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auch jene Kandidaten, die am Ende eine
Absage erhalten, positiv über dieses Unter-
nehmen reden.“ Das bedeutet: Der Erhalt
der Bewerbung sollte bestätigt werden und
Kandidaten, die nicht eingeladen werden,
sollten rasch informiert werden. Bewer-
bern, denen man nach einem Vorstellungs-
gespräch absagen muss, dürfen sich eine
individuelle Begründung für die Entschei-
dung erwarten. Das alles fasst Manfred
Webersdorfer von Hill International in ei-
nem Wort zusammen: Wertschätzung. „Je-
der Mensch will auf Augenhöhe behandelt
werden, ein wertschätzender Umgang ist
daher unerlässlich. Man sollte Kandida-
ten mindestens genauso wichtig nehmen
wie Kunden.“ Er rät daher, Bewerber stets
ehrlich darüber zu informieren, wo sie im
Bewerbungsprozess stehen und ihnen re-
spektvoll erklären, warum sie eine Absage
erhalten. „Es geht immer darum, wie man
etwas sagt. Wenn ich dem Bewerber erklä-
re, dass ich seine Kompetenzen verstehe,
für diese Stelle aber diese und jene Kom-
petenzen erforderlich sind, dann kann er
das gut aufnehmen. Wenn ich das nach 30
Minuten Gespräch merke, dann sage ich es
auch ehrlich und halte ihn nicht länger hin.
Das Schlimmste ist, wenn man ihm sagt, er
ist eh gut, aber dann erhält er kommentar-
los einen Absage, da fühlt er sich für dumm
verkauft“, sagt Webersdorfer.
Wie man in den Wald
hineinruft …
Und wer sich für dumm verkauft fühlt,
macht seinem Ärger gern bei Gesprächen
mit Freunden und Bekannten Luft. Wie
kann man hingegen für eine positive Nach-
rede sorgen? „Indem man alle Bewerber in
ihren Fähigkeiten ernst nimmt und ihnen
entsprechenden Respekt entgegenbringt:
Jeder Mensch, der seine Zeit für ein Projekt
einbringen will, erwartet das und möchte
sich keinesfalls wie ein Bittsteller fühlen
müssen“, erklärt Jürgen Smid. Empfindet
man ein Unternehmen als sympathisch,
fällt es ungleich schwerer, über dieses
schlecht zu reden – solange eine Absa-
ge individuell, zeitnah und persönlich ist.
Heißt in der Praxis: „Bewerber sollen sich
bei uns gut aufgehoben fühlen, damit sie
uns – auch wenn es zu einer Absage für die
ausgeschriebene Stelle kommt – weiterhin
als potentiellen, interessanten Arbeitgeber
in Erinnerung behalten und uns auch an
Freunde weiterempfehlen“, so Silberbauer
von der Trodat Trotec Group.
Was sind die häufigsten Fehler, die Arbeit-
geber beim Bewerbungsprozess machen?
„Eigentlich genau das, was Personalmana-
ger auch an schlechten Bewerbungen kri-
tisieren“, sagt Smid. Also standardisierte
Mails mit bekannten Phrasen, die alles
und nichts gleichzeitig bedeuten können
und bei denen nur der Name des Empfän-
gers ausgetauscht wurde. Noch schlim-
mer sind natürlich gar keine Rückmel-
dungen oder monatelang ausbleibende
Reaktionen. Der Wandel des Arbeitsmark-
tes bedeutet für Personalverantwortliche
also runter vom hohen Ross, um ein per-
sönliches Gespräch in Augenhöhe führen
zu können. Und in manchen Branchen
darf wohl auch schon der rote Teppich für
die Bewerber, Verzeihung, „Kandidaten“,
ausgerollt werden. _
Wie man die Arbeitgebermarke
stärkt? Indem man alle
Bewerber in ihren Fähigkeiten
ernst nimmt und ihnen
entsprechenden Respekt
entgegenbringt.
JÜRGEN SMID
Geschäftsführender Gesellschafter,
karriere.at
CANDIDATE EXPERIENCE
Zwei Erfahrungsberichte.
Julia Tischberger, 25 Jahre, absolvierte das Diplomstudium Wirtschaftswis-
senschaften und ist nun als Trainee in der Einkaufsabteilung eines Unter-
nehmens angestellt, bei dem sie schon während des Vorstellungsgespräches
merkte: Hier fühle ich mich wohl!
„Am Ende des Studiums habe ich vier Bewerbungen abgeschickt, bei fast
allen musste ich sehr lange auf die Antwort warten. Dieses Warten ist sehr
unangenehm, weil man nie weiß, woran man ist und ob man sich noch woan-
ders bewerben soll. Ich fände es gut, wenn sich die Entscheidungsprozesse
nicht über Monate hinziehen würden – das war bei mir leider immer der Fall.
Was einen guten Eindruck auf mich machte? Zunächst natürlich eine rasche
Antwort auf das Bewerbungsschreiben und bei einem Vorstellungsgespräch,
wenn sich der Gesprächspartner auf sein Gegenüber einlässt und sich für ihn
interessiert. Einen schlechten Eindruck hingegen machen Standardantwor-
ten.“
Sylvia Buchroithner, 33 Jahre, absolvierte ihr JUS Studium im zweiten
Bildungsweg und befindet sich nun mitten im Bewerbungsprozess.
„Die Arbeitgebermarke spielt für mich eine große Rolle – unter Rechtsprak-
tikanten spricht man sich natürlich ab und weiß daher, wer ein guter Ar-
beitgeber ist. Bis jetzt hatte ich drei Vorstellungsgespräche: Eines davon lief
ganz klassisch mit den typischen Fragen ab, eines davon war ein Hearing
und das dritte ein sehr unkompliziertes, persönliches Einzelgespräch, bei
dem ich mich irrsinnig wohl gefühlt habe, weil es vielmehr ein Miteinander-
Kommunizieren als ein Frage-Antwort-Prozess war. Da merkt man gleich, wie
menschlich das Unternehmen ist. Bei meiner Entscheidung geht es schon
sehr darum, dass mir die Personen sympathisch sind, wenngleich Dienstzei-
ten und andere Hardfacts natürlich auch eine Rolle spielen.“