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Die Spannung steigt. Der Dealer gibt.
Ein kurzer, nervöser Blick in die eige-
nen Karten: Habe ich eine gute Hand?
Schätze ich meine Chancen richtig ein?
Die Zuschauer blicken gebannt auf das
Geschehen, der Atem stockt, das Adre-
nalin rauscht. Hat das Gegenüber wirk-
lich gute Karten oder nur ein Pokerface
aufgesetzt? Es sind Momente wie diese,
welche die Faszination Pokern ausma-
chen. Ähnliche Situationen erleben auch
geschäftstüchtige Unternehmer: Schät-
ze ich meine wirtschaftlichen Risiken
richtig ein? Soll ich auf eine bessere
Chance warten oder gehe ich mit vollem
Risiko All-In? „Wichtig sind Beharrlich-
keit und Geduld“, sagt Hans Teucht-
mann von ART Rechtsanwälte: „Ich habe
versucht, möglichst viel Informationen
von meinen Mitspielern zu sammeln
und das Umfeld sorgfältig zu prüfen. Wie
in einem Unternehmen muss man in
kurzer Zeit viele Entscheidungen treffen.
Da braucht es trotz Vorbereitung einfach
auch ein Quäntchen Glück.“
Geduldsspiel
Das sieht auch Turniererfinder Michael
Stöttinger von Grandmaster Commu-
nications so: „Es ist viel Zufall dabei, in
„ALLES RICHTIG MACHEN UND
TROTZDEM VERLIEREN“
Das kann einem beim Pokern schnell einmal passieren: Bluffen? Pokerface aufsetzen? All-In gehen? Welche
Qualitäten und Kompetenzen kann man als erfolgreicher Unternehmer beim Pokern einbringen und
welche Parallelen zum Geschäftsleben gibt es? Wir suchten beim
Charity-Pokerturnier am 20. April im
Restaurant Ox in der Plus City nach Antworten.
REDAKTION_SEBASTIAN LUGER
FOTOGRAFIE_BRIGITA BEDE, PELZL/CITYFOTO
ILLUSTRATION_ALEXANDRA AUBÖCK
dieser Hinsicht ist Pokern wie das Ge-
schäftsleben. Beim Schach beispiels-
weise ist alles symmetrisch, da setzt
sich der Bessere durch. Pokern hinge-
gen ist komplett asymmetrisch, mit dem
Auflegen der Gemeinschaftskarten kann
sich alles ändern. Man kann alles richtig
machen und trotzdem verlieren.“ Ver-
loren hat an diesem Abend in der Plus
City im Restaurant Ox jedoch niemand.
Bei der zwölften Auflage des Turniers
standen sich die neun Teams à vier Per-
sonen nämlich nicht nur rivalisierend
gegenüber. Der gute Zweck einte selbst
die ehrgeizigsten Spieler, kam doch
der Einsatz der verschiedenen Teams
einem sozialen Nutzen zugute. Die ge-
sammelten 5.000 Euro wurden an die
Caritas Oberösterreich beziehungswei-
se Licht ins Dunkel gespendet. Zudem
bot das „Ox“ den perfekten Rahmen für
diese Charity-Veranstaltung, wie Inha-
ber und Gastronom Thomas Altendorfer
erklärt: „Pokern kommt ja aus Ame-
rika. Unser Restaurant bringt diesen
amerikanischen Einschlag mit unseren
Steakvariationen mit. Insofern ist dieser
Zusammenhang perfekt.“ Aber welche
Strategie braucht es? Teuchtmann be-
tont erneut die Geduldskomponente: „Es
ist ein Geduldsspiel. Man muss auf die
richtige Hand warten und dann setzen.“
Dabei kann es jedoch auch relaxter zu-
gehen, wenn man die nötige Portion Hu-
mor mitbringt. „Ich bin sehr ungezwun-
gen an die Sache herangegangen. Ich
kannte vorher nur Black Jack und habe
mich erst mal viel umgesehen, um alles
zu kapieren“, sagt Altendorfer und lacht.
Rational statt emotional
Hat man es einmal kapiert, kann das
Grundlagenwissen mit einer Prise Se-
riosität gewürzt werden, wie Stöttin-
ger erläutert: „Man beginnt am besten
mit einem aggressiven Spielstil, wenn
man noch mit vielen Spielern am Tisch
sitzt, weil man ja noch Chips nachkau-
fen kann. Dann sollte man etwas kon-
servativer werden. Zum Ende hin ist es
ratsam, wieder aggressiver zu werden,
denn je mehr Leute ausscheiden, desto
höher wird der Kartenwert. Der wich-
tigste Punkt ist, sich von der Emotion lö-
sen zu können und rational zu denken.“
Einer, der das gut beherrscht, ist Po-
kerweltmeister Michael Keiner, der das
Turnier bereits dreimal gewinnen konn-
te, heuer aber nur zweiter Gewinner war.
„Auch ein richtiger Profi und Weltmeister
kann nicht immer gewinnen, weil ein-