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Was wir von Fill lernen können
Josef Kurzmann war über 30 Jahre lang in
Führungspositionen bei international tätigen Unternehmen,
zuletzt 23 Jahre lang Chef der über 6.000 Mitarbeiter der
Schalungstechnik-Firma Doka und Vorstandsmitglied
der Umdasch AG. Im Frühjahr 2014 hat Kurzmann
das Unternehmen verlassen und unterstützt nun als
Investor und Advisor mit seinem Unternehmen „Josef
Kurzmann Beteiligung GmbH“ (JKB) mittelständische
Unternehmen aus Mittelstand und Industrie im neuen
Umfeld von Wirtschaft 4.0. Der 52-Jährige Unternehmer
analysiert für uns Vorzeigeunternehmen, um aufzuzeigen,
welches Innovations- und Wachstumspotential in vielen
heimischen mittelständischen Betrieben steckt und wie
das Potential besser genutzt werden kann. Er kennt die
Herausforderungen und Chancen, aber auch Risiken von
Wirtschaft 4.0 für mittelständische Unternehmen.
Die Firma „Fill GmbH“ hat das Thema Industrie 4.0 früh-
zeitig erkannt und ist international sehr erfolgreich. Wie
gelingt es Unternehmen mit ähnlichem Potential, aktuel-
le Trends und Entwicklungen am Markt zu erkennen?_Ich
beobachte, dass Unternehmen, die nahe am Kunden sind,
sich deren Problemstellungen annehmen und sich mit die-
sen auch intensiv auseinandersetzen, intuitiv und sehr früh
Trends und Entwicklungen erkennen. Und da ist sicher auch
das Thema Professionalisierung des Vertriebs ein wichtiger
Erfolgsfaktor: Firmen müssen vertrieblich gut aufgestellt
sein. Es ist ein enger Kundenkontakt notwendig, um die
Veränderung der Kundenbedürfnisse im Wandel dieser Zeit
frühzeitig zu erkennen. Wie man am Beispiel von Fill sehr
gut sieht, wird der Kontakt zu den Kunden immer wichtiger.
Der intensive Austausch mit Kunden – speziell Leadkun-
den und herausfordernden Kunden – ist ein Garant für die
am Kundennutzen orientierte Ideengenerierung im eigenen
Unternehmen. Fill stellt die Kundennähe durch den Direkt-
vertrieb, neue Vertriebs- und Service-Tochtergesellschaften
und ihren Verkaufstechnikern sicher. Diese werden großteils
im Betrieb ausgebildet, lernen alles von der Pieke auf und
kommen so bestens ausgebildet zu den Kunden. So werden
sie vom Kunden als Fachexperten akzeptiert.
Welche wichtigen Bereiche spricht Andreas Fill an, um den
aktuellen Veränderungen am Markt standhalten zu kön-
nen?_Andreas Fill skizziert deutlich, dass Hardfacts alleine
in Zukunft nicht mehr reichen, um Kunden zu begeistern.
Weitere Voraussetzungen sind der richtige Umgang mit den
Mitarbeitern, Employer Branding, die psychosoziale Gesund-
heit im Unternehmen und die Unternehmenskultur. Eine of-
fene, kooperative Unternehmenskultur mobilisiert das Krea-
tivitätspotential zu jeder Tages- und Nachtzeit. Zusammen ist
das die Basis für die authentische Markenkommunikation an
Kunden und Stakeholdern. Arbeit und Freizeit gehen immer
mehr zu einem Stück weit fließend über.
Stichwort Mitarbeiter: Es wird häufig vom Fachkräfteman-
gel und der schwierigen Suche nach Lehrlingen gespro-
chen. Die Firma Fill macht in diesem Bereich sehr viel und
bekommt ausreichend Bewerbungen für ihre Lehrstellen._
Auch im Bereich Employer Branding ist die Anpassung an die
Digitalisierung wichtig. Die Jugendlichen wachsen mit vielen
verschiedenen Medien auf und diese gilt es allesamt zu be-
spielen. Gutes Employer Branding basiert auf einer starken
Marke, die durch unverwechselbares Corporate Design und
Corporate Identity geprägt werden. Ein Personalist, der in
seinem Büro sitzt und auf Bewerbungen wartet, wird den
Mitarbeiterbedarf mit den geforderten Anforderungsprofil in
Zukunft schwer decken können. Die Firma Fill lebt die Kom-
munikation und Öffnung aber nicht nur gegenüber Mitarbei-
tern, sondern auch Zulieferpartnern, externen Fachexperten,
Ausbildungsstätten, Start-ups und Kunden beispielgebend.
Und das Thema Netzwerk und Vernetzung wird gerade in Mi-
telstand und Industrie immer wichtiger.
Im Zuge der Wirtschaft 4.0 müssen Geschäftsmodelle ver-
ändert und angepasst werden. Welche alternativen Ge-
schäftsmodelle wären in der Sparte Maschinenbau denk-
bar?_Eine Möglichkeit wäre „Pay-per-Part“, also nicht der
Kauf der gesamten Anlage, sondern nur einzelner Sonder-
komponenten. Ich denke da besonders an die Zulieferer der
Automotivebranche, die bei immer kürzer werdenden Mo-
dellzyklen große Aufgaben zu lösen haben. Es gilt die ohne-
hin meist knappen Kapitalreserven in Vorwärtsstrategien zu
investieren und nicht in oft schlecht ausgelastete Maschinen.
Der intensive Austausch mit
Kunden ist ein Garant für die
am Kundennutzen orientierte
Ideengenerierung im eigenen
Unternehmen.
JOSEF KURZMANN
Investor und Advisor, JK Beteiligung