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SCHÖN. UND GUT?

Der Wunsch nach körperlicher Perfektion steigt und steigt – darüber freut sich ein ganzer Industriezweig. 
Schönheit ist aber nicht nur ein 

bedeutender Wirtschaftsfaktor, sondern wird zunehmend zum 

Karrierefaktor. Haben es attraktive Menschen tatsächlich leichter, warum spielt das Aussehen eine 
immer größere Rolle und wie kann man das für sein Geschäftsmodell nutzen? Ein Blick hinter die 
(schöne) Fassade unserer Gesellschaft. 

Eine Gesellschaft, die sich längst alle Wün-
sche erfüllt hat. Schickes Zuhause, Pool, 
Auto, Flatscreen sind zur Selbstverständ-
lichkeit geworden. Der Freundeskreis ist 
groß, die Sorge um Sicherheit klein, der 
Kühlschrank prall gefüllt. Würde jetzt die 
berühmte Fee mit den freien Wünschen 
kommen, wären wir im ersten Moment 
wohl sprachlos. Was könnten wir uns denn 
noch wünschen? Ach ja ... da wär schon 
noch etwas. Denn wenn alles rundherum 
nahezu perfekt ist, dann suchen wir die 
Fehler bei uns selbst. Oder andersrum: 

Je kleiner die Sorgen, desto größer der 

Wunsch nach Perfektion.

Das spürt vor allem die Schönheitsindus-
trie – sie boomt in sämtlichen Bereichen 
von Mode über Kosmetik bis hin zur Plas-
tischen Chirurgie. Konjunkturforscher 
sprechen davon, dass wir uns derzeit im 
sechsten Kondratieff-Zyklus befinden, in 
dem erstmals nichts Materielles, sondern 
das Gesundheitswesen im Vordergrund 
steht. In Zahlen ausgedrückt: Mehr als 35 
Milliarden Euro werden in Österreich für 
Gesundheit im weitesten Sinne ausgege-
ben. Dazu zählt auch die Schönheitsbran-

che – so gaben die Österreicher 2015 etwa 

1,5 Milliarden Euro für Kosmetikartikel 

aus, rund 40.000 ästhetische Operationen 
werden jährlich durchgeführt und auch 
die über 23.300 Mode- und Freizeitartikel-
händler leben hierzulande vom aktuellen 
Optimierungsdrang. 

Spieglein, Spieglein …

Dass Menschen ihren Körper so schön wie 
möglich präsentieren möchten, ist nichts 
Neues. „Das ist ein Urbedürfnis“, erklärt 
Werner Schöny, Vorstands-Vorsitzender 
von pro mente Oberösterreich und jahre-
langer Leiter der Linzer Landesnervenkli-
nik. „Die Entwicklung bei uns ist jetzt inso-
fern besonders bedeutend, weil sie so stark 
ins Wirtschaftliche geht. Für die westliche 
Welt ist daraus eine Industrie geworden.“ 
Der Wunsch nach Schönheit sei an sich et-
was Positives, so Schöny weiter. Problema-
tisch werde er nur dann, wenn er zwang-
haft verfolgt wird und man den Boden des 
Realismus verlässt. „Werbung, Medien und 
realitätsferne Fotografie propagieren zum 

Teil Schönheitsideale, die gesundheitlich 

nicht mehr vertreten werden können.“ Das 

führe besonders bei Menschen, die zwang-
hafte Persönlichkeitsstrukturen haben, zu 
schweren Beeinträchtigungen wie Mager-
sucht, Kaufzwang, Depressionen oder auch 

zur Sucht nach Schönheits-Operationen. 

„Wenn man mit seinem Körperbild immer 

unzufrieden ist und deshalb eine Schön-
heitsveränderung nach der anderen macht, 
dann wird’s krankhaft.“ Wer grundsätzlich 
unzufrieden ist mit sich selbst, der sucht 
natürlich etwas, worauf er dieses Gefühl 
aufhängen kann – da würde einem die 
neue Nase oder größere Brust aber nichts 
helfen, ist der Facharzt für Psychiatrie 
und Psychotherapeutische Medizin über-
zeugt. „Wenn Sie nicht lernen, ein Mensch 
zu werden, der mit sich im Reinen ist, dann 
werden Sie immer etwas finden, was Sie 
anders haben möchten. Gute ästhetische 
Chirurgen nehmen das auch wahr.“

Zu den guten ästhetischen Chirurgen zählt 

wohl auch der Oberösterreicher Georg 
Huemer. Er machte sich schon in jungen 

Jahren einen Namen in der Rekonstruk-

tiven Chirurgie. Dass der psychologische 
Aspekt in seinen beiden Privatordinationen 
in Linz und Wels tatsächlich eine wesentli-