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DIE SPANNUNG STEIGT
Sichere und leistbare Energieversorgung gehört zu den zentralen Standortfaktoren – besonders für
ein energieintensives Bundesland wie Oberösterreich. Veränderte Rahmenbedingungen und Umbrüche in
der Erzeugung stellen die Politik vor neue Herausforderungen.
REDAKTION_VALENTIN LISCHKA
FOTOGRAFIE_ENERGIE AG/WAKOLBINGER, LAND OÖ
Sie ist das Nervenzentrum der heimi-
schen Stromversorgung: Die Austria
Power Grid (APG)-Steuerzentrale im
Südosten von Wien. Normalerweise ist
dieser Ort nicht für Journalisten zugäng-
lich, wir müssen leise sprechen, um die
Konzentration der Mitarbeiter nicht zu
stören, die auf gewaltigen Bildschirmen
das österreichische Stromnetz beob-
achten und regulieren. Ein kleiner Feh-
ler hätte massive Auswirkungen auf das
gesamte Netz. „Hier laufen alle Markt-
daten zusammen, wir regeln die Vertei-
lung des Stroms“, sagt Tahir Kapetanovic,
Geschäftsführer der APG. Die geplante
Erzeugung der Kraftwerke wird ebenso
berechnet und beobachtet wie der lan-
desweite Stromverbrauch. Nicht nur der
wachsende Verbrauch stellt die APG vor
Herausforderungen. Österreich ist euro-
paweit gesehen ein zentraler Knoten für
die Stromversorgung. „Wir sind mitten
im Geschehen, niemand hat so viele und
komplizierte Nachbarn wie wir, was die
Stromversorgung betrifft“, sagt Kape-
tanovic. Da wären etwa die ehemaligen
Ostblockländer, deren Netzausbau sich
von unserem unterscheidet, oder die
Schweiz mit einer anderen Rechtsgrund-
lage. Kapetanovic: „Besonders wichtig ist
das Engpassmanagement. Wir müssen
damit umgehen, dass Energie manchmal
da ist, wenn man sie nicht braucht, und
umgekehrt.“ Im Sommer 2015 musste die
APG etwa auf Energiereserven aus Ober-
österreich zurückgreifen: Um das Strom-
netz zu stabilisieren, wurde das Gas-
und-Dampf-Kraftwerk der Energie AG
Oberösterreich insgesamt 46 Mal
aktiviert.
Verwerfungen auf den
Märkten
Die Rahmenbedingungen der Energieer-
zeugung ändern sich – nicht nur durch
den zunehmenden Verbrauch. Auch feh-
lende Nord-Süd-Transportkapazitäten
sind ein Problem. Das stellt auch die
heimische Politik vor Herausforderun-
gen. „Wir erleben Umbrüche in der Er-
zeugung der Energie, das führt zu gro-
ßen Verwerfungen auf den Märkten und
entsprechenden Brüchen im System“,
sagt Energie-Landesrat Michael Strugl.
Die heimische Elektrizitätswirtschaft
geht davon aus, dass sich der Anteil von
Strom am Gesamtenergieverbrauch bis
2030 von einem Fünftel auf ein Drittel
steigern wird. „Wir müssen die ober-
österreichische Infrastruktur fit für die
Versorgung des Standortes machen“,