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Das Sprichwort „Vorbereitung ist
das halbe Leben“ trifft auch auf den
Bereich Krisenkommunikation zu.
Panholzer und Prizovsky empfehlen die
Vorbereitung mit Guidelines, wo defi-
niert wird, was im Ernstfall von wem zu
tun ist: „Dann ist man im Ernstfall nicht
auf sein Bauchgefühl angewiesen." Viele
Krisenthemen seien vorbereitbar. Kirch-
mayr hatte vor Erstellung der Facebook-
Seite für die TGW Group „Respekt vor
möglichen Shitstorms“ und daher an-
fangs auch eine Agentur fürs Monitoring
beauftragt.
Wenn die Krise einmal da ist, rät Lin-
dinger zu einer klaren, offenen und
sachlichen Kommunikation: „Hilfreich
ist ein Zielgruppendenken: Welche Re-
aktion erwartet sich ein Geschädigter
von mir?“ Firmen sollten laut Professor
Wührer die Emotionen aus der Kommu-
nikation rausnehmen, keine Reue und
Zerknirschung zeigen, sondern rein auf
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Dann war
die Krise auch
schon da.
der sachlichen Ebene argumentieren.
Bei guter Krisenkommunikation geht
das Unternehmen daraus sogar ge-
stärkt hervor, weiß Lindinger: „Kunden
schätzen es, wenn sie wissen, dass sie
von einem Unternehmen verstanden
werden und nicht auf dem Schaden sit-
zenbleiben.“ Prizovsky ergänzt: „Jedes
Unternehmen sollte seinen Kommuni-
kationswert wie einen Aktienkurs be-
trachten.“ Wenn man seinen Kurs pflegt,
indem man in gewisser Regelmäßigkeit
der Öffentlichkeit Themen präsentiert,
hat der Kurs eine stabile Entwicklung.
Das verhinderte nicht, dass der Kurs bei
einer Krise abstürzt, aber er stürzt auf
ein anderes Level ab und man kann ihn
wieder rascher nach oben bringen. Pri-
zovsky wünscht sich, dass Journalisten
Dinge von Unternehmen kritisch hin-
terfragen, um sich ein ordentliches Bild
machen zu können und dieses auch mit
Nachdruck vertreten können: „Wenn ich
sauber kommuniziere, dann brauche ich
davor keine Angst zu haben.“
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Der richtige
Zeitpunkt.
Panholzer und Prizovsky nennen als
drei No-Gos der Unternehmenskommu-
nikation nach außen zu spät, gar nicht
oder die Unwahrheit zu kommunizie-
ren.
„Einer der größten Fehler ist, dass Leute
glauben, sie können nicht kommunizie-
ren – aber egal, was sie machen und auch
wenn sie nichts sagen, sie geben damit
ein Zeichen“, spricht Prizovsky aus Erfah-
rung. Er muss in schwierigen Situationen
oft Überzeugungsarbeit leisten, dass es
klüger ist, die Dinge anzusprechen und
nicht anderen die Interpretation zu über-
lassen. Panholzer ergänzt: „Zu diesem
Zeitpunkt hat man noch Mitgestaltungs-
möglichkeiten, in der Not ist man dann
der Getriebene.“ Generell gelte: „Selbst
gestalten oder es passieren lassen.“ In
Zeiten von Social Media erwarten User
einen permanenten Dialog. Für ein Un-
ternehmen seien Rund-um-die-Uhr-Re-
aktionen aber kaum machbar und auch
nicht notwendig: „Es genügt, wenn sich
der Dialogpartner darauf verlassen kann,
dass er regelmäßig Informationen und
innerhalb eines angemessenen Zeitrah-
mens Antworten bekommt.“
Die No-Gos klingen banal, in krisenhaften
Situationen sei es aber menschlich und
psychologisch einfach zu erklären, dass
man nicht in der Öffentlichkeit Stellung
beziehen möchte, sondern erstmal hoffe,
unerkannt durchtauchen zu können. Au-
ßenstehende erkennen die Warnzeichen
für eine potentielle Kommunikations-
krise schneller als darin Involvierte. Die
Unwahrheit kommunizieren kann auch
bedeuten, etwas wegzulassen und nicht
vollständig zu kommunizieren: „Das hält
aber aus unserer Erfahrung überhaupt
nie, das ist nur eine Frage der Zeit, bis es
aufgedeckt wird, und dann verliert man
das wichtigste Gut im Kommunikations-
prozess: die Glaubwürdigkeit.“
In der täglichen Kommunikation fordert
Lindinger Durchhaltevermögen: „Mar-
keting lebt immer im Spannungsfeld
zwischen Kontinuität und Aktualität.“
Kommunikation braucht eine gewisse
Lebhaftigkeit und Aktualität, dabei wür-
den Unternehmen aber teils den Fehler
machen, dass sie Botschaften den Kun-
den nicht oft genug und nicht lang genug
vermitteln und diese somit kein klares
Markenbild bekommen. Im Unterneh-
men ist man täglich mit denselben Kom-
munikationsthemen und Sujets konfron-
tiert – der Kunde am anderen Ende der
Leitung sieht die Messages aber deutlich
seltener.
„Die Frage ist: Gestalte ich
die Kommunikation meines
Unternehmens oder lasse
ich sie gestalten?“
Nina Panholzer
Geschäftsführende
Gesellschafterin,
Prizovsky & Partner
„Jedes Unternehmen
sollte seinen
Kommunikationswert
wie einen Aktienkurs
betrachten.“
Othmar Prizovsky
Geschäftsführender Gesellschafter,
Prizovsky & Partner