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zu einem großen Ertrags- und Liquidi-
tätsproblem führen. Es geht also vielmehr
um die kompetente Begleitung zu diesem
Kapital – das Know-how über internati-
onale Märkte, das Verstehen der neuen
Wirtschaftswelt, die Innovationskraft und
Managementerfahrungen – all dies macht
Kapital erst wirksam. Neben den Manage-
mentfunktionen werden auch die Eigen-
tümerfunktionen immer wichtiger. Die
Ausrichtung des Unternehmens und die
Ausgestaltung mehrwertstiftender Koope-
rations-, Beteiligungs- und langfristiger Fi-
nanzstrukturen sind die Schlüsselfaktoren
künftigen Wirtschaftens: Menschen und
Finanzen werden neu vereint. Die Stra-
tegen sind gefordert, kundenorientierte
Geschäftsmodelle und Organisationen zu
finden, die auf den neuen innovativen Tech-
nologien beruhen.
Sie sprechen von strategischer Betei-
ligung – das ist die Geschäftsidee von
Ihrem Unternehmen „Josef Kurzmann
Beteiligung GmbH“ (JKB). Aber ist denn
die Bereitschaft bei den Unternehmen
überhaupt da, sich jemanden ins
Boot zu holen?
KURZMANN_Familienunternehmen ha-
ben da vielerorts noch Scheu vor dem
sogenannten Finanzinvestor. Das ist auch
verständlich, denn Familienunternehmen
denken nicht nur an Zahlen und kurzfristi-
gen Erfolg. Wenn man aber jetzt die zuvor
geschilderten Aspekte wie die Verände-
rung der Arbeits- und Finanzwelt, die Ver-
netzung und Digitalisierung, wirken lässt,
dann können strategische Beteiligungen,
die deutlich langfristiger und mehrwert-
stiftend sind, viel zur Entwicklung des
Unternehmens beitragen und eine span-
nende Alternative zu üblichen Finanzie-
rungsformen sein.
Man könnte aber auch einfach auf
einen Berater setzen.
KURZMANN_Strategische Beteiligung ist
die Verknüpfung eines modernen Beraters
mit einem Kapitalgeber. Wir nennen das
„Advised Equity“ – das Unternehmen zahlt
nicht mit Cash wie bei einem Berater, son-
dern über Anteile am Unternehmen, wobei
es sich gewöhnlich um Minderheitsbeteili-
gungen handelt. Der Investor bringt Know-
how, Netzwerk und Kapital ein.
Damit trägt der Investor auch das
unternehmerische Risiko – in welches
Unternehmen würden Sie investieren?
KURZMANN_Es entsteht natürlich eine
sehr hohe Identifikation, man bringt Zeit
und Geld in das Unternehmen ein und
partizipiert am Erfolg und Misserfolg.
Mein Unternehmensfokus liegt auf famili-
engeführten Unternehmen sowohl im Be-
reich Technologie, Produktions- als auch
im Dienstleistungsbereich, die Mehrwert-
und Differenzierungspotential haben und
um weiteres, eventuell internationales,
Wachstum bemüht sind. Mit diesen möch-
te ich geeignete Wachstumsstrategien
und Set-ups entwickeln.
In welchen Branchen sehen Sie
das größte Potential?
KURZMANN_Ich versuche das branchen-
mäßig offen zu halten, weil ich der Mei-
nung bin, dass diese Branchensilos der
Vergangenheit angehören. Mittlerweile ist
alles sehr übergreifend – Unternehmen
mer kürzer, dadurch entstehen kleinere
Losgrößen und eine marktgetriebene
Ökonomie.
Worauf muss man sich noch einstellen?
KURZMANN_Ein weiterer Aspekt ist die
Veränderung der Gesellschaft und der
Arbeitsweisen. Flexiblere Arbeitszeitmo-
delle und Arbeitsformen sind unerlässlich
für den Erfolg in der Wirtschaftswelt 4.0.
Dazu kommen auch noch die Veränderun-
gen in der Finanzwelt. Durch die Weltwirt-
schaftskrise wurden ja viele Regularien
aufgestellt, die Banken in ein Handlungs-
konzept in gewisser Weise zwingen. Für
die langfristige Unternehmensfinanzie-
rung wird es weitere neue Finanzierungs-
und Beteiligungsmodelle geben. Amerika
ist da sicher ein Vorreiter, wo die Verfüg-
barkeit von Risikokapital deutlich höher
ist, auch England entwickelt sich in dem
Bereich als Hotspot.
Sein Geschäftsmodell zu adaptieren
oder auch völlig neu zu denken, erfor-
dert in den meisten Fällen Investitio-
nen. Wie kommt man aber nun auch
außerhalb von Amerika und England,
nämlich in Österreich, zum erforderli-
chen Kapital?
KURZMANN_Je disruptiver das Marktum-
feld ist, desto weniger ist das Geld alleine
Garant für Erfolg. Will man etwa sein Un-
ternehmen international expandieren, um
sein Geschäft profitabel auszubauen und
für wachsende Beschäftigung zu sorgen,
muss man zuvor entsprechende Voraus-
setzungen schaffen und sich auf die neuen
Rahmenbedingungen von Wirtschaft 4.0
vorbereiten. Andernfalls kann so ein Schritt
WORAUF KOMMT ES HEUTE AN, UM MORGEN ZU GEWINNEN?
01 / MARKTSTELLUNG
Kundengruppen in
ausgewählten Märkten
mit neuem Nutzen und
Servicelevel begeistern
Multi Channel Vertriebskon-
zepte (damit können Kunden
noch näher am Point-of-Sale
(POS)
abgeholt werden)
Onlineanbindung für
Kommunikation und
Kundenvernetzung
höhere Variabilität und bessere
Individualisierbarkeit
durch kleinste Losgrößen
02 / INNOVATIONSLEISTUNG
steigende Innovationskraft
durch Open-Innovation und
digitale Vernetzung
neue datengetriebene
Geschäftsmodelle und
Wertschöpfungsarchitekturen
neue Zugänge, Know-how
und Ideen von Start-ups
werden eingebunden
Allianzen über Branchen-
grenzen führen zu einem
neuen Businessumfeld
03 / PRODUKTIVITÄT
Effizienzsteigerung in der
Nutzung von Infrastruktur
und Supply Chain
Mechanik, Elektrik, Elektronik
und Computer verschmelzen
zur virtuellen Intelligenz
Algorithmen als Ersatz für
Routinetätigkeiten der
Administration und
Ablauforganisation
Josef Kurzmann gliedert die Chancenfelder von Wirtschaft 4.0 in die sechs Messgrößen erfolgreicher Unternehmensführung: