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den jeweiligen Job herstellen. Zunächst
wird ein statistischer Mittelwert errech-
net – welche Mitarbeiter sind am längsten
im Unternehmen beschäftigt, welche sind
besonders produktiv? Im zweiten Schritt
ermittelt der Roboter Gemeinsamkeiten
dieser Mitarbeiter. Dazu werden persönli-
chen Daten, Eigenschaften, Vorlieben und
das Umfeld des Mitarbeiters beachtet. Die
Software filtert schließlich Bewerber he-
raus, die genau jene Gemeinsamkeiten
aufweisen. Dazu braucht es aber natürlich
jede Menge Vergangenheitsdaten und Al-
gorithmen, die auf die Gegenwart abzielen.
Und genau deshalb ist Roboter-Recruiting
in Europa bislang kaum verbreitet. Das
europäische Datenschutzrecht macht es
Robotern schwer, schließlich ist das Sam-
meln dieser persönlichen Daten weitrei-
chend verboten.
Smarte Version für Europa
Markus Roth und sein Geschäftspartner
Florian Mihalits haben daher eine euro-
päische Version einer Recruiting-Software
entwickelt. „Klaros“ nennt sich das Pro-
gramm, welches sie ursprünglich für den
Eigenbedarf entwickelt hatten. „Wir beka-
men 200 Bewerbungen für einen Sekre-
tariatsjob – ein Riesenstoß Bewerbungs-
mappen und unzählige E-Mails. Was tut
man damit?“ erinnert sich Roth. Viele gro-
ße Unternehmen hätten bereits Software-
Programme für die Personalsuche und
Auswahl im Einsatz. Klein- und Mittelun-
ternehmen seien zumeist auf sich selbst
gestellt und würden unzählige Stunden
damit verbringen, eine Auswahl zu treffen.
Man sucht sich etwa zehn Bewerber aus
dem Riesenstapel heraus, von denen man
denkt, sie könnten ins Team passen und
das Anforderungsprofil möglichst gut er-
füllen. Anschließend lädt man diese zehn
Personen zum persönlichen Gespräch
ein. Und dann? „Dann fällt es oft schwer,
diese zehn tatsächlich miteinander zu ver-
gleichen. Vielleicht stellte man einem Be-
werber die entscheidende Frage gar nicht,
vielleicht hatte er einen schlechten Tag,
vielleicht war man zu abgelenkt vom Klei-
dungsstil – was auch immer“, sagt er. Mit
dem Programm „Klaros“ soll dieser Pro-
zess umgedreht werden: „Jeder einzelne
Bewerber durchläuft denselben Prozess,
bekommt dieselben Fragen gestellt, lädt
Foto und Lebenslauf hoch und gibt sei-
ne Daten ein – danach werden die Daten
und Antworten von Klaros analysiert.“ So
erhalte man eine objektive Vergleichsba-
sis, die es einem wesentlich erleichtere,
die Auswertungen in Ruhe durchzugehen
und nur eine kleine Auswahl an Bewer-
bern schließlich zu einem persönlichen
Gespräch einzuladen. Entscheidend dafür
war aber weder ein Foto noch die Gestal-
Klar wissen wir, dass der erste
Eindruck zählt. Wir wissen aber
auch, dass der erste Eindruck
meist trügt. Ein Roboter kann
hingegen ganz viele Eindrücke
auf einmal gewinnen.
MARKUS ROTH
Geschäftsführer, Creative Bits
tung der Bewerbung. Denn wenn ein Be-
werber jemanden beauftragt, ihm ein ge-
niales Motivationsschreiben zu verfassen,
heißt das noch lange nicht, dass dieser
Bewerber besser geeignet ist für den Job
als einer, der ein weniger gutes Schreiben
geschickt hat.
Auch für die Bewerber selbst sei es ein
großer Vorteil, zunächst die Fragen des
Recruiting-Programmes zu beantwor-
ten. „Der glückliche Mitarbeiter ist das
Bestreben solcher Tools, also sind sie
keineswegs Feind der Bewerber, sondern
können zum Beispiel aufzeigen, ob der
jeweilige Job und die Firma im Endeffekt
wirklich zu einem passen oder nicht“, er-
zählt Roth. Viele Bewerber würden weni-
ger als eine Minute damit verbringen, sich
mit einer Stellenausschreibung auseinan-
derzusetzen – die Gefahr, sich für einen
Job zu bewerben, der gar nicht den eige-
nen Vorstellungen entspricht, ist daher
groß. Wer hingegen mit konkreten Fragen
konfrontiert wird und eventuell auch Per-
sönlichkeits- und fachliche Tests macht,
kann bereits abschätzen, worum es wirk-
lich geht.
Freund statt Feind
Welcher Bewerber schließlich eingestellt
wird, entscheidet bei dieser europäischen