
keiten, woran man beim Herzinfarkt 
sterben kann. Das Gefährliche sind die 
Rhythmusstörungen – das Herz schlägt 
nicht mehr regelmäßig, es kommt zum 
Kammerflimmern und dann wird das 
Blut nicht mehr normal ausgeworfen. 
Man fällt mehr oder weniger tot um. 
Wenn das jemandem in Ihrer Nähe pas-
siert, dann sollten Sie sofort den Notarzt 
rufen und so gut es geht mit der Reani-
mation beginnen. 

BINDER_Das Wichtigste ist, dass die Pa-
tienten rechtzeitig ins Krankenhaus kom-
men. Viele warten noch zu lange, spüren 
schon die Symptome eines Herzinfarktes, 
aber manchmal dauert es Stunden oder 
gar Tage bis sich der Patient beim Arzt 
meldet. Da verstreicht sehr viel wertvol-
le Zeit, wo es dann zu einer Herzmus-
kelschädigung kommen kann. Ungefähr 
jeder Zweite, der einen Herzinfarkt hat, 

erreicht das Spital nicht lebend. Von de-
nen aber, die das Krankenhaus lebend 
erreichen, überleben 95 Prozent. 

ZIERER_Besser also, einmal zu oft als 
einmal zu wenig den Notarzt kontaktieren. 

Gibt es schon frühere Warnzeichen 

für einen Herzinfarkt? 

ZIERER_Interessant ist, dass Patienten 
bei Untersuchungen beim praktischen 
Arzt oder beim Kardiologen angeben, 
es sei eigentlich alles in Ordnung. Beim 
genaueren Fragen lässt sich aber erken-
nen, dass sie keine Beschwerden haben, 
weil sie sich von Jahr zu Jahr weniger 
bewegen, um der Atemnot oder den 
Brustschmerzen auszuweichen. Manch-
mal erzählen dann auch die Angehö-
rigen, dass der Patient kein Stockwerk 
mehr hochlaufen könne, ohne zweimal 
stehenzubleiben. Man reduziert sozu-
sagen die Aktivität, um Beschwerden zu 
vermeiden und bemerkt dann gar nicht 
mehr, dass diese aber sehr wohl vor-
handen sind. 

Was kann die Medizin heute für 

herzkranke Menschen tun, was vor 

zehn, zwanzig Jahren noch nicht 

möglich war?

ZIERER_In der Herzchirurgie hat sich 
extrem viel getan. Wenn man zwan-

zig Jahre zurückblickt, dann war das 
eine komplette Revolution, da ist kein 
Stein mehr auf dem anderen geblieben. 
Selbst in den letzten zehn Jahren ist viel 
passiert. Zum einen sind heute Eingrif-

fe möglich, die man sich damals noch 
gar nicht vorstellen konnte. Es gibt fast 
nichts mehr im Bereich des Herzens, 
das man nicht operieren kann. Und zum 
anderen werden viele Eingriffe, die auch 
früher schon möglich waren, heute über 

einen kleinen Schnitt oder 3D-endosko-
pisch am Bildschirm anstatt mit großem 
Schnitt und Herz-Lungen-Maschine ge-
macht. 

Das Risiko dieser Operationen 
ist heute also kleiner?

ZIERER_Viel schonender, genau. Die 
Schnitte sind wesentlich kleiner ge-
worden und es gibt viel mehr Eingrif-
fe, die man am schlagenden Herzen 
ohne Herz-Lungenmaschine durchfüh-
ren kann – damit wurde das Risiko für 
Komplikationen drastisch reduziert. Vor 

zwanzig Jahren lag das Sterblichkeits-
risiko bei einer Herzoperation noch bei 
zehn bis fünfzehn Prozent. Jetzt bei un-
ter einem Prozent. 

Vor allem ältere Menschen sind von 

Herzkrankheiten betroffen, durch die 
demografische Entwicklung wird es 
immer mehr ältere Personen geben. 
Herzchirurg ist wohl ein verdammt 
sicherer Job.

ZIERER_ Herzkrankheiten werden mehr, 
weil – wie Sie sagen – die Gesamtbe-
völkerung ja immer älter wird. Vor zehn 

Jahren gab es kaum Patienten in der 

Herzchirurgie, die über achtzig Jahre alt 
waren, das war die absolute Ausnahme, 
mittlerweile sind bis zu zwanzig Prozent 
der Patienten älter als achtzig.