67

GERHARD STRASSER

LANDESGESCHÄFTSFÜHRER, 

AMS OBERÖSTERREICH

10

 Welches Potenzial steckt 

Ihrer Meinung nach in den 
Migranten, die zukünftig auf den 
oberösterreichischen Arbeitsmarkt 
kommen?

ANSCHOBER

_Es steckt viel 

Potential in ihnen. Die große 
Herausforderung ist, dieses Potential 
auch tatsächlich zu nützen. Wir 
haben einen Qualifikationscheck 
bei den in den oberösterreichischen 
Quartieren lebenden Asylwerbern 
gemacht. Da sehen wir, dass 20 
Prozent sehr gut ausgebildet 
sind und gute Qualifikationen 
mitbringen. Wir brauchen schnelle 
Nostrifizierungsverfahren – sodass ihre 
mitgebrachten Qualifikationen rasch 
anerkannt werden. Das dauert derzeit 
viel zu lange, geht zu bürokratisch 
vor sich, es werden zu hohe Gebühren 
verlangt. Wir müssen hier wirklich 
verkürzen, beschleunigen, das fordert 
auch die Wirtschaft. Es ist mir ein 
großes Anliegen, dass wir diese 
Gruppe und insgesamt die Asylwerber 
viel rascher zur Beschäftigung 
zulassen, damit sie rascher eine 

Jobintegration schaffen können. 

Meine Forderung ist, dass wir die 
Mangelberufe generell für Asylwerber 
öffnen, sobald sie zum Beispiel sechs 
Monate lang Deutsch gelernt haben. 
Das wäre ein riesiger Fortschritt für 
die Asylwerber, aber auch für die 
Wirtschaft, die ja Arbeitskräfte in 
diesen Bereichen sucht. Das zweite 
Extrem, also die andere Seite, sind 
jene 20 Prozent der Asylwerber, die 
noch keine Alphabetisierung haben. 
Hier müssen wir unbedingt schnell 
mit der Qualifizierung starten – 
wenn diese Menschen einige Jahre 
unqualifiziert bei uns leben, dann 
wird es immer schwieriger, dass 

sie einen Zugang zum Arbeitsmarkt 
finden. Deswegen ist unser Ziel: 
Alphabetisierungsmaßnahmen, eine 
Basisausbildung und das Nachholen 
des Pflichtschulabschlusses in 
einem Gesamtpaket für diese Gruppe 
anzubieten. Dazu verhandeln wir 
gerade mit der Bundesregierung. 
Außerdem wissen wir, dass wir im 

Jahr 2020 rund 20.000 Facharbeiter 

in Oberösterreich suchen werden. 
Das Ziel muss also sein, dass 
wir möglichst viele Migranten mit 
positivem Asylbescheid in den Berufen 
der Facharbeiter unterbringen und für 
diese qualifizieren, weil das auch ein 
Standorterfordernis für Oberösterreich 
ist. 

11 

Was waren die bisherigen 

Highlights bei der Zusammenarbeit 
von zahlreichen Organisationen in 
der Asylarbeit?

ANSCHOBER

_Wie viele Stunden 

haben Sie Zeit? (

lacht) Es ist eine 

ganz große Freude, wie toll dieses 
Netzwerk zusammenarbeitet – auf 
Landes-, Bezirks- und Gemeindeebene, 
wo es überall Steuerungsgruppen 
gibt, wo es in einer klaren Struktur 
eine sehr enge Zusammenarbeit 
der NGOs, der Interessensvertreter 
wie der Arbeiterkammer, der 
Wirtschaftskammer sowie des 
Arbeitsmarktservice und vieler 
Unternehmungen gibt. Das 
Erfolgsgeheimnis von Oberösterreich 
ist, dass hier eine sehr vertrauensvolle 

Zusammenarbeit völlig über 

Parteigrenzen hinweg Realität ist. Ich 
glaube, da sind wir in Österreich am 
besten aufgestellt. Die schönsten 
Projekte sind jene, die wir im Bereich 
Arbeitsmarkt zusammengebracht 
haben. Es sind mittlerweile bereits 180 
junge Asylwerber in Lehrstellen. 

12

 Welche Entwicklungsmöglichkeiten 

sehen Sie kurz- bis mittelfristig im 
Bereich der Green Jobs?

ANSCHOBER

_Hier sehe ich große 

Entwicklungsmöglichkeiten, weil 
Investitionen in die Energiewende 
sind nicht nur Investitionen in 
ein gutes Leben für die nächsten 
Generationen, dadurch entstehen 
auch neue Jobs - gerade wenn wir 
es schaffen, dass wir in manchen 
Bereichen Technologieführer sind. 
Und das haben wir in den letzten 
zwölf Jahren in Oberösterreich sehr 
gut aufgebaut, oberösterreichische 
Firmen sind im Bereich der 
Biomasse-Heiztechnologien, der 
Solartechnologien und auch der 
Wasserkrafttechnologien absolute 
Weltmarktführer. Das heißt, je stärker 
es durch den Pariser Weltklimavertrag 
in Richtung globalen Klimaschutz 
geht, desto stärker wächst dieser 
Markt und desto stärker sind damit 
auch unsere Chancen, in der größten 
boomenden Branche eine führende 
Rolle zu spielen. Und das schafft 
automatisch Arbeitsplätze. Derzeit 
sind wir im Übrigen laut der letzten 
Statistik bei gut 36.000 grünen Jobs 
in Oberösterreich. Es ist sehr schwer 
zu sagen, wie es in 20 Jahren sein 
wird, doch wenn wir jetzt von sechs 
Prozent ausgehen, dann bin ich mir 
sicher, dass wir deutlich über den 

Zehn-Prozent-Anteil am gesamten 

Beschäftigungsniveau Oberösterreichs 
kommen werden – und das wird nicht 
20 Jahre dauern.

Fragen 10-12