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„Wir haben einen Teich, da sind viele Fi-
sche und zu wenig Futter drinnen“, sagt
Norbert Hartl, Geschäftsführer der Bau-
gruppe Schmid in Frankenburg und Lan-
desinnungsmeister Bau bei der Wirt-
schaftskammer Oberösterreich (WKO
OÖ), über die vielen Kapazitäten und zu
wenigen Aufträge in der Baubranche.
„Die Firmen haben Aufträge für die nächs-
ten zwei, drei Wochen“, so Karl Hasenöhrl,
Geschäftsführer des gleichnamigen Un-
ternehmens im Tief- und Straßenbau, An-
fang Juli. Der Vorsitzende der Bauindust-
rie der WKO OÖ und Geschäftsführer von
Swietelsky, Karl Weidlinger, differenziert:
„Die Auftragslage ist länder- und spar-
tenspezifisch sehr unterschiedlich. Der
Konkurrenzdruck ist extrem gestiegen.“
Mit einer Umsatzrendite von zwei Prozent
gehöre man in der Branche schon zu den
Besten. Die Auftragslage ist schlechter
als im Vorjahr. Laut dem Österreichischen
Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO)
hat sich der Anteil der Bauunternehmer,
welche den Auftragsbestand als ausrei-
chend empfanden von April zu Juni 2015
um fünf Prozent auf nur mehr 58 Prozent
verringert.
Niedrige Eintrittsschwelle
Einigkeit bei den Experten herrscht über
den insgesamt harten Preiskampf am
Markt. Die Trennung zwischen Industrie
und kleineren Gewerbe- und Handwerks-
betrieben gibt es nicht mehr. „Unter-
nehmen im Hochbau scheuen sich nicht,
ihren gesamten Jahresumsatz in einem
Projekt anzubieten“, weiß Karl Steinmayr,
kaufmännischer Geschäftsführer von Ha-
bau. Er habe bei Ausschreibungen schon
Preisunterschiede von bis zu 30 Prozent
erlebt. Im Tiefbau ist eine entsprechende
maschinelle Ausstattung notwendig, aber
im Hochbau ist die Einstiegsschwelle
niedrig. „Jeder, der irgendwo einmal eine
Baumeisterprüfung gemacht hat, kann
beginnen. Solche Leute sind – wenn sie
gute Techniker sind – gerade am Anfang
oft auch erfolgreich, weil sie wenig All-
gemeinkosten haben. Wir müssen einen
ganzen Apparat bezahlen.“
Hartl glaubt, dass es in den nächsten
zwei, drei Jahren zu einer wahrnehmba-
ren Marktkonsolidierung kommen werde.
Denn auch die Pleite des Baukonzerns Al-
pine im Sommer 2013 habe zu keiner Re-
duktion am Markt geführt. Die oberöster-
reichischen Firmen Habau und Swietelsky
haben viele Mitarbeiter übernommen.
Herausforderung Personal
Es werden laut Hartl jene Firmen am
Markt überleben, die breit aufgestellt und
in vielen Bereichen tätig sind. Bei den pri-
vaten Auftraggebern würden Baufirmen
am meisten von einer positiven Mundpro-
paganda profitieren, weiß Weidlinger. Bei
den öffentlichen Auftraggebern hingegen
zählt hauptsächlich der Preis: „Eine Bau-
firma braucht dafür ein qualitativ hoch-
wertiges Personal, das schwierige Auf-
träge in knappen Zeit- und Budgetplänen
abwickeln kann.“ Jeder Gang ins Ausland
ist ein Risiko, einige Großfirmen haben
bereits wieder den Retourgang eingelegt.
Eine der größten Herausforderungen in
der Branche sei, genügend Fachkräfte
für die Zukunft zu lukrieren, erklären die
Geschäftsführer. Es sei trotz der hohen
Arbeitslosigkeit „extrem schwierig“, so
Hartl, im Inland Mitarbeiter für den Bau
zu finden. Der Präsident der Arbeiterkam-
VIELE FISCHE – WENIG FUTTER
REDAKTION_SABRINA KAINRAD
FOTOGRAFIE_MARIO RIENER
Die Baubranche stöhnt: Die Aufträge fehlen, der Preiskampf ist hart. Pfusch, Subfirmen,
Ausländerbeschäftigung – die Branche leidet unter ihrem schlechten Ruf. Wie geht es weiter? Wie können
Baufirmen heute noch punkten? Welche Maßnahmen braucht es dafür auf gesetzlicher Ebene?
mer Oberösterreich (AK OÖ), Johann Kal-
liauer, lässt diese Aussagen so nicht gel-
ten. Gerade die Baubranche habe viel in
die Nachwuchspflege investiert und eine
Lehre sei nach wie vor attraktiv. Schwie-
riger sei es im Bauneben- und Bauhilfs-
gewerbe. Ein großes Problem sei aber,
dass viele Betriebe „mitnaschen“, die
keine Lehrlinge ausbilden. Kalliauer for-
dert daher einen Berufsausbildungsfonds.
Weiters würden die Bauunternehmer und
Auftraggeber den Personalmangel zum
Teil selbst verschulden: Österreichweite
Erhebungen zeigen seit Jahren, dass die
Baubeschäftigen zu den Berufsgruppen
mit den höchsten Belastungen zählen.
Und das nicht nur auf Grund der Schwere
der körperlichen Tätigkeit, sondern auch
wegen Tempo- und Zeitdruck. „Unter-
nehmen müssen sich da etwas überle-
gen. Sie können nicht mit dem knappsten
Personal und den kürzesten Terminen
Aufträge abwickeln und dann jammern,
dass sie nicht genügend Fachpersonal
haben. Das geht irgendwann an die Sub-
stanz der Beschäftigen.“ Man muss weg
vom Billig- zum Bestbieterprinzip und
die Ausschreibekriterien kontrollieren,
nennt Kalliauer einen Lösungsansatz.
Das Bestbieterprinzip soll Anfang 2016
in Kraft treten und bei Aufträgen ab einer
Million Euro verpflichtend sein. Demnach
soll bei öffentlichen Ausschreibungen
nicht mehr wie bisher fast ausschließ-
lich der Preis ausschlaggebend sein,
sondern Kriterien wie Qualität, Umwelt
und Soziales, wo etwa die Aufnahme von
Lehrlingen oder die Beschäftigung älte-
rer Arbeitnehmer dazuzählt, viel stärker
berücksichtigt werden. Das Gesetz wird
von allen befragten Bauunternehmern
auch grundsätzlich begrüßt, doch könne
man die Nichtpreis-Kategorien nicht klar