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V. Gebot
Man nennt uns Leistungsgesellschaft.
Und ganz ehrlich, wer definiert sich nicht
über Leistung? Das merkt man schon da-
ran, dass Patienten die Diagnose „Burn-
out“ wesentlich besser annehmen als die
eigentlich medizinisch richtige Bezeich-
nung „Depression“. „Burn-out assoziiert,
dass jemand etwas geleistet hat. Depres-
sion klingt so passiv, damit will man sich
nicht identifizieren“, weiß Psychologin
Schöny. Schon in der Schule geht es um
Leistung. Für gute Leistungen bekommt
man gute Noten und obendrein vom Opa
eine Belohnung. „Wir lernen von Anfang
an, dass wir dann Anerkennung bekom-
men, wenn wir etwas geleistet haben. Da-
mit verlernen wir, auf unsere Intuition zu
hören. Was passiert nun, wenn wir vom
Leistungsdenken gesteuert werden? Die
Zufriedenheit lässt auf sich warten. Egal,
wie viel wir erreichen, wir wollen immer
mehr oder immer etwas anderes als das,
was wir gerade haben. „Gier hängt stark
mit dieser Haltung zusammen – vor al-
lem perfektionistische Personen richten
ihre Aufmerksamkeit auf Misserfolge
statt auf Erfolge. Sie sehen nicht, was
gut funktioniert, sondern nur die Fehler“,
weiß Schöny. Damit wir uns weiter moti-
vieren und weil wir ja gelernt haben, dass
Leistung belohnt wird, belohnen wir uns
selbst. Das kann zum Beispiel in Kon-
sumwahn ausarten. Nach dem Kauf folgt
FAZIT
_Definiere dich über
deine Persönlichkeit.
ein kurzer, glücklicher Moment, der aber
immer schneller verfliegt. „Die Frage
ist: Was macht mich glücklich? Luxus
ist schön zu genießen, wirklich glücklich
macht er nicht. Man möchte immer mehr
und mehr und wird immer weniger leicht
zufrieden. Die Seele wird nicht satt von
den Dingen. Die Seele wird nur satt von
der Liebe“, sagt Ordensschwester Bea-
trix Mayrhofer. Sie mache immer wieder
die Erfahrung, dass Menschen, die sehr
viel besitzen, Gefahr laufen, todunglück-
lich zu sein. Wichtig sei, so Stingeder, zu
erkennen, dass das Nachlaufen nach Be-
lohnung nicht glücklich macht. Glücklich
mache hingegen, wenn man fern vom
Leistungsdenken weiß, welchen Fußab-
druck man hinterlassen möchte. „Wenn
es gelingt, in sich die Ruhe zu finden, dann
wird auch die innere Zufriedenheit immer
mehr werden. Dann hört auch dieses Su-
chen auf. Und auch das Suchtverhalten,
egal ob Arbeits-, Ess- oder Kaufsucht“,
so Stingeder. Die Gehirnforschung bestä-
tigt übrigens, dass es keine Belohnung
braucht, wenn die Begeisterung für das,
was man tut, im Vordergrund steht.
„Die Seele wir
d
nicht satt von den
Dingen. Die Seel
e
wird nur satt v
on der
Liebe.“
Beatrix Mayrhof
er
Ordensschwes
ter und Präsidentin
der Vereinigung der F
rauenorden
Österreich
Johannes Süss, Gastwirt im Gasthof Süss, Oberkappel
„Weil mein Gasthof
mein Leben ist.”
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