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REDAKTION_SUSANNA WURM
KREATIV DIREKTION_ALEXANDRA AUBÖCK
FOTOGRAFIE_MARIO RIENER
ILLUSTRATION_ALEXANDRA AUBÖCK,
JASMIN TANZER, SIMON BERGSMANN
Geschäftsmodelle werden in Frage
gestellt, Arbeitswelten völlig neu ge-
staltet, Vertriebs- und Kommunika-
tionswege verlassen, um Wege ein-
zuschlagen, die es vorher noch nicht
gab. In der Wirtschaft verändert die
Digitalisierung gerade alles. Doch was
macht sie eigentlich mit der Politik
und ihrer Art, mit dem Volk zu kom-
munizieren? Während man längst da-
rüber nachdenkt, wie und ob künstli-
che Intelligenz vielleicht bald die Welt
regiert, setzen Politiker ihre Arbeit fort
wie eh und je. Oder doch nicht? Wir
fragen Wolfgang Hattmannsdorfer. Er
ist Landesgeschäftsführer der Oberös-
terreichischen Volkspartei, Landtags-
abgeordneter und Experte für Politik-
kommunikation.
Die Medienwelt verändert sich gravie-
rend durch die Digitalisierung. Jeder
hat heute die Möglichkeit, Informatio-
nen nicht nur zu konsumieren, sondern
selbst zu produzieren und zu streuen.
Jeder kann Meinungsbildner und Mul-
tiplikator werden. Wert und Relevanz
einer Botschaft werden zunehmend
daran bemessen, wie oft diese geliked,
geteilt und kommentiert wird. Was
bedeutet das für die Kommunikations-
arbeit in der Politik?
HATTMANNSDORFER_Neben
dem
Wirtshaus-Stammtisch hat nun das
Internet eine enorm hohe Bedeutung
gewonnen. Wenn man bedenkt, dass
50 Prozent der Bevölkerung soziale
Medien häufig nutzen, dann hat das
natürlich eine Relevanz. Es geht aber
um den richtigen Medienmix. Wer
glaubt, die neue Zeit bedeute, dass es
keinen Stammtisch und keine Veran-
staltungen mehr gebe, der bildet nicht
das reale Leben ab. Die Herausforde-
rung ist, mehrere Kanäle parallel zu
bedienen. Die entscheidende Frage
ist, welche Botschaft zu welchem Ka-
nal passt. Eine Instagram-Botschaft
wird immer eine andere sein als eine
Facebook-Botschaft und das Erlebnis
im Bierzelt wird auch immer ein ande-
res sein. Ich glaube, dass der persön-
liche Kontakt nach wie vor eine ganz
wesentliche Rolle spielt. Das konnte
man ja jetzt auch am Beispiel von Tho-
mas Stelzer sehen. Mit der „Thomas
Stelzer persönlich“-Tour haben wir
ein Veranstaltungsformat quer durch
Oberösterreich umgesetzt, in dem je-
weils 60 Minuten über Politik, Privates
und das Land der Möglichkeiten dis-
kutiert wurde. Da haben sie uns regel-
recht die Tür eingerannt – ich glaube,
die Menschen haben sehr wohl immer
noch das Bedürfnis, in persönlichen
Kontakt zu treten, das funktioniert im
Internet nicht auf diese Art und Weise.
Und dieser Kontakt ist auch für uns
als Partei wichtig – den Erfolg dieses
Formates machte ja auch aus, dass
das Fragesetting extrem kritisch war
und wir dadurch wichtiges Feedback
bekommen haben. Die Besucher der
klassischen Sonntagsreden werden
immer weniger, die Leute wollen viel-
mehr dann kommen, wenn es wirklich
um etwas geht, wenn nachgefragt und
diskutiert wird. Die Allerwelt-Reden
funktionieren nicht mehr. Denn was ist
dabei herausgekommen? Wir haben
in unseren Sonntagsreden immer ge-
sagt, dass wir keine neuen Schulden
machen dürfen. Und dann wurden Jahr
für Jahr neue Schulden gemacht. Die
neue Zeit bedeutet, dass im OÖ Land-
tag ein Gesetz beschlossen wurde, das
verbietet, mehr auszugeben als ein-
zunehmen. Das zeigt diesen Paradig-
menwechsel „nicht nur reden, sondern
auch tun“ auf.
Um die Macht zu erlangen, solche
Gesetze zu beschließen, gilt es aber
zunächst, die Wähler zu überzeugen.
Was ist der digitale Plan der ÖVP für
die Nationalratswahl?
HATTMANNSDORFER_Für die Nati-
onalratswahl haben wir eine eigene
Abteilung für digitale Kommunikati-
on, für die letzte Landtagswahl hat-
ten wir eine Social-Media-Werkstätte.
Früher war „digital“ im Kampagnen-
management irgendein Anhängsel in
der zweiten oder dritten Reihe, das
wurde vom Pressesprecher in irgend-
einer Form mitbetreut. Heute ist bei
modernen Kampagnen „digital“ eine
ganz entscheidende Disziplin und da-
mit Führungsaufgabe. Es funktioniert
nicht, dass digitale Kommunikation
eine Freigabe-Schleife von einer Wo-
Mister Trump, Madame Le Pen, Erdogan & Co mögen sehr unterschiedliche Ziele verfolgen, eines haben sie
jedoch gemeinsam: Sie sind laut, sie polarisieren, sie mobilisieren. Und manche von ihnen verstehen es,
die digitalen Kommunikationskanäle für ihre Zwecke zu nutzen – Trump etwa hat 24 Millionen Follower
bei Twitter. Doch wie ist das hierzulande? Wie überzeugt man Wähler in Zeiten der Digitalisierung? Und
hat der Populismus im Internet immer die Nase vorn? Das alles wollen wir von jener Partei wissen, die
vorgibt,
in der neuen Zeit angekommen zu sein.
DER VIRTUELLE STAMMTISCH
UND SEINE FOLGEN FÜR DIE POLITIK.