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Sie haben vorhin „Vorausschauen“ als
wesentlichen Erfolgsfaktor genannt.
Spielen Sie bei diesem Blick in die Zu-
kunft auch Szenarien durch wie „Was
wäre, wenn ein innovatives Material
auf den Markt kommt, das bessere
Eigenschaften zu günstigeren Preisen
als Aluminium hat?“
WIESER_Ja, das haben wir täglich, zum
Beispiel mit dem Kohlefaserwerkstoff
Carbon fibre. Dieser ist aber zehn Mal
so teuer wie Aluminium und kann kaum
recycelt werden, Aluminium kann immer
wieder recycelt werden. Es gibt stets ei-
nen starken Konkurrenzkampf, aber in
der Flugzeugindustrie ist die nächsten
fünfzehn bis 20 Jahre jetzt mal alles auf
Aluminium ausgelegt, auch in der Auto-
mobilindustrie setzt man auf Aluminium.
Die gesetzlich geforderten CO
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-Reduktio-
nen und der damit verbundene Trend zum
Leichtbau im Automobilbereich sind star-
ke Treiber für unser Wachstum. Bis 2020
wird eine Verdreifachung des Bedarfs an
Aluminiumblechen auf 2,3 Millionen Ton-
nen erwartet.
So wie es beim Sport nicht nur auf das
richtige Material ankommt, kommt es
in der Wirtschaft nicht nur auf das Pro-
dukt an, sondern auch, wie es verkauft
wird. Kommt es Ihnen beim Verkaufen
zugute, dass Sie beim Modernen Fünf-
kampf die Disziplin Degenfechten gut
beherrschen mussten?
WIESER_(lacht) Sicher! Beim Degenfech-
ten geht’s darum, den richtigen Abstand
zum Anderen einzuhalten, spontan aufei-
nander zu reagieren und eine gute Reakti-
onsgeschwindigkeit zu haben. Genau das
braucht man als Verkäufer. Und so wie im
Sport, kommt es auch im Verkauf auf die
Abschlussstärke an: Am Ende zählt nur
der Treffer oder der Zieleinlauf oder das
überwundene Hindernis. Bis dorthin ist
es aber oft kein einfacher Weg. Man muss
Kontakte auf den verschiedenen Ebenen
aufbauen und braucht natürlich ein gutes
Produkt. Außerdem wollen Firmen wie
Airbus, wo die Zahlen immer aufwärts
gehen, auch nur Partner haben, die eben-
so investieren. Um im Luftfahrtgeschäft
Partner zu werden, braucht es circa zehn
Jahre. Das ist im Sport im Normalfall
ebenso – natürlich kann es ein Top-Talent
auch in fünf Jahren schaffen, aber meist
muss man auch mindestens zehn Jah-
re lang trainieren. Und dann müssen sie
auch gut verkaufen können und Leader-
ship zeigen.
Gibt es auf diesem Weg zur Qualifi-
kation nicht auch Momente, wo man
aufgeben möchte?
WIESER_Die gibt es bestimmt, aber von
der Vision dürfen sie nicht abweichen. Man
wird immer wieder zurückgewiesen, in
der Wirtschaft mit Aussagen wie ‚Mit dem
Preis kommen wir nicht zusammen.‘, im
Sport mit stärkeren Konkurrenten. Das
kann dann schon hart sein – zum Beispiel
ging ich laufen, wenn die anderen schon
im Bett waren. Und in der Wirtschaft muss
man vielleicht Investitionsentscheidungen
treffen, welche die anderen nicht treffen,
sodass man die Nase vorn hat.
Wenn da nicht die oft als schwierig be-
zeichneten Rahmenbedingungen wären,
die zum Beispiel Investitionsentschei-
dungen erschweren.
WIESER_Die Rahmenbedingungen müs-
sen stimmen, das ist richtig. Wenn wir
zehn Tage brauchen würden, um an die
Grenze zu kommen, wenn wir keine gut
ausgebildeten Leute hätten, dann funk-
tioniert das alles nicht. Ich könnte auch
sagen ‚Wenn unsere Politik nicht besser
wird, dann kann ich keine Aufträge mehr
annehmen.‘ Aber das ist nicht unsere Art.
Ja, es muss ein Zusammenspiel geben
und das ist manchmal schwierig, aber wir
leben in einem guten Umfeld. Klar kann
man sich auf alles ausreden – wenn ein
talentierter Schwimmer sagt, er wollte
eh gern zu den Olympischen Spielen, aber
leider war das Schwimmbad immer zu-
gesperrt, wenn er trainieren wollte, dann
wird er nicht teilnehmen. Wir haben auch
mit Problemen zu kämpfen wie etwa, dass
auf der Strecke Richtung München seit
vielen Jahren ein Stück Autobahn fehlt
und man 60 Kilometer auf der Bundes-
straße mit enormem Verkehr fährt. Trotz-
dem kann ich an Airbus oder nach Ingol-
stadt liefern.
Ein klares Bekenntnis zum
Industriestandort Österreich?
WIESER_Ja, wir haben einen guten Stand-
ort. Sowohl was die zentrale geografische
Lage betrifft, die hohe Kompetenz und das
Engagement unserer Mitarbeiter, als auch
die stabile Eigentümerstruktur mit einem
österreichischen Kernaktionär. Was mir
aber schon auffällt ist, dass die politische
Stabilität in Österreich unseren Kunden
weltweit extrem wichtig ist. Da werde ich
oft gefragt, ob’s uns eh noch gut geht, Ne-
gativschlagzeilen sind da wahrlich nicht
förderlich. Und generell ist es natürlich
wichtig, dass nicht zusätzliche Verordnun-
gen geschaffen werden, sondern vieles
vereinfacht und effizienter gemacht wird.
So wie wir uns jeden Tag überlegen, was
wir noch besser machen können, erwar-
ten wir uns das auch von der Politik. Wir
können ja auch nicht einfach sagen „Oh,
wir haben zu viel Arbeit, dann stellen wir
eben noch drei Mitarbeiter ein.“, sondern
überlegen, wie wir den Ablauf verbessern
können, um effizienter zu werden.