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Ein klassisches Start-up war das Linzer Software-Unternehmen Celum eigentlich nie. Trotzdem wird eine
Start-up-Kultur gelebt – und auf mittelständische Maßstäbe umgelegt. Was Gründer und etablierte
Unternehmen davon lernen können.
GET RICH
GET SUCCESSFUL OR DIE TRYING
Es ist Mittagszeit, vor dem Eingang des
Celum-Gebäudes plaudern und lachen
junge Mitarbeiter – oder entspannen
sich am Boden sitzend bei einer Zigaret-
te. Drinnen wuseln Menschen aneinander
vorbei, grüßen sich oder bestaunen die
Bilder, die im Eingangsbereich ausgestellt
wurden. Bei unserem Besuch ist Ausnah-
mezustand beim Software-Unternehmen:
In der „Summer-Week“ treffen sich alle
Mitarbeiter in der Zentrale, tauschen Wis-
sen aus und nehmen an Workshops teil.
Wüsste man es nicht besser, könnte man
glauben, gerade durch einen Co-Working-
Space verschiedener Start-ups zu spazie-
ren. „Wir haben uns eine Start-up-Kultur
bewahrt“, sagt CEO Michael Kräftner, „da-
bei sind wir von unserer Laufbahn her fast
schon ein Anti-Start-up.“ Nach der Grün-
dung 2004 aus eigenem Cashflow gab es
jahrelang nur ein langsames Wachstum,
erst seit einigen Jahren hat man mit 30 bis
50 Prozent eine enorme Wachstumsrate
erreicht.
Start-up-Kultur bedeutet für Kräftner:
„Fail fast, move ahead quickly“. Soll heißen:
Mit Zielstrebigkeit eine konkrete Mission
verfolgen, bis man das Ziel erreicht hat –
oder eben scheitert. „Ständig seine Mis-
sion zu ändern ist keine gute Idee. Wenn
man scheitert, dann eben wirklich“, er-
klärt Kräftner. Diese Start-up-Maxime hat
man auf mittelständische Maßstäbe um-
gelegt. Funktionieren Ideen nicht, werden
REDAKTION_VALENTIN LISCHKA
FOTOGRAFIE_MARIO RIENER
ILLUSTRATION_ALEXANDRA AUBÖCK
sie abgehakt und die Energie wird in neue
Projekte investiert. Gerade als Start-up
kann man so flexibel agieren. Eine Stärke,
die von vielen Gründern aber viel zu wenig
ernst genommen wird, sagt Kräftner. „In
den Gesprächen mit ihnen merken wir
das“, erzählt der CEO. „Naja, schauen wir
mal, was passiert“, würde einfach nicht
funktionieren. Am wichtigsten sei es, zu
erkennen, wann man weiter verbissen am
eigenen Ziel festhalten muss, und wann
es Zeit ist, aufzugeben.
„Oft scheint es auch gar nicht mehr das
Hauptmotiv zu sein, seine Idee zu verwirk-
lichen – sondern nur möglichst schnell
reich zu werden“, sagt Kräftner. Genau der
falsche Weg. „Eine Start-up-Community,
in der jeder nur dem Exit nachläuft, sollte
sich selbst hinterfragen, eigentlich sollte
man vorrangig ein Problem lösen wollen,
die Welt zu einem besseren Ort machen
wollen.“ Dabei sieht der CEO allerdings ei-
nen Interessenskonflikt zwischen Gründer
und Investor. „Für die Investoren rentiert
sich das Investment eigentlich nur dann,
wenn das Start-up aufgekauft wird – oder
an die Börse geht.“ Gibt es zwei wider-
sprüchliche Ziele, kann das negative Kon-
sequenzen haben.
Auch Celum investiert in die Start-up-
Szene, im Business Angel-Netzwerk Star-
tup300 ist man Shareholder. „Wir wollen
das Ökosystem als Ganzes weiterbringen“,
START-UP SZENE