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zum österreichischen Fachkräftemangel
des Instituts für Höhere Studien (IHS)
in Wien zeigt. Denn es gibt keine Unter-
nehmenspflicht, alle offenen Stellen dem
AMS zu melden beziehungsweise ist das
Arbeitsmarktservice nicht der einzige
Weg, offene Stellen zu besetzen. Durch
zeitgleiche Meldungen bei verschiedenen
Arbeitskräfteüberlassern können Mehr-
fachmeldungen produziert werden. Laut
IHS-Studie basiert jedoch die jährlich im
Rahmen der Fachkräfteverordnung er-
lassene Mangelberufsliste genau auf die-
ser problematischen Methode. Somit fällt
es auch schwer, den Fachkräftemangel
exakt empirisch zu überprüfen.
Fachkräftemangel als Frage
der Geschäftstätigkeit
Laut Ernst und Young-Mittelstandsba-
rometer vom Jänner 2017 fällt es je-
doch fast drei von vier österreichischen
Unternehmen (74 Prozent) nach eige-
nen Angaben „eher schwer“ oder „sehr
schwer“, geeignete Fachkräfte zu finden.
Davon besonders betroffen sind Trans-
port- und Verkehrsunternehmen, Indus-
trieunternehmen und Bauunternehmen.
Auffällig ist zudem, dass man selbst bei
einem der attraktivsten Arbeitgeber der
IT-Branche, Microsoft, den Fachkräfte-
mangel spüre. Eine Herausforderung
sei es, Fachkräfte zu finden, die sowohl
technisches Know-how als auch die
nötigen "Soft skills" mitbringen, so die
Geschäftsführerin von Microsoft Öster-
reich, Dorothee Ritz. Dass vom Mangel
jedoch nicht ausschließlich der MINT-
Bereich betroffen ist, zeigt neben einem
Blick auf die Mangelberufsliste (man
beachte auch Dachdecker oder Ge-
sundheits- und Krankenpfleger) zudem
der Tenor zahlreicher Unternehmen.
Verallgemeinern dürfe man den Fach-
kräftemangel jedenfalls nicht, so Josef
Kinast, Direktor von Siemens Linz: „Der
Fachkräftemangel ist immer eine Frage
der Geschäftstätigkeit.“ Coiffeur Hel-
muth Vogl meint auch: „Das gesamte
Handwerk tut sich schwer. Den Mangel
kriegt man nicht nur im MINT-Bereich
mit, sondern auch bei den Bäckern,
Handwerkern und den Friseuren. Dass
es hier einen Mangel gibt, ist für viele
Leute noch nicht im Bewusstsein an-
gekommen.“ Das meint auch die stell-
vertretende AMS OÖ-Geschäftsführerin
Iris Schmidt: „Den Fachkräftemangel
nur auf die MINT-Fächer zu reduzieren,
wäre falsch. Auch in anderen Berei-
chen haben wir einen Mangel, der sich
nicht mit MINT-Fächern lösen lässt.“
Bei den Debatten um Fachkräftepro-
gnosen und der oft nicht ganz leicht
verständlichen
Arbeitsmarkttermino-
logie gibt es aber auch einen sozialen
Aspekt, wie das Magistrat Linz mit sei-
ner „LearnFit“-Kampagne beweist. Hier
versucht man jenen Jugendlichen eine
Chance zu geben und jene zu fördern,
die aufgrund ihres familiären Umfeldes
nicht so leicht eine Arbeit respektive
eine Lehrstelle finden würden. Damit
will man einerseits die Jugendarbeits-
losigkeit verringern und andererseits
dazu beitragen, den Fachkräftemangel
etwas abzumildern, wie die Personal-
direktorin des Magistrat Linz, Brigitte
Schmidsberger, erklärt: "Wenn wir Ju-
gendliche nicht fördern, landen sie in
der Arbeitslosigkeit. Es geht also um
soziale und arbeitsmarkttechnische
Integration." Wie beurteilen Unterneh-
men und Institutionen den Fachkräfte-
mangel im Detail und welche Themen
werden dabei als besonders wichtig
angesehen?
Mangelberufe 2017
Die Mangelberufsliste gibt jährlich jene Berufe an, in denen die meisten Fachkräfte
fehlen. Sie wird vom Bundesministerium für Arbeit gemeinsam mit dem
Wirtschaftsministerium in der Fachkräfteverordnung vorgelegt.
Fräser
Maschinenbau-Techniker
mit höherer Ausbildung
Schwarzdecker
Dreher
Datenverarbeitungs-Techniker
mit höherer Ausbildung
Starkstrom-Techniker
mit höherer Ausbildung
Maschinenbau-Diplomingenieure
Dachdecker
Starkstrom-Techniker
Datenverarbeitung-Diplomingenieure
Gesundheits- & Krankenpfleger
QUELLE_WKO
Arbeitsmarktlage in OÖ
„In den ersten acht Monaten des heurigen Jahres sind die vorgemerkten
Arbeitslosenzahlen um rund drei Prozent im Vergleich zum Vorjahr gesunken.
Die offenen Stellen stiegen um etwa 30 Prozent“, so die stellvertretende
Landesgeschäftsführerin des AMS OÖ, Iris Schmidt. Positiv ist die Senkung der
Arbeitslosigkeit, die ein starkes Signal für den Arbeitsmarkt bedeute. Nicht positiv
hingegen ist die Steigung der offenen Stellen. Das bedeutet, dass die Unternehmen,
obwohl mehr Arbeitssuchende vermittelt werden konnten, dennoch nach mehr
Fachkräften suchen, als insgesamt eingestellt werden konnten. Die Arbeitslosigkeit
sinkt also nicht in dem Ausmaß, wie die offenen Stellen steigen. Dazu Schmidt:
„Hier greifen die Marktmechanismen. Gerade wegen der rückgängigen
Arbeitslosenzahlen ist es nicht immer möglich, das passende Personal für die
offenen Stellen zu finden. Darum gilt: Qualifikation ist die einzige Versicherung
gegen Arbeitslosigkeit.“