60
DURCH DIE MASSE ZUM KAPITAL
Was einst die Aufgabe der Banken war, wird heute von der anonymen Masse übernommen. Denn während
es für Start-ups immer noch schwierig ist, mit klassischer Finanzierung an Kapital zu kommen, nehmen die
Investitionen durch private Anleger zu.
Crowdinvesting boomt. Und das, obwohl die Österreicher nicht
für ihre Risikofreudigkeit im Umgang mit dem Ersparten bekannt sind.
Für seine Expansionspläne braucht
Julian Juen Geld. Sein Anti-Hangover-
Getränk Kaahee hat sich in kurzer Zeit
in Österreich durchgesetzt, doch die
Ambitionen liegen höher. Juen will die
internationale Expansion vorantreiben,
auch auf fremden Märkten soll mög-
lichst bald vor, während und nach dem
Fortgehen Kaahee geschlürft werden.
„Wir haben uns dazu entschlossen, unser
weiteres Wachstum mit Crowdinvesting
zu finanzieren“, sagt der Unternehmer.
Auf Österreichs größter Crowdinvesting-
Plattform Conda übertrifft das Projekt
dann schon am ersten Tag die Funding-
schwelle von 30.000 Euro, nach zwölf Ta-
gen ist die Maximalsumme von 249.000
Euro erreicht, insgesamt 300 Anleger
investieren in das Unternehmen. „Da-
mit waren wir das erfolgreichste Crowd-
investing-Projekt überhaupt in Öster-
reich“, sagt Juen.
Die Gründe für die große Resonanz und
den Erfolg des Projekts liegen neben
dem innovativen Produkt auch an der
großen medialen Aufmerksamkeit, die
Kaahee zuvor durch die Teilnahme an
der Start-up-Show „Zwei Minuten, zwei
Millionen“ erfahren durfte. „Wir hatten
natürlich starken Rückenwind, auch
dass namhafte Investoren wie Hans
Peter Haselsteiner bei uns eingestie-
gen sind, hat vermutlich viele Anleger
zusätzlich motiviert“, sagt Juen. Trotz-
dem: Das erfolgreiche Projekt ist nicht
etwa ein Einzelfall, sondern Beispiel für
eine Entwicklung, die sich seit einigen
Monaten beobachten lässt. Christian
Modl hat diese Entwicklung von Anfang
an verfolgt. Der Unternehmensberater
beschäftigt sich seit 1997 mit alterna-
tiven Finanzierungsmöglichkeiten für
Unternehmen, gründete mit Crowdka-
pital Österreichs vierte Crowdinvesting-
Plattform. „Bis 2012 war das Thema
Crowdinvesting selbst in den USA sehr
exotisch“, sagt Modl, „2013 sind dann
die ersten Plattformen dafür in Öster-
reich online gegangen.“ Und die füllen
gleich eine Lücke. Denn in Österreich
gibt es bis dahin kaum einen Markt für
Investments im Bereich von 100.000 bis
500.000 Euro. „Weiterer Grund für die
REDAKTION_VALENTIN LISCHKA
FOTOGRAFIE_JKU
ILLUSTRATION_ALEXANDRA AUBÖCK