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VORBILD MIBA
Josef Kurzmann war über 30 Jahre lang in Führungspo-
sitionen bei international tätigen Unternehmen, zuletzt
Chef der über 6.000 Mitarbeiter der Schalungstechnik-
Firma Doka und Vorstandsmitglied der Umdasch AG.
Nun bietet Kurzmann als Investor und Advisor mit
seinem Unternehmen „Josef Kurzmann Beteiligung
GmbH“ (JKB) Familienunternehmen aus Mittelstand und
Industrie im neuen Umfeld von Wirtschaft 4.0 Sparring-
Partnerschaften. Der 52-Jährige Unternehmer analysiert
für uns Vorzeigeunternehmen, um aufzuzeigen, welches
Innovations- und Wachstumspotential in vielen mittel-
ständischen Betrieben steckt.
Der Zulieferkonzern Miba ist laut Aussage vom
Vorstandsvorsitzenden F. Peter Mitterbauer
mitten drinnen im Thema Digitalisierung und
Industrie 4.0. Was können sich andere Unterneh-
men davon abschauen?
_Mitterbauer rät zu einem
pragmatischen Zugang beim Thema Digitalisierung
und Industrie 4.0 und macht das selbst, indem er sehr
bedarfs- und nutzenorientiert vorgeht. Sich mit neuen
Kunden in den gleichen Raum zu setzen, um zu erfah-
ren, wo es Chancen für neue Themen und Produkte
gibt, ist genau der richtige Zugang. Es ist notwendig,
eine Digitalisierungsstrategie zu entwickeln, weil die
Wirtschaft 4.0 wesentliche und disruptive Veränderun-
gen bringt. Denn, was in der Strategie nicht gesetzt
ist, kann operativ nicht wachsen. Die von Mitterbauer
angesprochene selbstorganisierte, papierlose Fabrik
bringt Betrieben im produzierenden und organisatori-
schen Bereich Möglichkeiten, ihre Fertigungskosten zu
reduzieren und ihre Wettbewerbsfähigkeit weiterzuent-
wickeln.
Welche wichtigen Bereiche spricht F. Peter Mit-
terbauer an, um den aktuellen Veränderungen
am Markt standhalten zu können?
_Ein ganz we-
sentlicher Bereich ist das lebenslange Lernen – es wird
für alle Unternehmen immer wichtiger. Die Umqualifi-
zierung von bestehenden Mitarbeitern hat den Vorteil,
dass diese die Firma bereits kennen und es daher
einfacher als ein neues Recruiting ist. Für den Bereich
Organisation und neue Arbeitsweisen werden auch
Akzente durch den Bau des neuen Miba Forum gesetzt.
Weiters ist das neue Headquarter ein starker Impuls für
das Image des Unternehmens.
Im Zuge der Wirtschaft 4.0 müssen Geschäfts-
modelle verändert und angepasst werden.
_Es
ist eine große Herausforderung für Automobilzuliefe-
rer, ihr Geschäftsmodell unter Berücksichtigung ihrer
Kernkompetenzen rechtzeitig zu adaptieren und in neue
datengetriebene Produkt- und Dienstleistungsange-
bote zu transformieren. Unternehmen müssen neue
Nutzenebenen für ihre Märkte finden und Vorausset-
zungen schaffen, um dort wettbewerbsfähig zu werden.
Daneben dürfen sie das bestehende Kerngeschäft nicht
vernachlässigen, denn da gibt es beim Marktanteil nach
oben meist noch einen Spielraum. Kapital ist immer
eine limitierte Ressource und bei Veränderungsprozes-
sen ist die große Schwierigkeit, das Kapital rechtzeitig
in die neue Wirtschaftswelt zu investieren und nicht zu
lange nach dem alten Muster weiter zu investieren. Die
Miba hat in Form von Forschungsprojekten rechtzeitig
begonnen, in das zukünftige Geschäft zu investieren.
Man macht sich Gedanken zur Steigerung der Inno-
vationskraft und lässt dabei auch unübliche Ideen mit
der Kreativeinheit „Disruptive Innovation“ zu. Dadurch
werden Start-up-ähnliche Innovationsräume geschaffen
und die braucht es auch, weil es in der Automobilbran-
che nicht nur evolutionäre, sondern auch revolutionäre
Veränderungen geben wird.
Es ist notwendig, eine
Digitalisierungsstrategie zu
entwickeln, weil die Wirtschaft
4.0 wesentliche und disruptive
Veränderungen bringt.
JOSEF KURZMANN
Investor und Advisor, JK Beteiligung
„Um das Unternehmen langfristig fit zu
halten, beschäftigen wir uns jetzt damit,
Antworten für übermorgen zu finden“,
sagt Mitterbauer. Dazu gehört auch die
betriebliche Krabbelstube, die 2014 er-
öffnet und mittlerweile auf 24 Plätze ver-
doppelt wurde und die Mitarbeiter bei der
Vereinbarkeit von Familie und Beruf un-
terstützt (näheres zur Vereinbarkeit von
Familie und Beruf für die Wirtschaft auf
Seite 108). Eine weitere wichtige Maßnah-
me, um mit Vollgas in die Zukunft zu fah-
ren ist auch der aktuelle Bau eines neuen
Headquarters um 8,5 Millionen Euro am
Stammsitz in Laakirchen. Das „Miba Fo-
rum“ soll im Frühjahr 2017 zum 90. Ge-
burtstag des Unternehmens eröffnet wer-
den. Das Gebäude ist einem Vierkanthof
nachempfunden, erklärt Mitterbauer: „Wir
haben etwas gesucht, das in die Gegend
passt und Tradition mit Moderne verbin-
det.“ Der Name „Forum“ wurde gewählt,
weil es ein „Ort der Begegnung und des
gemeinsamen Arbeitens“ werden soll. Auf
4.000 Quadratmetern gibt es neben Büros,
Konferenz- und Schulungsräumen auch
Kreativräume für Forscher und Entwickler.
Es sollen Mitarbeiter von internationalen
Standorten, sowie Kunden und Lieferan-
ten die Möglichkeit bekommen, im Miba
Forum an Projekten zu arbeiten und die
Zukunft zu gestalten. Neues, tätigkeits-
orientiertes Arbeiten wie man es von den
„klassischen Facebooks und Googles die-
ser Welt“ kennt, soll somit auch bei einem
Industriebetrieb in Laakirchen einziehen._