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„Wenn ein Kapitän auf stürmischer See
unterwegs ist, muss er das Schiff si-
cher in den Hafen bringen, sollte aber
am Abend auch beim Kapitänsdinner
bei den Gästen sitzen. Und mit dem
Kapitän seien die heimischen Touristi-
ker vergleichbar“, sagt Robert Seeber:
„Wir haben zu wenig Zeit für den Gast,
weil wir mit regulatorischen Sachen
und Administrationsarbeiten zuge-
schüttet werden.“ Seeber ist Obmann
der Sparte Tourismus und Freizeitwirt-
schaft in der Wirtschaftskammer Ober-
österreich (WKOÖ) und Vorsitzender im
Landes-Tourismusverband.
Verzerrung des Wettbewerbs
Die Sparte besteht aus knapp 6.000
aktiven Gastronomiebetrieben, rund
870 Hotelleriebetrieben, fast 150 Ge-
sundheitsbetrieben, circa 250 Reise-
büros, über 300 Kino-, Kultur- und
Vergnügungsbetrieben und mehr als
1.600 Freizeit- und Sportbetrieben. Je
nach Saison sind zwischen 23.000 und
32.000 Mitarbeiter beschäftigt. Die di-
rekte und indirekte Wertschöpfung der
Tourismus- und Freizeitwirtschaft lag
2014 bei rund 48,8 Milliarden Euro, das
sind 14,8 Prozent des BIP. „Wir leisten
einen großen Teil zur Wertschöpfung
im Land. Wir sind Säulen des Steu-
ersystems, denn wir können unsere
Betriebe nicht auslagern und wie die
Großindustrie steuerschonende Model-
le machen“, fordert Seeber ein Umden-
ken und entsprechende Wertschätzung
von der Politik und der Bevölkerung.
Die Branche agiere bei 1,6 Prozent Er-
tragslage vor Steuern. Durch die vielen
Belastungen, wie etwa jüngst die Aller-
gen-Verordnung, das Rauchverbot oder
die Registrierkassenpflicht, werde es
immer enger. „Die Sparte ist auch nicht
gegen die Registrierkassenpflicht, aber
bei der Praxistauglichkeit wird über
das Ziel hinausgeschossen.“ Seeber
fordert eine Entlastung des Faktors
Arbeit, flexiblere Arbeitszeitgesetze,
sowie einen Dienstleistungsscheck für
Aushilfskräfte.
Weiters sei das Thema „Sharing Eco-
nomy“ eine große Herausforderung
für die Branche. Vermietungen von
„WIR HABEN ZU WENIG ZEIT
FÜR DEN GAST“
Oberösterreich habe
große Chancen im Tourismus: Alle Schlüsselfaktoren für die zukünftigen Trends
bei Urlaubsreisen sind vorhanden. Um das volle Potential aber auch ausschöpfen zu können, müssen die
Betriebe ihr Kirchturmdenken ablegen und mehr kooperieren. Und von Seiten der Politik braucht es mehr
Wertschätzung für die Unternehmen, so der Spartenobmann und Vorsitzende im Landes-Tourismusrat,
Robert Seeber (Wirtschaftsbund).
REDAKTION_SABRINA KAINRAD
FOTOGRAFIE_THINKSTOCK, RUDOLF LARESSER