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ist in einem Unternehmen mit 10.000
Leuten natürlich schwieriger als in
einem Familienunternehmen mit 870
Mitarbeitern.“ Der große Vorteil sei der
unkompliziertere Zugang zu einzelnen
Entscheidungsträgern. „Jeder weiß, er
kann mit mir jederzeit reden, er muss
keinen Amtsweg einhalten und für ein
Problem wird man eine Lösung finden.
Denn alle haben in einer Firma ein ge-
meinsames Interesse: zufriedene Kun-
den.“
Konservativ, aber innovativ
Wie harmonisch laufen in einem Fami-
lienbetrieb eigentlich Entscheidungen
ab? „Da gibt es bei uns kein Problem,
denn jeder weiß, worum es geht und
was wir machen.“ Was man jedoch
nicht unterschätzen dürfe, so Augen-
dopler, sei der schleichende Evoluti-
onsprozess des Familienbetriebs. „Im
Endeffekt verändern wir uns jeden
Tag ein bisschen. Wir wachsen seit 53
Jahren und wenn man genau schaut,
erkennt man, dass wir alle paar Mo-
nate ein bisschen eine andere Firma
sind. Es kommen neue Mitarbeiter,
man geht in neue Länder. Diese Län-
der beeinflussen einen wieder. Wir
haben Mitarbeiter aus 52 Nationen
im In- und Ausland. Das verändert
einen in ganz kleinen Schritten. Das
ist toll.“ Wenn man sich tagtäglich in
der Arbeit sieht, kann man sich dann
bei gemeinsamen Familienfeiern und
Aktivitäten überhaupt noch in die Au-
gen sehen? Augendopler grinst und
sagt: „Ja, denn eigentlich verstehen
wir uns blind. Ich sehe meine Kinder
praktisch jeden Tag, bin zwar oft auch
im Ausland, aber man hat sich nicht
satt. Im Gegenteil, es gibt einem Kraft
und Vertrauen. Wenn man sich nicht
vertragen würde, wäre es natürlich
anders. Wenn wir streiten würden und
Generationenkonflikte hätten, dann
wäre es ein Problem. Aber wir haben
zum Glück keine.“ Eine interessante
Komponente, besonders in Familien-
unternehmen, ist die Frage, was die
nächste Generation anders macht als
die vorige und ob sie somit auch einen
neuen Führungsstil einführt. Eine ak-
tuelle Deloitte-Studie zu Trends in Fa-
milienunternehmen sagt, dass 80 Pro-
zent der Nachfolger einen völlig neuen
Führungsstil etablieren wollen. Wenn
also ein Wechsel an der Führungsspit-
ze passiert, führe das auch zwangs-
weise zu einem anderen Stil. „Das ist
großartig“, meint Augendopler, „sonst
würden wir Menschen noch immer alle
auf Bäumen sitzen. Natürlich müssen
sie es anders machen – besser. Jede
Generation ist unterschiedlich, ich bin
auch nicht so wie meine Eltern. Und
ich wünsche mir, dass meine Kinder
anders sind als ich. Das sind sie auch,
gentlich jeden, auch im Ausland, viel-
leicht nicht alle beim Familiennamen,
aber ich erkenne jeden. Was ich damit
sagen will: Es gibt einen anderen Zu-
sammenhalt, wobei ich betonen will,
dass eine Firma keine Familie ist. Eine
Firma ist viel mehr als eine Familie.
Eine Familie beruht nur auf Gefüh-
len, das ist easy.“ Augendopler stoppt
kurz, denkt nochmal gründlich nach,
relativiert und meint schmunzelnd:
„Oder oft auch nicht, denn manchmal
kommen sogar nur zwei Leute nicht
miteinander aus.“ Eine Firma sei aber
viel komplexer, denn sie basiere auf
mehr und oft sehr unterschiedlichen
persönlichen Interessen. Jeder Mitar-
beiter in der Firma habe sein persön-
liches Interesse. „Das geht von mir als
Firmenchef über die Geschäftsführer
bis hin zur Reinigungskraft. Alle haben
Interessen – aus ihrer Familie, aus ih-
rem beruflichen Leben, aus ihren Ver-
pflichtungen. Und jeder versucht, sein
Interesse durchzusetzen. Keiner kann
das allerdings zu hundert Prozent. Wie
erreiche ich jetzt in dieser Konstella-
tion meine Ziele für die Firma? Indem
ich rücksichtslos meine Interessen
verfolge? Nein, am besten funktioniert
es, wenn ich die Leute auch ihre Inte-
ressen und Ziele erreichen lasse, zu-
mindest einigermaßen. Dann arbeiten
sie gerne und wenn sie gerne arbeiten,
arbeiten sie gut. Darum geht es. Das