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Kann man. Beweist jedenfalls 

Claudia Wiesner, Geschäftsführerin der Wiener Wiesn, und damit 

verantwortlich für bis zu 600 Mitarbeiter. Bereits zum siebten Mal findet das Brauchtumsfest heuer statt 
– im vergangenen Jahr lockte es 350.000 Besucher an und erzielte eine Wertschöpfung von 20 Millionen 
Euro. Damit kann man dem Münchner Oktoberfest zwar keinen Rang ablaufen (dort werden etwa 20-mal 
so viele Besucher gezählt), es gehe aber auch gar nicht darum, diesem nachzueifern, so Wiesner. Worum 
geht’s also in Wien?

KANN MAN IM DIRNDL DIE HOSEN ANHABEN?

Ein echter Wiener geht nicht unter. Hieß 
es früher mal. Da war die Emanzipation 
noch nicht so weit fortgeschritten. Heute 
könnte man sagen: Eine echte Wienerin 
geht ganz sicher auch nicht unter. Denn 
wenn man der zierlichen Frau mit den 
lachenden Augen und der temperament-
vollen Stimme eine Stunde lang in ihrem 
Büro im vierten Wiener Gemeindebezirk 
gegenübersitzt und sie von ihrem Wer-
degang erzählt, dann wird schnell klar: 
Diese Frau kann nichts so schnell aus 
der Fassung bringen. Im Nebenraum 
des wunderschönen Altbaus hört man 
ihre Mitarbeiterinnen telefonieren, Ko-
pierer brummen, eine Kaffeemaschine 
läuft – ziemlich geschäftig geht es hier 
zu, im Moment sind es sechs Leute, die 
an den Vorbereitungen für das siebte Wie-
ner Wiesn-Fest arbeiten. Beim Aufbau vor 
Festbeginn sind es schließlich 150 Mitar-
beiter – vom Installateur und Elektriker 
bis hin zum Ton- und Lichttechniker so-
wie Zeltbauer. Die meisten von ihnen sind 

Männer. Den Ton gibt aber eine Frau an, 
die Dirndlkleider so selbstverständlich 
und authentisch trägt wie andere Jeans 
und T-Shirt. Claudia Wiesner erzählt 
uns, wie man höchste Qualität garantie-
ren kann, auch in einer Branche, in der 
das nicht selbstverständlich ist, welchen 
Mehrwert man bieten muss, um Koope-
rationspartner zu überzeugen und was 
der Moment ist, in dem ihr jedes Jahr 
beim Wiesn-Fest die Tränen kommen.

Was ist für Sie die stressigere Zeit: Die 
Vorbereitungszeit auf die Wiener Wiesn 
oder die 18-tägige Festzeit?

WIESNER_Die Vorbereitungszeit. Wir 
arbeiten ein Jahr lang zu sechst an der 
gesamten Planung und Organisation, 
da steckt viel dahinter. Dreieinhalb Wo-

chen vor Festbeginn muss alles wie am 
Schnürchen laufen – wir bauen jedes Jahr 
eine Stadt auf. Dort gibt es ja zunächst 
nichts – Kanalisation, Zu- und Abwasser, 
all das muss infrastrukturmäßig geschaf-

REDAKTION_SUSANNA WURM, MICHAELA ALBRECHT

KREATIV DIREKTION_ALEXANDRA AUBÖCK

FOTOGRAFIE_MARIO RIENER

ILLUSTRATION_ALEXANDRA AUBÖCK

„Wir bauen 

und arbeiten, als wär

das eine Unternehmung,

 

die 365 Tage im Jahr

 

funktionieren muss.

 

Mittlerweile v

ersteht das 

gesamte 150-köpfige T

eam 

des Aufbaus, dass das nicht

 

die Laune einer F

rau ist, 

sondern vernünftig“

Claudia Wiesner

Geschäftsführ

erin,

Wiener Wiesn