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VOM KAMPF UM (JE)DEN PREIS
Die Landwirte stöhnen unter dem Preisverfall. Österreichs kleinstrukturierte und kostenintensive
Landwirtschaft kann beim Preis nicht punkten. Gleichzeitig ist der Preis für die Konsumenten aber
das wichtigste Kriterium beim Lebensmitteleinkauf. Antworten von Experten zu diesem Dilemma am
Lebensmittelmarkt und Porträts von regionalen Produzenten, die erfolgreich ihren Weg gehen.
REDAKTION_SABRINA KAINRAD
FOTOGRAFIE_THINKSTOCK, MARIO RIENER, SALAMITROCKNEREI
SALLER, HELI MAYR (PETER AFFENZELLER) , KURT TRAXL
Zwei Drittel der Lebensmittel in Öster-
reich werden über den Handel verkauft.
Rund 25 Prozent davon, bei Fleisch ist
der Anteil mit 35 Prozent sogar noch
höher, wandern bei Aktionen über den
Verkaufstisch. „Wir haben in Österreich
einen extrem hohen Aktionsanteil“, weiß
Franz Reisecker, oberösterreichischer
Landwirtschaftskammer-Präsident. Und
Otmar Höglinger, Studiengangsleiter für
Lebensmitteltechnologie und Ernährung
an der FH Wels, ergänzt: Laut aktuellen
Studien sind rund 70 Prozent der Konsu-
menten bei den Lebensmitteln Preiskäu-
fer. Der Preis steht an erster Stelle bei
den Kaufentscheidungen, gefolgt von der
Frische auf Platz zwei. Die Themen Regio-
nalität oder auch Bio seien nur im Mittel-
feld und damit für die große Masse nicht
wirklich ausschlaggebend. „Die Themen
werden in der Öffentlichkeit ein bisschen
überbewertet“, sagt Höglinger.
Wert der Lebensmittel
Aber auch wenn die große Masse der Le-
bensmittel über den billigen Preis verkauft
wird, gewinnt die Regionalität und Bio für
die Konsumenten an Bedeutung. Dazu
Reisecker: „Es wird immer Konsumen-
ten geben, die nur auf die Billigschiene
schauen. Aber es steigt der Anteil derjeni-
gen Konsumenten, die genau wissen wol-
len, wo die Produkte herkommen, wie sie
produziert werden und wer als Produzent
dahintersteht.“ Bei den großen Lebens-
mittelketten sei die Herkunft – speziell
auch mit den Eigenmarken – kaum mehr
nachvollziehbar. Die Landwirtschafts-
kammer unterstützt alle Initiativen, die in
Richtung Regionalität und Direktvermark-
tung gehen, weil damit ein höheres Qua-
litätsbewusstsein bei den Konsumenten
geschaffen und der Wert der Lebensmittel
erhöht werden könne. Wenn ein landwirt-
schaftlicher Betrieb das passende Umfeld
und die richtige Lage habe, sei die Direkt-
vermarktung beim aktuellen Preisverfall
eine Alternative um eine höhere Wert-
schöpfung zu generieren.
Die Zahlen der Direktvermarkter in der
Landwirtschaft sind in den vergangenen
Jahren gestiegen. Reisecker sieht spe-
ziell im Bereich Fleisch noch weiteren
Bedarf. Bei Gemüse und Obst hingegen