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Oskar Kern ist ein Briefträgerkind. Sein
Vater und seine Mutter waren Briefträger
in der kleinen Heimatgemeinde Liebe-
nau im Bezirk Freistadt. Als kleiner Bub
durfte Kern seine Eltern dabei manch-
mal begleiten. Er liebte es, seinen Vater
auf dem Zweisitzer-Puch auf der Tour
von Haus zu Haus zu begleiten. Mit zwölf
Jahren wollte er auch einmal selbst fah-
ren. „Beim vorletzten Haus hat der Papa
dann plötzlich gesagt, jetzt darfst du fah-
ren“, erinnert sich Kern. Er hat gezögert,
denn bisher hatte er auf dem Moped nur
einige Runden im eigenen Hof gedreht.
„Aber die Blöße wollte ich mir dann nicht
geben, zu sagen, dass ich das nicht kann.“
Der Vater hängte ihm noch vorne und hin-
ten große Posttaschen auf, vollbepackt
fuhr Kern los. „Als ich dann einer Stelle
im Wald immer näher kam, wo es einen
Schranken gab und man daher seitlich
ausweichen musste, kam ich immer mehr
ins Grübeln, wie ich das mit dem zusätz-
lichen Gepäck schaffen sollte“, so Kern.
Durch das Grübeln reduzierte er dann die
Geschwindigkeit so stark, dass er stürz-
te und sich die Ellenbogen aufschürfte.
Mühsam klaubte er die Post wieder auf
und fuhr weiter. Dann war der Schranken
überraschenderweise geöffnet.
Mutige Entscheidungen
Er hatte sich sechs Kilometer vor dem
Schranken schon gefürchtet – und dann
war er schließlich ohnehin offen. Viele
unnötige Sorgen, denn letztendlich geht
alles gut. Doch genau solche Schranken
haben wir im Leben ganz viele. „Wir hö-
ren etwas von jemandem und das bleibt
hängen“, sagt Oskar Kern, der mittler-
weile einer von drei Geschäftsführern
vom Elektrounternehmen Elin mit 1.600
Mitarbeitern ist. Nicht zu scheitern und
keine Fehler zu machen gehöre zu den
Urängsten der Menschheit, doch das Zu-
trauen seines Vaters, etwas zu schaffen,
was er vorher noch nie probiert hat, be-
stärkt den Manager und er fordert: „Sei
bereit zu scheitern!“ Die Anwendung von
theoretischem Wissen alleine bringe uns
nicht mehr weiter. Es müssen wieder
mutig Entscheidungen getroffen werden
und damit das gelingt, ist es höchste Zeit
für die richtige Talente-Förderung. Denn
wenn jemand Talent hat, dann brennt er
dafür und nimmt die Dinge in Angriff.
Doch wie fördert man Talente? Dabei kön-
ne sich die Wirtschaft einiges vom Sport
abschauen, so Kern. Der Sport beginnt
ganz unten bei den jungen Menschen bei
der Talenteförderung und dort müsse man
auch in der Wirtschaft anfangen – bei den
Lehrlingen. „Es braucht klare Rahmenbe-
dingungen für die Lehrlinge vor Ort, die
wir oft so nicht vorfinden.“ Talente könne
man jedoch nur dann fördern, wenn man
sie auch kennt, erklärt VP-Wirtschafts-
Landesrat Michael Strugl, warum seit
dem Jahr 2015 flächendeckend und kos-
tenlos an Jugendliche der achten Schul-
stufte Potenzialanalysen angeboten wer-
den. „Sie hilft, die eigenen Fähigkeiten,
Talente und Stärken herauszufinden – und
dementsprechend seine Berufs- und Bil-
dungswahl zu treffen“, sagt Strugl. Die
Potenzialanalyse werde direkt an der
Schule durchgeführt.
Oberste Priorität
für Lehrlinge
Dass Unternehmen ganz unten bei den
Lehrlingen anfangen müssen, bestätigt
auch Peter Augendopler, Eigentümer
von Backaldrin The Kornspitz Company:
„Das sind die Fachkräfte von morgen. 70
Prozent unserer Lehrlinge bleiben den
Rest ihres Lebens bei uns.“ Einen dem-
entsprechend hohen Stellenwert räumt
der Hersteller von Backgrundstoffen den
Lehrlingen auch im Unternehmen ein:
„Geschäftsführer und Lehrlinge haben die
oberste Priorität.“ Und der Einsatz des Un-
ternehmens wird von den jungen Leuten
auch belohnt: Backaldrin musste noch nie
Leute suchen, sie melden sich. „Ein guter
Ausbildungsplatz spricht sich herum“, er-
klärt Augendopler. Die beste Werbung sei
die Mundpropaganda.
Jeder junge Mensch, der sich bei Backal-
drin meldet, darf drei Tage im Unterneh-
men schnuppern. Da könne man schon
recht gut beurteilen, ob jemand für den
Beruf geeignet ist. Anschließend macht
der Eigentümer mit den Lehrlingen und
deren Eltern persönlich das Einstellungs-
gespräch. „Das mache ich ein wenig mit
Härte“, erklärt Augendopler seine Strate-
gie, dass er den Jugendlichen dabei klar
macht, dass er ihn nicht aufnimmt, wenn
er einen 4er im Abschlusszeugnis hat.
„Wenn der Jugendliche die Lehrstelle ha-
ben will, dann muss er etwas lernen.“ Und
bisher haben noch alle gelernt: „In 38 Jah-
ren hatte kein einziger Jugendlicher am
Ende des Schuljahres einen 4er stehen.“
Einmal hätte sich ein Bursch sogar in sie-
ben Gegenständen um zwei Notengrade
verbessert.
von links: Geschäftsführer von Elin, Oskar Kern, Sportmanage-
ment-Expertin Sandra Reichel, Ex-Tennisprofi Barbara Schett,
Ex-Biathlet und Kornspitz-Sportdirektor Christoph Sumann und
Landessportdirekter Gerhard Rumetshofer haben im Rahmen
des Business-Talks, den Die Macher gemeinsam mit der
oberösterreichischen Wirtschaftsagentur Business Upper Austria,
Backaldrin und MatchMaker im Rahmen des Generali Ladies
Open in Linz organisiert haben, über Talent in der Wirtschaft und
im Sport diskutiert
Sei bereit zu scheitern!
OSKAR KERN
Geschäftsführer, Elin