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der Menschen. Und diese Kreativität
müssen wir optimal herausfordern.
Aber wird der Unterschied der Mitar-
beiterqualität zwischen Österreich und
anderen Ländern nicht immer geringer?
Peter Mitterbauer, Geschäftsführer
der Miba AG sagte kürzlich, er fühle
sich immer mehr gezwungen, in der
Slowakei zu produzieren, weil die
Qualität der Mitarbeiter dort immer
höher werde, außerdem finde er dort
wesentlich bessere Rahmenbedingun-
gen wie geringere Lohnkosten, höhere
Arbeitszeitflexibilität und weniger
Bürokratie vor.
PÜHRINGER_Also ich gebe ihm Recht,
dass die Bürokratie massiv zurückge-
drängt gehört, da machen wir jetzt ei-
niges. Zum Beispiel, dass die oberös-
terreichischen Behörden vom fertigen
Antrag auf Anlagen- und Betriebsge-
nehmigungen bis zur Hauptverhand-
lung, wo dann der Bescheid kommt,
nicht länger als sechs Wochen brau-
chen. Das wird einen Schub in der Ver-
ringerung der Bürokratie geben. Ich
gebe ihm auch Recht in Bezug auf die
Flexibilität. Da müssen sich die Ge-
werkschaften bewegen. Es muss vor al-
lem möglich sein, dass die Sozialpart-
nerschaft im Betrieb gestärkt wird. Das
heißt, wenn sich ein Unternehmer mit
seinem Betriebsrat etwas ausmacht,
dann muss das möglich sein ohne
Sanktion der Gesamtgewerkschaft. Wo
ich ihm nicht ganz Recht gebe ist das
Thema der Lohnkosten. Ich bin gegen
ein Lohndumping. Ich will, dass die
Leute ordentlich verdienen, das wirkt
sich schließlich auch auf die Kaufkraft
aus. Wer eine ordentliche Leistung er-
bringt, soll ordentlich verdienen. Und
da sind die Ostländer, die noch vor 25
Jahren hinter dem Eisernen Vorhang
waren, sicherlich nicht unsere Vorbil-
der. Aber mehr Flexibilität, weniger Bü-
rokratie, da treffen wir uns sofort.
Sie wollen an die Spitze der Industrie-
regionen Europas. In der Champions
League braucht man Top-Spieler – wie
kann man den Fachkräftemangel in
Griff bekommen? Manfred Haimbuch-
ner sagte im Interview: „Für einen
Facharbeiter ist es schwieriger nach
Österreich zu kommen als für einen
Wirtschafts-Flüchtling. Unser Sozial-
staat, so wie er jetzt ist, wird uns in den
Ruin treiben.“
PÜHRINGER_Ich glaube nicht, dass uns
der Sozialstaat in den Ruin treibt, denn
man muss mit den Schwächeren in der
Gesellschaft ordentlich umgehen. Dass
der Haimbuchner hier eine andere An-
sicht hat, wundert mich nicht. Dass wir
immer wieder Anreize schaffen müs-
sen, dass die Besten zu uns kommen,
ist keine Frage. Daher werden wir in
der nächsten Zeit in die Universität, in
die Forschung, in die Fachhochschulen
dementsprechend investieren. Wir wer-
den die Internationalität steigern, aber
nicht zu Lasten eines vernünftigen So-
zialsystems. Ich will nicht am Rücken
der Schwächeren gesellschaftspoliti-
sche Fragen austragen. Ich bin auch
einer, der sagt, alles, was man verteilt,
Die ständige
Standortqualifizierung ist
eine große Herausforderung.
Deregulierung und
Entbürokratisierung werden
deshalb Hauptthemen der
nächsten Zeit sein.
JOSEF PÜHRINGER
Landeshauptmann OÖ
und dynamischer werden kann. Dort,
wo wir im eigenen Haus, im Land, auf
Ebene der Gemeinden Entscheidungen
treffen können, dort können wir das
aber auch heute mit einer relativ hohen
Geschwindigkeit.
Dennoch appellieren viele Entschei-
dungsträger Oberösterreichs Wirtschaft
zu noch mehr Geschwindigkeit. Hier
zum Beispiel ein Zitat von Gerhard
Wölfel, BMW-Werk-Steyr: „Es muss jetzt
wirklich etwas passieren, sonst hab
ich ernsthaft Befürchtungen, dass jene
Generation, die heute zur Schule geht,
einmal nicht mehr die Bedingungen
vorfindet, die für ein innovatives, er-
folgreiches Wohlstandsland notwendig
sind.“
PÜHRINGER_Ich schätze den Herrn
Wölfel sehr. Er ist ein großartiger Un-
ternehmer. Aber in dem Punkt über-
zeichnet er, was natürlich sein gutes
Recht als Interessensvertreter ist. Ich
glaube, dass wir eine sehr gute Schule
haben, dass wir sie aber ständig noch
verbessern müssen. Das ist kein Vor-
wurf an die Lehrer! Wir sind derzeit bei
allen Rankings im oberen Drittel, aber
nicht an der Spitze. Wir wollen an die
Spitze und an die Spitze kommst du
nur, wenn du die besten Schulen hast,
die es gibt. Und daran müssen wir ar-
beiten, und zwar vom Kindergarten bis
zur Universität. Noch besser werden in
der Bildung, noch besser werden in der
Forschung, noch mehr tun für die Inno-
vationen, die in diesem Land möglich
sind. Unsere Stärke ist die Kreativität