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Man muss sich auf eine Ziel-
gruppe fixieren und darf nicht
versuchen alle zu bedienen.
ALEXANDER PILSL
Eigentümer, Viersterne-superior
Wellnesshotel Guglwald
und ließ das Seminargeschäft ein Jahr
später ganz auf. „Man muss sich auf eine
Zielgruppe fixieren und darf nicht versu-
chen alle zu bedienen“, erzählt der Hote-
lier, dass nun erholungssuchende Paare
ab rund 20 Jahren bis hinauf ins hohe Al-
ter durchschnittlich zwei bis drei Nächte
zum Wellnessen in das Viersterne-supe-
rior Kuschel- und Wellnesshotel kommen
würden. Das Hotel habe nun die optimale
Betriebsgröße mit 116 Betten erreicht:
„So kann man es noch familiär führen und
findet genug Mitarbeiter.“ Theoretisch
wäre auch nur mehr eine Vergrößerung
in die Höhe möglich, da man mit dem
Dachabschluss genau auf dem Grenzpfei-
ler zu Tschechien ist. „Wir sind das einzige
Hotel, das wirklich exakt an einer Staats-
grenze steht“, erzählt Pilsl und kann
mittlerweile auch über ein Missgeschick
beim Umbau im Jahr 2004 lachen. Da-
mals wurde mit einem falschen Plan über
die Staatsgrenze gebaut und es kam ein
Abrissbescheid von der österreichischen
Behörde. Das Dach wurde daraufhin mit
einer Motorsäge verkleinert.
Während die Vorgängergeneration mit
Waltraud und Dietmar Hehenberger das
Hotel auf ein sehr hohes Niveau gebracht
habe, sehen es die Pilsls nun als ihre Auf-
gabe, dieses Niveau weiterzuführen und
einzelne Dinge zu verbessern und weiter-
zuentwickeln: „Besonders wegen unserer
vielen Stammgäste ist es wichtig, dass wir
stetig Veränderungen durchführen.“ Es
werden jährlich knapp 400.000 Euro aus
dem Cashflow investiert.
Familiärer Touch und
Bodenständigkeit
Seit 2007 wird das Hotel Guglwald jährlich
vom Relax Guide mit drei Lilien ausge-
zeichnet und ist damit unter den besten
Wellnesshotels in Österreich. Von den
Mitbewerbern hebe man sich durch den
familiären Touch und die Bodenständig-
keit ab. Die Familienmitglieder seien auch
wirklich im Betrieb unterwegs und würden
sich um die Anliegen der Gäste persönlich
kümmern: „Bei uns fühlen sich die Gäste
schnell wohl, weil es nicht so überspitzt
zugeht. Viele unserer Gäste müssen im
Alltag täglich Anzug und Krawatte tragen,
bei uns können sie in gemütlicher Umge-
bung mit Hemd und Polo-Shirt auf hohem
Niveau entspannen.“ Passend dazu landen
auf den Speisetellern hauptsächlich regio-
nale und biologische Produkte, das Hotel
bewirtschaftet einen eigenen biologischen
Kräutergarten und stellt verschiedene
Teesorten her. Riesengarnelen, Shrimps
und andere exotische Produkte, die in Ho-
tels dieser Kategorie häufig auf der Spei-
sekarte stehen, sucht man hier vergeblich.
„In Österreich gibt es so viele gute Pro-
dukte. Es braucht nicht Lebensmittel aus
der ganzen Welt, um auf hohem Niveau
kochen zu können“, erzählt Pilsl, warum
man für mehr Regionalität vor zwei Jahren
ganz bewusst die Bio-Zertifizierung aufge-
lassen habe.
Pilsl trägt beim Interview eine blaue Ar-
beitshose, sein T-Shirt ist von Fliesenstaub
bedeckt. Das Hotel ist zum Zeitpunkt des
Interviews eine Woche für den jährlichen
Umbau geschlossen und auch da legen die
Eigentümer selbst kräftig Hand an: „Ich
habe gestern bis knapp vor Mitternacht den
alten Fliesenboden rausgestemmt.“ Für
den gesamten Umbau – von der Planung
bis zur Auswahl der Lieferanten – ist seine
Frau Astrid zuständig. Alexander Pilsl küm-
mert sich um das tägliche Geschäft und
ist mindestens fünf Tage in der Woche im
Hotel anwesend. Die Eigentümer leben mit
ihren beiden Söhnen, dem sechsjährigen
Maximilian und dem dreijährigen Jonathan,
gleich neben dem Hotel: „Im Bedarfsfall
können wir so schnell ins Hotel kommen.“
Die Eigentümerin der vierten Generation,
Margarethe Hehenberger, wohnt im Ho-
telgebäude. „Sie ist unsere gute Seele“,
erklärt Alexander Pilsl. Die 76-Jährige ist
noch stark im Betrieb involviert und küm-
mert sich besonders um den Kräutergar-
ten. Mutter und Schwiegermutter Waltraud
Hehenberger ist der „Jolly Joker“, sie hilft
aus wo gerade jemand gebraucht wird. Der
Schwiegervater widmet sich seit der Über-
gabe anderen Projekten, um später wieder
als Seniorchef des Hotels zurückkommen
zu können. Dietmar Hehenberger sattelte
auf Immobilien um und betreibt mit sei-
nem Partner Claus Schöftner, dem frühe-
ren Cheftechniker des Hotel Guglwald, die
Immobilienfirma HS Real mit Sitz in Bad
Leonfelden.
„Unser Sohn Maximilian darf einmal in
der Woche am Abend in der Küche oder
im Restaurant helfen“, erzählt Pilsl über
den Kontakt seiner Kinder mit dem Fa-
milienbetrieb und zeigt dabei ein Foto auf
seinem Handy, wo der Sechsjährige mit
Kochhaube und Kochlöffel in der Hand in
die Kamera strahlt. „Die Kinder müssen
ihren Spaß haben. Wir wollen den Betrieb
für die Kinder attraktiv machen, aber sie
gleichzeitig nicht damit überstrapazieren.“
Fragt man den Buben nach seinem aktu-
ellen Berufswunsch, nennt er eine Reihe
traditioneller Berufswünsche von Kindern
wie Feuerwehrmann, Polizist, Rettungs-
sanitäter, Förster, Pilot – und eine Aus-
nahme: Kellner. Der Papa lacht: „Da ist
noch so viel Zeit bis dahin … schön, dass
der Kellner schon mal vorkommt.“_