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„Es gibt Vorstandsbüros, da traut sich keiner drin atmen – fürchterlich, hab ich er-
lebt“, sagt Markus Krämer. Und schüttelt seinen Kopf. „Mitarbeiter sind für mich
interne Kunden, ich mache null Unterschied in der Kommunikation mit internen
und externen Kunden.“ Sowohl der Kunde als auch der Mitarbeiter seien schließ-
lich Menschen. Und in der Kommunikation mit Menschen brauche es immer zwei
Grundfaktoren: Respekt und Wertschätzung. „Natürlich muss ich als Führungs-
kraft auch Grenzen setzen, Probleme aufzeigen, es geht schließlich um einen
Tausch von Leistung gegen Geld. Aber nur, wenn ich eine offene Kommunikation
auf Basis der Wertschätzung pflege, kann ich Dinge beim Namen nennen, die
nicht in Ordnung sind und nachhaltig Verbesserung erreichen.“ Eine offene Kom-
munikation sei daher ein wesentlicher Erfolgsfaktor.
Daniela Höllerbauer, Geschäftsführerin des Marktforschungsinstituts Whitebox,
kann das bestätigen: „Die Ergebnisse unserer durchgeführten Mitarbeiterbefra-
gungen zeigen immer wieder auf, dass ein respektvoller, ehrlicher und offener
Umgang mit Mitarbeitern großen Einfluss auf ein positives Arbeitsklima hat.“
Wohl deshalb findet man unter den Führungsgrundsätzen von Siemens ganz oben
in der Liste den Punkt „Offene Kommunikation mit Mitarbeitern“. Aber wie gelingt
das in einer Niederlassung mit über 1.200 Mitarbeitern und einem Konzern mit
weltweit 360.000 Mitarbeitern? „Bei Organisationsänderungen ist es zum Beispiel
wichtig, die Phasen der Unsicherheit möglichst kurz zu halten“, erklärt Kinast.
Die Wahrheit sei zumutbar, man müsse die Dinge ehrlich beim Namen nennen.
Das Problem sei, dass die Dinge oft falsch eingeschätzt würden. „Wenn etwa der
Siemens-Konzern weltweit ankündigt, dass irgendwo die Mitarbeiteranzahl um
1.000 reduziert wird, dann steht das ohne Details in den Medien. Und schon sind
alle verunsichert. Dabei ist das bei so vielen Mitarbeitern oft ganz normal und
gleichzeitig werden neue Mitarbeiter gesucht. Das Wichtigste ist daher, dass man
sich hinstellt als Mensch – trotz aller technischen Möglichkeiten – und die Situa-
tion erklärt“, so Kinast.
Auch die Kommunikation innerhalb des Teams trage viel zum Klima am Arbeits-
platz bei, so Jürgen Holler: „Mitarbeiter wollen miteinander kommunizieren kön-
nen – ungeplant, zufällig. Dazu braucht es räumliche Möglichkeiten.“ In Zeiten
des Fachkräftemangels haben Mitarbeiter nicht nur den Anspruch, einen guten
Job mit einer interessanten Aufgabe und adäquaten Entlohnung zu haben, sie wol-
len mehr, viel mehr: Sie wollen sich wohlfühlen, sich mit den Kollegen und mit
dem Chef verstehen. „Dann fühlt man sich dem Unternehmen gegenüber emotio-
nal verbunden und wechselt nicht so schnell den Job“, erklärt Christian Vieira Dos
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Perspektive
in Sicht.
„Ich glaube, wir könnten mehr
daraus machen.“
„Mhm.“
„Also ich meine, ich hätte da ein
paar Ideen.“
„Okay. Ja, gut.“
„Wissen Sie, ich hatte in meinem
Studium einen Schwerpunkt
auf Vertriebsmanagement. Ich
glaube, dass ...“
„Ich komme zu spät zum Termin,
ich muss los, tut mir leid. Reden
wir ein anderes Mal weiter.“
„In den letzten Jahren hat sich deutlich gezeigt: Mit Entlohnung alleine hält man
die Mitarbeiter nicht, das Gesamtpaket muss passen“, sagt Felix Schober. Einen
wesentlichen Teil dieses Paketes machen die Weiterentwicklungsmöglichkeiten
aus. „Wir arbeiten mit einem externen Personalcoach zusammen, der immer wie-
der im Betrieb ist und mit den Leuten Interviews führt. Er macht mit ihnen Zielver-
einbarungen, arbeitet mit ihnen Konzepte aus und setzt diese auch um“, erzählt
Schober. Bildet man Personal aus oder weiter, entsteht bei den Leuten eine ge-
wisse Bindung ans Unternehmen, so seine Erfahrung. „Wenn man im Betrieb eine
Ausbildung bekommt, dann geht man nicht einfach woanders hin, nur weil eine
Kleinigkeit nicht passt, sondern sucht nach Lösungen.“ Einige seiner Mitarbeiter
seien bereits über 20 Jahre im Unternehmen – und das in einer Branche, in der
selbst zehn Jahre Betriebszugehörigkeit eine Seltenheit sind. Einen wesentlichen
Grund für seine treuen Mitarbeiter sieht er in den Entwicklungsmöglichkeiten,
die er ihnen bietet.
Während viele ein Leben lang denselben Job machen, den Arbeitgeber hingegen
mehrmals wechseln, ist es bei Josef Kinast umgekehrt. Seit 34 Jahren arbeitet er
bei Siemens. „Ich hatte das Glück, immer andere Jobs im selben Unternehmen
zu machen. So konnte ich mich stets weiterentwickeln, neue Aufgaben und Her-
ausforderungen übernehmen.“ Einen Grund, den Arbeitgeber zu wechseln, hatte
er daher nie.
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Respekt!
„Setzen Sie sich.“
„Danke.“
Man könnte eine Stecknadel
fallen hören. Vielleicht auch
einen Schweißtropfen.
Santos, ebenfalls Geschäftsführer von
Symbios. Das Arbeitsumfeld gewinne
stetig an Bedeutung. „Die Zukunft wird
immer auf Ebene der Technologie dis-
kutiert“, sagt sein Kollege Jürgen Hol-
ler. „Was bleibt, ist aber der Mensch.
Und der Mensch hat seine Bedürf-
nisse, gleichgültig wie sich die Tech-
nik entwickelt.“ Wer seine Mitarbeiter
also längerfristig halten möchte, der
müsse sich mit diesen Bedürfnissen
auseinandersetzen. Vieira Dos San-
tos ergänzt: „Es bleibt also die Frage:
Welches Umfeld braucht der Mensch,
um sich wohlzufühlen, sich entfalten
zu können und dadurch leistungsfähig
sowie engagiert zu sein?“