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Wie bereitet man sich auf eine Führungsrolle in einem Familienunternehmen vor? Wie ist es, ein solches zu
leiten? Und kann man sich bei Familienfeiern eigentlich noch gegenseitig in die Augen schauen? Was ein
Wickeltisch und ein Zimmererhammer damit zu tun haben, erfuhren wir bei den Kunststoffexperten von
Greiner, den Transport- und LKW-Werkstätten-Spezialisten von Petschl und den Baumeistern von Leyrer + Graf.
„UNS WURDE DAS MIT DER
MUTTERMILCH MITGEGEBEN“
REDAKTION_SEBASTIAN LUGER
KREATIV DIREKTION_ALEXANDRA AUBÖCK
FOTOGRAFIE_MARIO RIENER, LEYRER + GRAF,
GREINER / ROBERT MAYBACH
ILLUSTRATION_THINKSTOCK
„Bei mir war das alles ja noch ganz anders“,
sagt Nikolaus Glisic senior, der Enkel des
Gründers von Petschl Transporte, auf die
Frage, wie man sich auf die Aufgaben in ei-
nem großen Familienunternehmen vorbe-
reite, „wir sind alle mit dem Geschäft groß
geworden, sozusagen vom Wickeltisch aus.
Ich bin mit meinem Vater mit zwei Jahren
im LKW am Schoß mitgefahren. Wir sind
alle schon mit dem LKW am Hof gefah-
ren, da hatten wir noch gar keinen Führer-
schein. Uns wurde das mit der Muttermilch
mitgegeben.“ Beim Bauunternehmen Ley-
rer + Graf war es ähnlich, wie Baumeister
Stefan Graf, der die familiären Geschäfte
2013 von seinem Vater Franz Graf über-
nahm, erzählt: „Ich bin mit der Firma auf-
gewachsen, noch dazu am Firmengelände,
und habe daher einen intensiven Bezug
zum Unternehmen und zu den Mitarbei-
tern. Mein Geschenk zur Erstkommunion
war ein Zimmererhammer, dieses Baufee-
ling habe ich quasi mit den Genen mitbe-
kommen. Bereits in der Kindheit habe ich
gesagt: Ich werde mal Baumeister. Dass es
dann tatsächlich so gekommen ist, ist ver-
mutlich wenig überraschend.“
In fremden Händen
Anders als bei Leyrer + Graf ist der Ge-
schäftsführer bei Greiner extern besetzt.
Hier ist Axel Kühner seit 2009 Vorstands-
vorsitzender und somit der erste famili-
enfremde Manager in der knapp 150-jäh-
rigen Familiengeschichte. Bei Petschl
Transporte wiederum leiten seit 2006
beziehungsweise 2008 der externe Ge-
schäftsführer Christian Spendel (Trans-
port) und der Sohn von Nikolaus Glisic
senior, Nikolaus junior (Werkstatt) die
Geschäfte. Wie ist es, als neu in den Fami-
lienverband stoßender, externer Vorstand
in einem Familienunternehmen zu arbei-
ten? Dazu Kühner: „Es war erstmal ein
großer Reiz. Der erste externe Vorstand
zu sein war klarerweise auch eine große
Herausforderung. Für eine Eigentümerfa-
milie ist das ein riesengroßer Schritt, das
Unternehmen in fremde Hände zu legen.
Da muss man sich das Vertrauen mit of-
fener Kommunikation und Rücksichtnah-
me erst verdienen.“ Wie war für Kühner
eigentlich der Empfang als deutsches
Nicht-Familienmitglied in einem sehr
renommierten und international ausge-
richteten Familienunternehmen im öster-
reichischen Kremsmünster? „Sehr posi-
tiv. Die Menschen in Kremsmünster sind
wahnsinnig offenherzig. Dass ich mit mei-
ner Familie zum ersten Mal längere Zeit
an einem Standort bin, hat sicher auch viel
zur Integration beigetragen. Die Chance,
als erster familienfremder Vorstand in ei-
FAMILIEN
UNTERNEHMEN