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Der Lehrlingsmangel ist in der
Branche sehr stark spürbar.
Eine gute Arbeitgebermarke ist
demnach extrem wichtig – ich
hab selbst erlebt, wie schön es
ist, als Lehrling ein vollwertiges
Unternehmensmitglied zu sein.
HELMUTH VOGL
Eigentümer, Coiffeur Vogl
HELMUTH VOGL
Coiffeur Vogl
Dass Zeit in unserer Gesellschaft ein immer kostbareres
Gut wird, hat sich der 27-Jährige Friseursalon-Besitzer zum
Erfolgskonzept gemacht. So können seine Kunden wäh-
rend des Verschönerungsprozesses gleichzeitig Wellness
genießen. Denn im 330 Quadratmeter großen Salon in der
Linzer Herrenstraße wird einem im abgetrennten Wasch-
bereich bei hochgelagerten Füßen auf Massage-Liegen der
Rücken massiert, außerdem gibt’s einen Lounge-Bereich
mit Blick auf den Linzer Dom. Modern, aber nicht kühl, so
beschreibt Vogl das Ambiente in dem von ihm 2014 umge-
bauten Salon, den er von seiner Mutter Rosa Vogl über-
nommen hat. Modern, aber nicht kühl, das trifft eigentlich
auch auf seinen Charakter zu: Hierarchische Strukturen à
la „Der-Lehrling-ist-vor-allem-zum-Aufräumen-da“ sind ihm
zuwider.
Schönheit ist ..._Auch wenn’s abgedroschen klingt: Schönheit
liegt im Auge des Betrachters. Ich persönlich finde ein herz-
haftes und ehrliches Lächeln schön an Menschen.
Dass Sie den Salon Ihrer Mutter übernehmen, war nicht von
Anfang an klar. Warum haben Sie’s 2014 doch getan?_Meine
Mutter hat mich nicht dazu gedrängt, sie ließ mir immer die
Freiheit, das zu tun, was mir Freude macht. Und nachdem
ich in der Schule ein ziemlicher Strizzi war (lacht), hab ich
zunächst eine Lehrausbildung in einer Bank gemacht. Das war
damals genau das Richtige für mich, vor allem der Kunden-
kontakt machte mir Spaß. An der Berufsschule hab ich aber
schon gemerkt, dass ich da ziemlich unterfordert war – ich
tu mir sehr leicht beim Lernen. Nach dem Zivildienst kehrte
ich zwar wieder in die Bank zurück, aber ich erkannte sehr
schnell, dass ich mich nicht zu 100 Prozent damit identifizieren
konnte. Dann bin ich eigentlich durch Zufall im Internet auf die
Friseurschule „Headquarters“ gestoßen, wo man innerhalb
von eineinhalb Jahren den Beruf des Stylisten erlernen
konnte. Die Ausbildung war genial, ich hab wahnsinnig viel
gelernt. Die Lehrabschlussprüfung hab ich dann im April
2013 sogar mit Auszeichnung bestanden. Danach bin ich
noch ein bisschen mit dem Gustav – das ist mein VW-Bus -
durch Europa gefahren. 2014 hab ich den Salon umgebaut
– seitdem bin ich für 20 Mitarbeiter verantwortlich, meine
Mutter ist in Pension.
Österreichweit gibt es 8.600 Friseursalons. Stellt man
sich den Traum vom eigenen Salon einfacher vor als er
ist?_Ja, ich glaube, dass sich das viele sehr leicht vorstel-
len – ist es aber definitiv nicht. Die Kopfrechnung „Fünf
Kunden pro Tag, die circa 100 Euro zahlen – also fünf mal
100 mal 20 Tage pro Monat“ geht nicht so einfach auf – denn
vom Umsatz muss man natürlich Steuer bezahlen und jede
Menge Kosten decken. Die Kalkulation ist ein maßgeblicher
Erfolgsfaktor, der viel von meiner Zeit in Anspruch nimmt.
Etwa 30 Prozent arbeite ich am Kunden, 70 Prozent sind
administrative Tätigkeiten.
Ist Friseurin nach wie vor der Traumberuf vieler
Mädchen?_Die Beliebtheit ist stark gesunken, das Image
ist nicht gut genug. Am 1. April wurden aber die kollektiv-
vertraglichen Lehrlingsentschädigungen angehoben – im
ersten Lehrjahr um 17 Prozent, im zweiten und dritten um
circa zehn Prozent. Das Problem ist aber auch oft, dass die
Eltern den Jugendlichen von dem Beruf mit dem Argument
„Da verdienst du nichts.“ abraten. Was aber nicht stimmt,
denn wer gut ist, kann sehr gut verdienen. Was die Branche
auch spürt, sind Kampagnen wie „Frauen in die Technik“
und natürlich die Tatsache, dass es immer weniger Lehr-
linge gibt, weil viele lieber Matura machen und studieren
möchten. Also können sich die wenigen, die es gibt, fast
schon aussuchen, wo sie ihre Lehre machen wollen. Und
da kommt es für die Salons sehr stark auf die Arbeitgeber-
marke an.