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Nun heißt es warten. Eine Pause habe ich mir defini-
tiv verdient  – und zwar eine mehrwöchige. Gut Ding 
braucht bekanntlich Weile. Durch die ausgelöste Gä-
rung entstehen Alkohol und Kohlensäure. In dieser Zeit 
entwickelt sich meine Persönlichkeit erst so richtig. 
Was für Sie vielleicht das Studium, die Weltreise oder 
drei Monate im Kloster waren, ist für mich die Gärung. 
In der Reifephase entwickelt sich langsam aber sicher 
mein Aromaprofil. 

SCHRITT 6

Die Gärung 

und Reifung

Gab es früher Fassbinder, die den ganzen Tag Fässer 
für meine Lagerung herstellten und Bier händisch ab-
gefüllt wurde, funktioniert mittlerweile fast alles auto-
matisch. Eigentlich mag ich es aber ohnehin nicht, zu 
lange irgendwo herumzustehen. Denn meine Bestim-
mung ist ohnehin eine andere – getrunken zu werden. 
Aber da wird sich schon jemand finden ... Freu mich auf 
ein Wiedersehen!_

SCHRITT 7

Verpacken, Lagern

und Trinken

Hauptmotivation des 

Nachhaltigkeitsprozesses waren 

Einsparungsmöglichkeiten durch 

sparsamere Energienutzung.

ANDREAS WERNER

Braumeister, Brauerei Göss

BIER DAMALS UND HEUTE

1860 pachtete Braumeister Max Kober Teile des Stifts Göss, um dort 

das erste Gösser-Bier zu produzieren. Was würde er wohl sagen, würde 
er dem heutigen Braumeister, Andreas Werner, bei der Arbeit zuse-
hen? „Er wäre auf jeden Fall irritiert und würde lange brauchen, um 
sich zurechtzufinden“, sagt Werner. Die Grundsätze würde er aber 
schnell wieder haben, glaubt Werner. Denn die biochemischen Vorgänge 
basieren auf Naturgesetzen die sich bekanntlich nicht verändern. „Es ist 
immer nur um eine Arbeitserleichterung gegangen, und um Technolo-
gien, die den Geschmack und die Qualität verbessern.“ War Bier früher 
leicht verderblich und musste daher rasch getrunke werden, ist es 
heute sechs Monate haltbar. Bessere hygienische Bedingungen bei der 
Erzeugung und das Haltbarmachen waren ein Qualitätssprung. „Auch 
die Kronenkorken sind dichter als die alten Keramikkapseln, die irgend-
wann durchlässig werden”, sagt Werner. Mit der Zeit erkannte man auch, 
dass grüne und braune Flaschen einen unterschiedlichen Lichtschutz 
haben. „Wir haben gelernt, dass sich Licht und Bier nicht gut mitein-
ander vertragen“, sagt Werner. Heute wurd auch Sauerstoff vom Bier 
ferngehalten, um Oxidation zu verhindern oder zu verzögern. „Der da-
malige Braumeister Max Kober würde viele neue Entwicklungen schnell 
verstehen“, sagt Werner. Anderes müsse er hingegen dazulernen. Dabei 
spricht der Braumeister allerdings nicht von den technischen Geräten 
und der elektronischen Überwachung der Prozesse, die dem damaligen 
Braumeister logischerweise komplett fremd wären.