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Gar keine so abwegige Frage ... immerhin stellen 95 Prozent der amerikanischen Großunternehmen
neue Mitarbeiter bereits mittels Roboter ein. In Europa schüttelt einem zwar doch noch der Personalchef
persönlich die Hand, aber auch hierzulande gibt es bereits einige automatisierte Tools, die den
Recruiting-Prozess vereinfachen sollen.
WIE ÜBERZEUGT MAN EINEN ROBOTER?
Er war alles andere als qualifiziert: drei
Mal Studium abgebrochen, kaum länger
als drei Monate beim selben Arbeitgeber,
weder eine abgeschlossene Ausbildung
in der Tasche, noch einen relevanten
Kurs besucht. Und trotzdem stellte ihn
sein heutiger Arbeitgeber vor acht Jah-
ren ein. Mittlerweile leitet er den Vertrieb
des mittelständischen Unternehmens, in
keiner anderen Abteilung herrscht ein
derartiger Teamgeist wie in seiner, die
Umsatzzahlen steigen kontinuierlich an,
er sei einer seiner besten Mitarbeiter,
sagt der Geschäftsführer heute. Warum
er ihn damals eingestellt hat? Das wisse
er auch nicht mehr so genau, denn sein
Lebenslauf sprach absolut gegen ihn. Es
war wohl so etwas wie der sechste Sinn,
der die Entscheidung beeinflusste.
Hätte seine Bewerbung bei einer Voraus-
wahl zunächst die Software eines Robo-
ters überzeugen müssen, hätte er das
Unternehmen wohl nie von innen gesehen.
Einen sechsten Sinn besitzt ein Roboter
schließlich nicht, oder? „Definitiv nicht,
menschliche Komponenten fehlen dem
Roboter zur Gänze“, sagt Markus Roth,
der mit seinem Softwareentwicklungsun-
ternehmen Creative Bits zwar noch keinen
Recruiter-Roboter auf den Markt gebracht
hat, wohl aber ein Softwareprogramm,
das vor allem Klein- und Mittelunterneh-
men dabei unterstützen soll, die besten
Mitarbeiter einzustellen. „Im Moment ist
die Gefahr noch groß, dass man mit Ro-
boter-Recruiting vielleicht ganz besonde-
re Bewerber übersieht.“ Die Algorithmen
würden aber immer besser werden, so
Roth. Zum jetzigen Zeitpunkt rät er kei-
nem Personaler oder Unternehmer, sich
bei der Mitarbeiterauswahl ausschließlich
auf einen Roboter zu verlassen, unterstüt-
zende Technologien bei einer Vorauswahl
– gerade bei einer großen Anzahl von Be-
werbern – seien aber längst zeitgemäß.
REDAKTION_SUSANNA WURM
ILLUSTRATION_ALEXANDRA AUBÖCK
FOTOGRAFIE_MARIO RIENER, TRESCON
Gerade jene Firmen, die keinen Personal-
chef haben, könnten so auf professionel-
ler Basis Personal beschaffen. Denn was
passiert, wenn zwischendurch oder als
Antwort auf eine Stellenausschreibung
Bewerbungen ins Unternehmen drudeln?
Jemand – zum Beispiel ein Assistent –
trifft eine erste Vorauswahl, welche stim-
mungsabhängig oder auch sehr vom Foto
beeinflusst sein kann. Oft werden mittler-
weile zwar zusätzliche Informationen aus
dem Internet, vor allem von Social Media
Plattformen, gesammelt – inwiefern diese
jedoch tatsächlich relevant für die zu be-
setzende Stelle sind, ist selten klar. Man
müsste unendlich viele Stunden vor dem
Computer verbringen, um alle Daten über
eine Person im Internet zu finden.
Daten, Daten, Daten
Einem Roboter hingegen ist es egal, ob er
zehn oder 1.000 Datensätze durchforstet.
„Der Computer ist der dümmste Mitarbei-
ter, aber er hat einen ganz entscheiden-
den Vorteil: Er ist extrem fleißig! Wenn ein
Mensch gewisse Analysen, die ein Com-
puter durchführt, auch machen würde,
bräuchte er schon mal 5.000 Stunden für
einen Bewerber“, erklärt Roth. Ein Com-
puter checkt sozusagen alles über eine
Person ab, wertet einen Fragebogen aus
und analysiert aufgrund von Daten und Er-
fahrungen, die über bestehende Mitarbei-
ter zur Verfügung stehen, ob der Bewer-
ber passen könnte. „Die Funktion dahinter
geht ein bisschen auf den Big-Data-Ansatz
zurück.“, weiß Markus Roth. „Der Compu-
ter versteht manche Gesetzmäßigkeiten
wesentlich genauer als wir. Das ist ähnlich
wie bei der Wettervorhersage: Die kom-
plexen Berechnungen, die der Computer
dabei durchführt, versteht ein Mensch
gar nicht.“ Ebenso kann ein Roboter Zu-
sammenhänge über die Eigenschaften
eines Bewerbers mit dessen Eignung für