9
Zweiter zu sein, ist ihm zu wenig.
Helmut Wieser weiß, wie man gewinnt - im Sport ebenso wie in
der Wirtschaft. Und eigentlich braucht es in beiden Fällen das Gleiche: eine Vision, ein Team, Ausdauer,
Umsetzungskraft sowie einen verdammt starken Willen. Letzteres bewies der
Vorstandschef des
Aluminiumkonzerns Amag schon als kleiner Junge: „Ich will bei den Olympischen Spielen teilnehmen“,
beschloss er damals. Und erreichte sein Ziel. Heute sagt er: „Wir wollen der wichtigste Spezialanbieter für
unsere Produkte weltweit sein.“ Wenn man sich seinen Karriereweg ansieht, bleiben keine Zweifel, dass er
auch dieses Ziel erreichen wird. Ein typischer Macher also. Oder etwa nicht?
Eigentlich ist Helmut Wieser vorerst näm-
lich gar nicht überzeugt davon, sich als
„Macher“ bezeichnen zu lassen. Und wei-
gert sich, von unserem Cover zu lachen.
Wobei es keineswegs das Lachen ist, das
der 63-Jährige verweigert (er lacht sogar
sehr oft), es wäre ihm nur wesentlich lie-
ber, das gesamte Team der Amag unter
den Titel „Die Macher“ zu stellen. Er sei
schließlich nicht alleine für den Erfolg des
Konzerns verantwortlich. Nun ja, ein etwas
schwieriges Unterfangen, mehr als 1.700
Mitarbeiter auf einem A4-Format abzu-
bilden. Dass ihm seine Leute wirklich so
wichtig sind, kauft man ihm jedenfalls ab
– was natürlich auch daran liegen könnte,
dass man ihm generell vieles abkauft, er
ist schließlich als exzellenter Verkäufer be-
kannt. Aber dazu später.
Seine Motivation, Mitarbeiter vor den Vor-
hang zu holen und sie als Motor für den Er-
folg zu erkennen, holte er sich tatsächlich
schon in jungen Jahren, kurz nach seinem
Studium. Voller Enthusiasmus wollte er bei
seinem damaligen Arbeitgeber Neuerun-
gen vorschlagen. Um diese anzubringen,
musste er jedoch vor eine sechsköpfige
Kommission treten, schon der Weg dorthin
war mühsam. „Was wollen’S denn?“, war
dann die Frage. „Ich brachte schließlich
meine Ideen an, wie wir besser werden
könnten. Wirklich gute Ideen. Erst ein Jahr
später bekam ich die Antwort – alle acht
Vorschläge wurden abgelehnt“, erzählt
Wieser. Heute lacht er darüber. Denn ei-
gentlich sei das doch ganz positiv gewesen.
„Die beste Motivation dafür, es hier ganz an-
ders zu gestalten.“ Wer in der Amag also
eine Idee zur Verbesserung hat, kann diese
auf sehr unkomplizierte Art und Weise vor-
bringen und muss maximal eine Woche auf
die Rückmeldung warten. „Wir bekommen
10.000 Vorschläge pro Jahr, das sind um-
gerechnet sieben pro Mitarbeiter“, erzählt
er stolz. Und diese seien immens wich-
tig. Immerhin habe er ambitionierte Ziele
für den größten österreichischen Alumi-
niumerzeuger mit Standort in Ranshofen
im Innviertel. Genau dort treffen wir ihn
zum Interview.
Dabei sein ist alles – bei Olympia und
auch in der Wirtschaft. Wie qualifiziert
man sich denn, damit man heute wie
morgen am Weltmarkt mitspielen kann?
WIESER_Das Wichtigste: Man braucht
eine Vision! Ich wollte immer zu den Olym-
pischen Spielen, das habe ich mir in den
Kopf gesetzt. Natürlich gibt es auf dem
Weg dorthin Hürden zu überwinden. Und
deshalb braucht es auch jede Menge Aus-
dauer. Das ist hier bei der Amag ja dasselbe
– das Ziel, der wichtigste Spezialanbieter für
unsere Produkte weltweit zu werden, kann
man nicht in zwei Jahren erreichen. Dazu
braucht man eine Timeline und verschie-
dene Strategien, zehn bis fünfzehn Jahre
muss man sich Tag und Nacht dafür einset-
zen. Im Sport habe ich ja auch zehn Jahre
lang professionell trainiert, bevor ich zu den
Sommerspielen in Moskau gefahren bin.
Aber definiert man Ziele heute über-
haupt noch selbst oder werden diese
vielmehr vom Kunden vorgegeben?
WIESER_Wenn der Kunde ein Produkt mit
zwei Metern Breite braucht und du kei-
ne Stücke in dem Maß hast, dann bist du
kein Lieferant. Es geht also darum, sich
eine Strategie zu überlegen, wie man die
Kundenanforderungen umsetzt. Dassel-
be überlegt sich natürlich die Konkurrenz.
Wer hat also die besseren Angebote? Dabei
spielt die Technologie eine entscheidende
Rolle und hier sind wir sehr gut aufgestellt,
wir haben 100 Technologen am Standort.
Um die Verhandlungen schließlich zu ge-
winnen, muss man sich immer wieder von
neuem qualifizieren und trainieren. Denn
es geht nicht nur um das Dabeisein, man
muss ganz vorne dabei sein. Es hilft ja auch
nichts, wenn man hinter dem Usain Bolt
hinterherrennt und jammert „Der läuft so
schnell, das ist unfair!“. Wenn ich nicht vor-
ne bin, muss ich mir etwas einfallen lassen
und innovativ sein, um ihn zu überholen.
Die Amag setzt ihren Wachstumskurs
fort, steigerte die Absatzmenge deutlich
und zog kürzlich einen Mehrjahresver-
trag mit Airbus an Land – das mit dem
Überholen scheint Ihnen gut zu gelingen.
Was steckt dahinter?
WIESER_Vorausschauen ist ein wesent-
licher Erfolgsfaktor. Und nachdem – wie
vorhin schon angesprochen – Innovationen
eine entscheidende Rolle spielen, musst du
dich rechtzeitig um die besten Leute bemü-
hen. Wir arbeiten sehr eng mit den Univer-
sitäten in Leoben, Wien, Graz und Zürich
zusammen, Studenten finden bei uns ne-
ben Forschungsprojekten auch in Projekt-,
Bachelor-, Master- und Doktorarbeiten
interessante Betätigungsfelder. Man muss
die Techniker regelrecht vom Markt weg-
ziehen und ihnen ein gutes Umfeld bieten.
Aber ist es nicht schwierig, diese Leute
nach Ranshofen zu holen?
WIESER_Im ersten Moment könnte man
meinen, was tun die Leute hier am Ende
der Welt (lacht)? Aber erstens wohnen ja
viele im Innviertel oder im benachbarten
Bayern und zweitens ist die Nähe zu den
Bergen ein sehr einladender Vorteil. Im
Winter kommen sie schnell zum Skifahren,
im Sommer zum Wandern und Bergstei-
gen. Wobei das alleine natürlich nicht als
Argument zählt. Es ist ein Zusammenspiel
von vielem – und dass dieses gut funktio-
niert, sieht man auch daran, dass wir eine
extrem niedrige Fluktuation haben. Eine
wichtige Rolle spielt natürlich auch unse-
re Elf-Prozent-Beteiligung der Mitarbeiter.
Diese gibt einen guten Drive - ich bin über-
zeugt, dass sich Mitarbeiterbeteiligungen
auf jeden Fall auszahlen.
DABEI SEIN IST ALLES.
ODER: GOLD FÜR ALU